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Leicht verwackelte Impressionen vom ersten Berliner Twerk-Battle

Wir waren da, und es fällt uns schwer zu sagen, wer mehr Spaß hatte: die Frauen, die Männer, Bass Sultan Hengzt oder wir. Schaut euch jetzt unsere Fotogalerie an.
Alle Bilder von Jen Krause

Alle Bilder von Jen Krause

Ich erinnere mich noch sehr gut an den 16. Geburtstag meiner besten Freundin. Wir feierten in der leerstehenden Scheune ihres Onkels. Es gab Erdbeerlimes, Zigaretten konnte man ohne Altersnachweis beim Zigarettenautomaten an der Hauptstraße ziehen und vor allem wurde mit allem gewackelt, was uns unsere Mütter gegeben haben, wie man im Volksmund sagt. Zu dieser Zeit nannte man diese Tanzform noch "Booty Shake". Damals lieferten die Ying Yang Twins und Missy Elliott die musikalische Untermalung unserer jugendlichen Ekstase. Meinen 15-jährigen Zwergpo in meiner Miss Sixty-Jeans womöglich zu sexuell zu bewegen und dafür eventuell verurteilt zu werden, war kein Gedanke, geschweige denn Problem in meiner damaligen Welt. Eher der Mathe-Test, der am nächsten Mittwoch anstand. Es waren unbeschwerte, glückliche Zeiten.

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Seitdem hat sich einiges geändert. "Booty Shake" heißt heute "Twerken" und ist sehr viel populärer und artistischer geworden. Außerdem hört man jetzt dazu die KMN Gang und das Leben ist ein wenig komplizierter als früher. Meine Liebe zu polastiger Tanzkultur ist jedoch immer noch dieselbe.

Als die Ankündigung vom ersten Berliner Twerk-Battle vor einigen Wochen in meinen Feed gespült wurde, war ich dementsprechend begeistert. Meine letzte Massen-Twerk-Erfahrung lag nun ein Jahr zurück (Karneval in Trinidad) und der Hunger war da! Wie das Schicksal es so wollte, wurde ich auch noch als Jurymitglied akquiriert. (Wer denkt, dass das nicht in meinen Lebenslauf kommt, kennt mich schlecht!) Ich war fast so ausgelassen ekstatisch wie damals in der Scheune. Aber dann machte sich ein weiteres Gefühl in mir breit: Zweifel.


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Eine Veranstaltung wie das Twerk-Battle bietet durchaus Raum für Probleme. Im besten Fall ist es eine selbstermächtigende, diverse und sichere Plattform, sich selbst und seinen Körper zu zelebrieren – für Frauen, Männer und andere Geschlechter jeglicher sexueller Orientierung und Herkunft. Für alle, die einfach mal wieder unschuldig Spaß haben wollen, wie ich damals. Im schlechtesten Fall ist es eine sexistische Show, die lediglich für den gierigen Männerblick ausgelegt ist.

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Glücklicherweise schien eher ersterer Fall eingetroffen zu sein. Am vergangenen Freitag fand das Battle statt. Zehn Teilnehmerinnen traten in mehreren Runden gegeneinander an. Wer weiter kam, wurde vom Publikum per Applaus-Votum entschieden. Die Jury durfte kommentieren und Anregungen geben, was darin endete, dass man mir irgendwann das Mikrofon wegnehmen musste, da ich etwas zu sehr meinen inneren Kanye West entfesselte. Irgendwann trat Bass Sultan Hengzt, der auch Teil der Jury war, auf, kehrte danach aber nicht zu seinem Posten als Jurymitgleid zurück, was zu meiner Freude und dem Leidwesen der anderen Jurymitglieder mir noch mehr Zeit am Mikrofon einräumte.

Natürlich gab es auch sabbernde Typen, die sich ihre GoPro auf den Kopf geschnallt hatten (man muss schließlich die Hände wofür auch immer frei haben!). Natürlich wird bestimmt nicht nur ein Mensch über die zehn Teilnehmerinnen negativ geurteilt haben. Natürlich wurde mir nicht nur von einem Mann attestiert, dass ich bei meiner Figur doch lieber selber hätte mitmachen können, zwinker, zwinker und hey, das ist doch ein Kompliment! Das alles sind aber Dinge, die bei einer regulären Nacht im Club genauso passieren – nur vielleicht weniger offensichtlich.

Gleichzeitig sah ich ein Publikum voller Frauen, die die Weiblichkeit feierten und sich begeistert am Bühnenrand festhielten, während sie die beeindruckenden, artistischen Turnübungen der Tänzerinnen bewunderten. Im Publikum twerkten Männer ausgelassen ihre Kumpels an, die vor Vergnügen dabei quietschten. Im Backstage-Bereich machten sich die Damen Komplimente, besorgten sich gegenseitig Drinks und tanzten ebenso ausgelassen hinter den Kulissen wie draußen auf der Bühne.

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Holt euch also eine Tasse grünen Tee oder Erdbeerlimes (je nachdem, wie alt ihr seid), kramt die "Saltshaker"-Maxi-CD oder die KMN Gang-Playlist auf Spotify raus (je nachdem, wie alt ihr seid), und genießt unsere leicht verwackelten Bilder vom ersten Berliner Twerk-Battle. Und danach bewegt auch mal euren Allerwertesten. Schließlich ist Bewegung – vor allem twerken – gesund für den Körper und nicht zuletzt auch die Seele!

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