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So jagen Sprengstoffexperten nach anonymen Bombenbastlern

Wer hat die verdächtigen Päckchen an Barack Obama, die Clintons und andere US-Demokraten adressiert? Eine Sprengstoffexpertin erklärt, warum Paketbomben nicht anonym sind und wie man Tätern auf die Spur kommt.
Dieses Päckchen wurde an das CNN-Büro in New York geschickt
Dieses Päckchen wurde an das CNN-Büro in New York geschickt | Bild: imago | ZUMA Press

Am 24. Oktober wurden Pakete abgefangen, die an den früheren US-Präsidenten Barack Obama, das Ehepaar Clinton und die demokratische Kongressabgeordnete Debbie Wasserman Schultz adressiert waren: Sicherheitskräfte befürchteten, darin könnten sich Bomben befinden. Auch das New Yorker Büro des Fernsehsenders CNN erhielt ein verdächtiges Paket. Bereits am Montag war eine Rohrbombe im Briefkasten des US-Milliardärs George Soros gefunden worden, der ein Unterstützer der Demokraten ist. Niemand wurde verletzt.

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Bisher ist nicht geklärt, ob die Pakete von derselben Person oder Gruppe verschickt wurden, sie weisen jedoch einige Gemeinsamkeiten auf. Beispielsweise soll auf allen Sendungen die Adresse der Kongressabgeordneten Schultz als Absender stehen, wie die New York Times berichtete.

Nun ist es an der Polizei und Geheimdiensten, die Paketbomben zu ihren Quellen zurückzuverfolgen. Wie so etwas grundsätzlich funktioniert, hat uns Chemieprofessorin Jimmie Oxley erklärt, Kodirektorin des Zentrums für Sprengstofferkennung an der Rhode Island Universität. Oxley leitete Bombenentschärfungskommandos nach den Londoner Anschlägen von 2005 und unterstützte das FBI bei der Analyse der Bombenanschläge auf das World Trade Center im Jahr 1993.

Schon die Verpackung verrät wichtige Informationen

Im ersten Schritt müssen die drei Hauptkomponenten der Briefbombe untersucht werden, wie Oxley erklärt: Das Paket, der Behälter des Sprengsatzes und der Sprengsatz selbst. Schon die Hülle des Pakets kann wichtige Informationen liefern, beispielsweise von welchem Postamt die Sendung verschickt wurde oder um welche Art von Sprengstoff es sich handelt, denn oft befinden sich Sprengstoffrückstände auf der Außenhülle.

Berichten der New York Times zufolge befand sich der Sprengsatz, der an das das CNN-Büro geschickt wurde, in einem etwa 15 Zentimeter langem Rohr, das mit mit schwarzem Klebeband umwickelt war. An beiden Enden waren Kabel zu sehen, die zu einer Vorrichtung führten, die wie ein Timer aussah. Laut Polizeiangaben soll sich auch weißes Pulver im Paket befunden haben.

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Die Sprengvorrichtung selbst kann noch mehr über ihre Herkunft verraten, denn laut Oxley haben die meisten Bestandteile einer Sprengvorrichtung eine eigene Signatur. "Wenn wir erst einmal wissen, von welchem Postamt das Paket verschickt wurde, kann man die umliegenden Geschäfte abklappern und herausfinden, wer welche Bestandteile wann verkauft hat", sagt Oxley im Telefongespräch mit Motherboard. "Die meisten Läden verfügen über Videoüberwachung."

Auch selbstgebastelte Bomben liefern Spuren

Wenn die Komponenten selbstgemacht sind, lassen sie sich zwar schwerer zurückverfolgen, dennoch können sie wichtige Informationen über den Bombenbastler liefern. Als ein Beispiel nannte Oxley Ted Kaczynski, der als Unabomber bekannt wurde. Kaczynski verschickte über 17 Jahre lang Briefbomben mit selbst gebastelten Sprengsätzen. Da er vorrangig Schrottteile verwendete, war es zwar fast unmöglich, die Einzelteile zurückzuverfolgen, aber sie verrieten den Ermittlerinnen viel über die Kaczynskis technische Fähigkeiten.


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Auch die Chemikalien in einem Sprengsatz können bei der Tätersuche helfen. Oxley zufolge wird in den meisten selbstgebastelten Bomben rauchschwaches Pulver verwendet, ein Explosivstoff, der für Schießpulver verwendet wird. Expertinnen können laut Oxley leicht feststellen, ob das Pulver im Laden gekauft oder selbst hergestellt wurde. Wurde das Pulver mit handelsüblichen Chemikalien hergestellt – Oxley wollte die Zutaten nicht benennen – können die Ermittlungsbehörden Händler von chemischen Substanzen untersuchen.

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Am Mittwoch meldete CNN, das an den Sender gelieferte Paket sei von der Polizei entfernt und kontrolliert gesprengt worden. Doch selbst eine detonierte Bombe kann noch Details über ihre Konstruktion verraten, wie Oxley erklärt. Sie nannte den Bombenanschlag in Oklahoma City von 1993 als Beispiel. Damals entdeckte ein FBI-Mitarbeiter nach der Explosion einen Ammoniumnitrat-Kristall in den Trümmern. Durch ihn konnten die Ermittelnden rekonstruieren, wie die Bombe gebaut worden war.

"Durch die Detonation verbrennt die Bombe nicht vollständig", sagt Oxley. "Leute glauben oft, dass nach einer Explosion nichts übrig bleibt. Das stimmt einfach nicht. Es bleibt eine Menge übrig."

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Dieser Artikel ist zuerst auf der englischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.