ein pfirsich und eine aubergine, die analsex symbolisieren
Titelfoto: Lia Kantrowitz

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Sex

Was ihr über Anal-Orgasmen wissen solltet

Männer haben eine Kastanie, Frauen ein Dreieck im Unterleib. Wir erklären euch, was ihr mit dieser Information anfangen könnt.

Es gibt Statistiken, die sagen alles. Wenn die Deutschen nachts ihre Laptops aufklappen und ihr Gesicht sich im blauen Licht erhellt, tippen sie kaum ein Wort lieber in die Pornhub-Suchmaske als "anal". Nur Porno-Evergreens wie "teen", "german" und "step mom" erfreuen sich zu Masturbationszwecken noch größerer Beliebtheit.

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Doch während die Deutschen (und vor allem die Bayern) sich zu den Bewegtbildern von rasierten Monsterschwänzen, die sich wie Presslufthammer in geweitete Arschlöcher tackern, fasziniert einen runterholen, bleibt ihr eigenes Hinterloch eine Einbahnstraße – und Poliebe etwas für Pornos. Statistiken zur Verbreitung von Analsex gibt es in Deutschland leider noch nicht, aber er bleibt ein Thema, das (vor allem für heterosexuelle Männer) ein letztes sexuelles Tabu darstellt. Dabei soll uns der verheißungsvolle "anale Orgasmus" doch in andere Sphären katapultieren – mehr Abwechslung im Bett bringen, zu intensiveren Orgasmen führen, kurz: unseren Sex optimieren.

"Einen reinen analen Orgasmus gibt es nicht", sagt Jakob Pastötter, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, gegenüber VICE. Aber dadurch, dass "zwischen Anus und den Sexualorganen alles ziemlich nah zusammen ist", könne man einen "Second-Hand-Orgasmus" bekommen, indem das Nervensystem der Geschlechtsorgane gleichzeitig stimuliert wird. Viele würden das dann als analen Orgasmus wahrnehmen. Es gelte trotzdem, so der Sexualforscher: "Der Anus ist kein primäres Sexualorgan."


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Bei Männern, Frauen und Transgender kann das Arschloch trotzdem zu intensiven sexuellen Erlebnissen führen. Aufgrund biologischer Unterschiede laufen diese aber ganz unterschiedlich ab. Wir erklären euch hier mal unverbindlich, was ihr über anale Orgasmen wissen solltet.

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Bevor es losgeht: Gleitgel drauf, Kopf frei

Egal ob sich ein Finger, Vibrator, Buttplug oder Penis in den Anus schiebt, egal ob man eine Muschi oder eine Prostata hat: Alles Anale fängt im Kopf an. Bevor man mit dem Anus herumspielt, sollte man Lust darauf haben, seinem Partner (oder sich selbst) vertrauen und sich entspannen können.

Denn wenn man zu viel Angst hat oder sich unsicher ist, macht der Schließmuskel dicht und verkrampft vor den ungewollten Eindringlingen. "Der Anus ist dafür gedacht, dass Dinge hinaus-, aber nicht hineingehen", sagt Pastötter. Deswegen würde ein Arschloch auch nicht feucht werden. "Die goldene Regel ist deshalb", sagt Pastötter: "You can't use too much lube."


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Beim Mann – die Kastanie

Sie ist so groß wie eine Kastanie und liegt an der Darmwand hinter Penis und Hodensack. Normalerweise produziert die Prostata ein Sekret, das sich beim Ejakulieren mit den Spermien vermischt und und sie beweglich und resistent macht. Neben dieser äußerst wichtigen Funktion, ermöglicht die Drüse dem Mann aber auch besonders intensive sexuelle Erlebnisse.

"Die Prostata als solche ist erstmal keine erogene Zone", sagt Pastötter, "sie reagiert eher mit Irritation, wenn sie 'geknubbelt' wird." Genau so wie man keinen Orgasmus bekommt, wenn man den Hintern versohlt kriegt, aber es durchaus geil finden kann, liege auch die Stimulation der Prostata eher im Bereich der "Schmerzlust", sagt Pastötter. Das heißt nicht, dass die Stimulation der Prostata zwingend wehtun muss, aber es fühlt sich auch nicht von vornherein so selbstverständlich schön an, wie Berührungen an Eichel oder Klitoriseichel, sondern eher ungewohnt. Pastötter sagt, Menschen könnten "lernen, die Stimulation als sehr angenehm zu empfinden." Am Ende weiß jeder selbst am besten, ob er es schön oder doch eher unangenehm findet.

