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Psychologie

Rache hilft uns, unseren inneren Frieden wiederherzustellen, sagen Forscher

Wir haben mit dem Wissenschaftler einer neuen Studie gesprochen, um herauszufinden, woher unsere Rachegelüste kommen und warum es sich so gut anfühlt, die Klamotten unseres Ex-Freunds zu verbrennen.
Photo by Igor Madjinca via Stocksy

Hemden zerschneiden, Computer aus dem Fenster werfen, das Auto des untreuen Partners oder der untreuen Partnerin in die Luft jagen—Filme liefern in schönster Regelmäßigkeit dramatische Racheaktionen von Frauen, denen es einfach reicht. Vielleicht haben wir alle schon mal mit dem Gedanken gespielt, es jemandem, der uns verletzt hat, so richtig heimzuzahlen, nur getraut haben wir uns nicht. Während es womöglich vernünftiger ist, sich mit passiv-aggressiven Facebook-Nachrichten den Frust von der Seele zu schreiben, als eine Straftat zu begehen, ist die Wissenschaft der Antwort auf die Frage, warum Rache so verdammt süß sein kann, ein bedeutendes Stück näher gekommen.

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Laut einer aktuellen Studie des Journal of Personality and Social Psychology, haben manche Menschen, die sich ausgeschlossen oder zurückgewiesen fühlen, das Bedürfnis, sich zu rächen, weil sie unterbewusst versuchen, zu einem Zustand emotionaler Ausgeglichenheit zurückzukehren—und nicht unbedingt, weil sie jemanden verletzen wollen. Die Forscher der Studie haben sechs Experimente mit mehr als 1.700 Teilnehmern durchgeführt, um zu sehen, welche Rolle Emotionen im Wechselspiel zwischen sozialer Ablehnung und Aggression spielen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit erschienen bereits Ende 2016 und bestätigen, dass „sich zurückgewiesene Menschen aggressiv verhalten, weil sie den inneren Antrieb verspüren, ihre beschädigte Gefühlslage wiederherzustellen, indem sie die wohltuenden Eigenschaften von Rache nutzen."

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In Rahmen eines Experiments sollten die Teilnehmer ein virtuelles Ballspiel spielen, das so eingestellt war, dass sich einige von ihnen zurückgewiesen fühlen sollten, weil sie den Ball nicht so oft zugespielt bekamen. Nach Ende des Spiels bewerteten die Forscher, wie stark das Gefühl der Zurückweisung unter den einzelnen Teilnehmern war und gaben ihnen anschließend eine Aufgabe, die eine digitale Voodoo-Puppe miteinschloss. Den Teilnehmer wurde gesagt, dass die Puppe einen ihrer virtuellen Ballspielpartner repräsentierte und sie bestimmen sollten, wie viele Nadeln sie in die Puppe stecken wollten. Abschließend bewerteten die Forscher, wie stark die individuelle Tendenz der Teilnehmer war, sich aggressiv zu verhalten, um ihre eigene Stimmung zu verbessern.

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„Zurückweisung steigert Aggression und die Verbesserung der eigenen Stimmung durch aggressive Motive war mit einer stärkeren Aggression verbunden", schreiben die Autoren der Studie. „Wir haben festgestellt, dass es einen bedeutenden Zusammenhang zwischen dem Gefühl der Zurückweisung und dem Ziel, die eigene Stimmung zu verbessern, gibt […] Diese Erkenntnisse bieten einen ersten Hinweis darauf, dass Aggressionen, die durch Ablehnung erzeugt werden, insbesondere bei Menschen auftreten, die glauben, dass das Ausleben von Aggressionen ihre Stimmung verbessern würde."

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Im Rahmen eines weiteren Experiments sollten die Teilnehmer ein Essay über einen Moment schreiben, in dem sie wütend waren. Anschließend wurden sie gebeten, ihren Text mit einem Online-Partner auszutauschen, um Feedback dazu zu bekommen. Nach der Kritik an einem fiktiven Essay erhielten die Teilnehmer ihre eigene Bewertung, die entweder ein positives („großartiges Essay!") oder ein negatives Feedback („eines der schlechtesten Essays, die ich JEMALS gelesen habe!") enthielt. Die Forscher bewerteten dann die emotionale Verfassung der Teilnehmer und ließen sie erneut die Aufgabe mit der Voodoo-Puppe durchführen—nur dieses Mal repräsentierte die Puppe ihren Essay-Partner. Das Ergebnis zeigte: „Aggressionen konnten die negativen Gefühle der Teilnehmer, die ein negatives Feedback erhalten hatten, erfolgreich reduzieren und positive Gefühle verstärken. Ein solcher Effekt konnte bei den Teilnehmer, die ein positives Feedback erhalten hatten, nicht beobachtet werden."

David Chester ist Professor für Psychologie an der Virginia Commonwealth University in Richmond, USA, und einer der Forscher der Studie. Er sagt, die Daten hätten sie an einigen Stellen überrascht. Bei zwei der Experimente (darunter auch das soeben erwähnte) gingen er und sein Team davon aus, dass Rache den Menschen helfen würde, sich nach der Zurückweisung geringfügig besser zu fühlen. „Doch wie sich gezeigt hat", sagt er gegenüber Broadly, „waren sie emotional nicht von ihren integrierten und akzeptierten Gegenparts zu unterscheiden, nachdem sie die Gelegenheit bekommen hatten, sich zu rächen. Rache hatte also einen sehr viel stärkeren positiven Effekt auf emotionalen Verfassung der Probanden, als wir erwartet hätten."

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„Aggressionen sind ein Mittel zum Zweck, die uns letztendlich zu einem Zustand emotionaler Ausgeglichenheit und einer Form der Homöostase zurückführen sollen", sagt er weiter. „Es geht nicht per se um den Schaden, der dem Ziel zugefügt werden soll, sondern vielmehr um den Effekt, den der Schaden in jedem Einzelnen von uns hervorruft."

Obwohl die Ergebnisse nicht sehr ermutigend wirken, sagt Chester, geben sie uns doch zumindest eine positive Botschaft mit auf den Weg. „Wenn Aggressionen eine Strategie zur emotionalen Regulierung darstellen, dann sollte man sie einfach durch eine andere Strategie ersetzen. Wer also den Drang verspürt, sich zu rächen, muss vielleicht einfach nur ein anderes Ventil finden, dass ihm den emotionalen Ausgleich bietet, den er braucht. Sport oder Achtsamkeitsübungen scheinen in diesem Zusammenhang sehr vielversprechende und effektive Alternativen zu Rachewünschen darzustellen, deren Wirkung wir unbedingt näher untersuchen sollten."