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Drängeln hinterm Pool—Wir waren beim Boiler Room Vienna

Wir haben beim gestrigen Boiler Room im Poolfloor der Pratersauna einiges Absurdes gesehen, mussten uns in der Kloschlange Geduld üben, und durften ein grandioses Live Set von HVOB miterleben.

Ohne das Internet wäre Boiler Room eigentlich nur halb so schön. Eigentlich wäre Boiler Room ohne das Internet gar nicht existent. Erstens war jeder, der Vorgestern nichts besseres zu tun hatte, als um 08:00 früh auf Facebook dem Event beizutreten, automatisch auf der Gästeliste („Ausgewählte Gäste“ klingt also nur im ersten Moment elitär). Zweitens hätte man die Party theoretisch auch zu Hause via Stream vor dem Laptop verfolgen können. Keine Ahnung, ob Leute das wirklich tun—eine „Internetbroadcasting-Party-Party“ schmeißen, sich dabei betrinken und in der tanzenden Menge nach ihrer Freundin Ausschau halten. Einen Vorteil, den die Couch-Party hat: Man muss sich nicht aus einem eineinhalb Meter tiefen Pool nach oben stemmen und einen 30 Minuten langen Klo-Gang bis ans andere Ende der Pratersauna antreten, so viel sei schon mal verraten.

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Eigentlich sollte es aber trotzdem jedem klar sein, warum Party in der realen Welt viel schöner ist als auf Youtube. Auch, wenn du dich auf der realen Party, nachdem du es mal in den Club geschafft hast, halt noch einmal 20 Minuten anstellen musst, um in den Raum zu kommen, in dem das eigentliche Spektakel stattfindet. Ihr merkt schon, die erste Erkenntnis des gestrigen Abends: Boiler Rooms sind mit sehr viel Warterei verbunden. Aber die Wartezeit vergisst du ja wieder, wenn du dich auf einer fast schon absurden Sause wiederfindest, die im wahrsten Sinne des Wortes, in einem ausgelassenen Pool stattfindet.

So, jetzt bitte hinter den DJ ins Kamerabild drängeln und so lächerlich tanzen, dass du ab morgen nur noch ein GIF auf irgendeinem Tumblr bist. Ja, es gibt viele schräge Gestalten, die man auf einer Boiler Room Party treffen kann. Natürlich sind auch fast alle Wiener Cool Kids anwesend, um sich ihren Arsch abzutanzen. Primär besteht das Publikum aber vor allem aus einem Haufen hingebungsvoller Fans heimischer Clubkultur. Das merkt man spätestens, als beim grandiosen Set von Wolfram, den die Veranstalter übrigens ein bisschen veraltet „Vienna´s best kept secret“ nennen, alle Handys nach oben gehen—und an der noch länger werdenden Schlange vor der Türe des Poolfloors. Wer es nicht reinschafft (und wem es nicht zu blöd ist), kann vor dem Live-Stream tanzen, der parallel in den Pratersauna-Main Floor übertragenen wird. Public Viewing in 30 Metern Entfernung quasi.

Auch wenn man an Berliner Boiler Room Partys vor allem das internationale Line Up schätzt, spricht es für unsere kleine aber feine Musikszene, dass beim Ableger in Wien ausschließlich heimische Acts auflegen: Florian Scheibein von Leap Records, der Praterei Label-Betreiber 7Citizens, Italo Disco-Meister Wolfram, Altmeister Peter Kruder und HVOB, die inzwischen selbsterklärende Techno-Größen, die mit Tracks wie „Dogs“ von Wien aus den Rest der tanzbegeisterten Welt erobernd. Letztere sind mit ihrem neuen Album Trialog—und einem Dreierlei aus Sound, Installationen und Visuals—nicht nur Headliner, sondern lassen die Wände auch vom mehr als fähigen Kollaborator Lichterloh mit sehr feinen Blumen-Visuals verzieren. Spätestens bei ihrem Live-Set vergessen auch die letzten Skeptiker, dass das ganze Boiler Room-Szenario (natürlich) ein bisschen absurd ist, und feiern, als wäre der nächste Tag kein ganz regulärer Donnerstag.

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