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Fünf bis sieben Zentimeter in der Tiefe ertastet man die Darmwand, hinter Penis und Hodensack. Dort müsste dann eine leicht runde Wulst liegen und kurz dahinter: eine etwas raue Stelle. Mit der Fingerspitze kann man diese massieren – mit leichtem Druck und kreisenden Bewegungen. Ein Penis oder ein Dildo im Po ist nicht so leicht zu justieren, sondern muss die richtige Position finden, um die Prostata zu stimulieren. Zusätzlich zur Prostata wird beim Eindringen ins Arschloch natürlich noch das feine Nervensystem am Anus gereizt und stimuliert. Werden dann noch Penis und Eichel stimuliert, ist ein "analer Orgasmus" recht realistisch.

Ein Mann beschreibt das so: "Der normale Orgasmus spielt sich vom Gefühl eher außen ab, ist eher ein wenig fern vom Körper. Der anale Orgasmus ist viel intensiver im Körper. Ich spür dann den Orgasmus an der Eichel eigentlich nicht mehr so, weil das Gefühl im Körper einfach überlagert. Mag beides, aber nicht immer anal. Das ist schon sehr intensiv." Ein anderer Mann sagt über das Gefühl der analen Penetration: "Klar, die Gefahr, dass es zwischendurch auch mal schmerzt, ist da. Aber wenn man sich darauf einlässt und viel Gleitgel verwendet, kann es auch gleich beim ersten Mal einfach nur intensiv und schön sein – ohne dass irgendetwas wehtut. Jeder Mann, der sich nicht anal stimulieren lässt, verpasst etwas."

Bei der Frau – das Dreieck

Frauen haben zwar keine Kastanie, die durch den Anus erreichbar ist, dafür haben sie die Klitoris. Damit meinen wir nicht die kleine, sichtbare Klitoriseichel, sondern das innenliegene, große "Dreieck" aus Klitoriseichel, Kitzlerschenkeln und Vaginalöffnung, das voller Nerven ist. "Man ist damit gesegnet, eine indirekte Art der Stimulation zu genießen", sagt Pastötter. "Rein theoretisch ist es möglich, nur durch analen Geschlechtsverkehr die Klitoris so zu stimulieren, dass es zum Orgasmus kommt." Das käme aber so gut wie nie vor. Indirekt stimuliert wird die Klitoris auch durch einige Muskeln am Anus, die sich direkt nach vorne fortsetzen und so die Reize und Bewegungen auf die ganze Region übertragen. Leichter zum Orgasmus geht es natürlich, wenn zeitgleich noch vaginal stimuliert wird. Pastötter sagt auch, dass die "Stimulation einer Körperregion, die besonders selten stimuliert wird, als besonders erregend empfunden wird", was dem Orgasmus bei Anal-Spielchen zu Gute kommt.

Wie der Orgasmus dann wahrgenommen wird, unterscheidet sich von Frau zu Frau. Eine beschreibt es so: "Die analen Orgasmen sind die mit den längsten Nachbeben". Eine andere: "Ich komme zwar nicht anal, aber ich spüre meinen vaginalen Orgasmus viel intensiver." Wiederum eine andere beschreibt das Gefühl so: "Der anale Orgasmus ist wirklich der Hammer."

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Pastötter sagt aber, Analverkehr werde schnell "mystifiziert". "Viele Analsex-Befürworter sagen, dass es nichts Besseres gibt, bei anderen tut aber einfach alles weh und sie fragen sich: 'Was macht das Ding in meinem Arsch?'" Und er betont: "Den analen Orgasmus im Sinne von 'da muss ich nur fest genug rubbeln', gibt es nicht." Wie die anale Stimulation wahrgenommen werde, hänge von vielen Faktoren ab, unter anderem von Hormonen, Reizempfinden und den sexuellen Fantasien.

Fakt ist: Der Mann hat mit der Prostata eine empfindliche Kastanie im Arsch, die ihm zwischen Schmerz und Lust einen intensiven Orgasmus bescheren kann. Frauen haben das Klitoris-Dreieck und Muskeln, die die ganze Region mit Reizen versorgt, wenn etwas im Anus passiert. Alle Menschen haben extrem viele und feine Nerven um das Arschloch herum – und alles liegt da unten so nah beieinander, dass Stimulation oft an mehreren Orten empfunden wird.

Eine Sache, die man noch wissen muss, selbst wenn man mit dem ganzen Analen in der Praxis nichts anzufangen weiß: Analsex-Pornos mit tackernden Monsterschwänzen haben wirklich nichts mit der gefühlvollen, komplexen Kunst der Poliebe zu tun.

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