FYI.

This story is over 5 years old.

Image-Kampagnen

Die verzweifeltste Instagram-Werbung des Monats kommt aus Mecklenburg-Vorpommern

Wie lockt man Jura-Nachwuchs an, wenn man kein Geld zu bieten hat? Richtig, mit sexy Strandbildern.
Screenshot: Twitter-User stella vie.

Kleines Quiz: Was ist das größte Problem, mit dem Jura-Studierende während der Vorbereitung zum zweiten Staatsexamen zu kämpfen haben?

a) Die zwei bis drei Jahre erbarmungsloser, von morgens bis abends dauernder, nur von immer verzweifelteren Kaffeepausen unterbrochener Monotonie des endlosen Gesetze-Paukens.
b) Die Erkenntnis, dass sie ihre Jugend verschwenden, nur damit sie auch den Rest ihres Lebens mit Langweilern und Langweilerinnen verbringen können, die jedes ihrer gottverdammten Worte auf die Goldwaage legen werden.
c) Sand in der Robe.

Anzeige

Wenn du c) geantwortet hast, dann Glückwunsch! Erstens heißt das, dass du keine echten Juristen kennst, und zweitens, dass du womöglich das Zeug zum Werber hast – solange du dich an Kunden wie das Justizministerium von Mecklenburg-Vorpommern (sexyyyy!) hältst.

Das hat sich vor Kurzem eine Kampagne basteln lassen, mit der es mehr Referendare – also angehende Juristen zwischen dem ersten und dem zweiten Staatsexamen – anlocken will. Das nördliche Bundesland hat nämlich ein massives Nachwuchsproblem, was Juristen angeht: Von 600 arbeitenden Richtern und Staatsanwälten wird in den nächsten zehn Jahren knapp die Hälfte in Rente gehen – und bis jetzt sind nicht genug Leute da, um sie zu ersetzen. Höchste Zeit, die jungen Leute da abzuholen, wo sie sich tummeln – bei Instagram!

Weil Mecklenburg-Vorpommern den jungen Jura-Lümmeln nicht so richtig viel an Patte zu bieten hat (1.195 Euro "Unterhaltsbeihilfe" brutto), konzentriert sich die Image-Kampagne lieber auf die Stärken des norddeutschen Bundeslandes: vollkommen menschenleere Strände, an denen sich niemand wundert, wenn du in voller Großinquisitor-Montur mit deinem Gesetzbuch durch den Sand stolperst.

Der Pitch muss ganz offensichtlich so gelautet haben: "Auch hier bei in Meck-Pomm wirst du früher oder später durchdrehen, weil die Last der auswendig zu lernenden Gesetze und Verordnungen deine Synapsen irgendwann einfach zerdrücken wird. Aber wenn die psychotische Episode kommt, mein Freund, und du schreiend oder mit auf dem Gesicht festgefrorenem Grinsen aus der Bibliothek rennst, dann musst du bei uns wenigstens keine Angst haben, von einem Auto überfahren zu werden – hier ist nämlich keiner! Lauf also seelenruhig entseelt den Strand entlang, bis du mit einem gestrandeten Wal kollidierst oder ein Fischer dich behutsam in ein Netz wickelt und beim Justizministerium abgibt – es kann dir nichts passieren!"

Bild zweier Jura-Referendare, die an einer Mole stehen und erklären, warum sie Mecklenburg-Vorpommern lieben.

Screenshot aus dem Video "Klein aber Fein" des MV-Justizministeriums

Übrigens kommen die schönen Bilder auf Instagram aus einem ganzen Film, den das Bundesland hat drehen lassen, und der den ganzen Pitch nochmal sehr schön zusammenfasst: "Ich bin froh, hierbleiben zu können", sagt ein junger Jurist, der in einem T-Shirt auf einem Steg steht und in die Kamera blinzelt. "Wenn ich mir vorstellen müsste, in Berlin zu wohnen zum Beispiel, in so 'ner Riesenstadt", sagt er stockend, "… das würde mich echt stören." Das Bild schneidet zu einem Segelboot, auf dem offenbar einer der letzten Bewohner Mecklenburg-Vorpommerns hastig das Land verlässt. "Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern”, erklärt eine Stimme aus dem Off, "gibt es keine Wartezeiten! Ihnen kann zum gewünschten Termin ein Referendariatsplatz angeboten werden!" Das Video plätschert noch ein bisschen vor sich hin, und dann hört man irgendwann wirklich nur noch echtes Wellenplätschern und Möwengeschrei. Und das leise Geräusch glücklicher Referendare, die sich gegenseitig den Sand aus den Roben pulen.

Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.