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Ernst Palicek hat uns gezeigt, wo man den Herbst in Wien am besten verbringt

Ernst weiß nicht nur, wie man den Sommer in Wien perfekt verbringt. Der Trap- und Schlagerstar zeigt uns die besten Ecken der Stadt, um die kalten Monate ideal zu verbringen.

Alle Fotos von Julian Haas.

Diesen Sommer bestand eine reale Angst. Die Angst davor, dass es tatsächlich keinen würdigen Sommerhit geben könnte. Es sollte bis in den August dauern, bis sich das ändern sollte: Ernst Palicek, ein Schlagersänger und mit der Kopfstimme eines Engels, tauchte aus dem Nichts auf und beglückte uns mit „Summer in Wien“, einer Lobhymne auf die ganz einfachen sommerlichen Großartigkeiten dieser Stadt, die uns fast die Freudentränen in die Augen trieb. Wir waren so begeistert wie ratlos.

Dann ging der Sommer ins Land, der Herbst hielt Einkehr, und es wurde ruhig um den Ernst. Zu ruhig für unseren Geschmack. Wir mussten einfach Kontakt zu ihm aufnehmen. Außerdem hatten wir noch so unglaublich viele Fragen zu seiner Person. Deshalb fragten wir den neuen Star am Trap-und Schlagerhimmel, ob er uns nicht zeigen wolle, wie er nun eigentlich die kältere Jahreszeit Zeit in Wien so verbringt.

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Wie viele der wahren Künstler meidet Ernst den medialen Rummel wo es nur geht. Es war alles andere als einfach, den (angeblich) 38-jährigen Floridsdorfer, der aus dem Umfeld der Hanuschplatzflow-Posse stammt, dazu zu bringen, sich mit uns zu treffen. Umso glücklicher sind wir, als wir dieses Wochenene dann endlich eine Mail mit dem Inhalt „Montag 13 Uhr, Treffpunkt bei der U3-Station Schweglergasse“ von ihm bekommen. Und tatsächlich kreuzt Ernst im Strickpullover, in der Fußball-Trainingshose und mit dem markanten Schirmkapperl dort auf. Und das Beste: Er will uns gleich vier Orte zeigen, an denen er den Herbst in Wien gerne verbringt. Also marschieren wir los in Richtung Felberstraße. Eines ist uns an diesem Nachmittag klar geworden: Ernst Palicek nicht die 0815-Kunstfigur, die man unter Umständen erwarten würde. Das spiegelt sich auch in einem seiner Lieblingsplatzerln wider. Ich will jetzt aber gar nicht groß spoilern. Lest einfach selbst.

Der Steg am Westbahnhof

Hallo Ernst! Erzähl uns mal warum wir hier sind, und warum du diesen Ort ausgewählt hast.

Wir sind hier auf einem Steg in der Nähe des Wiener Westbahnhofs. Es ist einer meiner Lieblingsorte in dieser Stadt, weil hier sehr viele Züge und Gleise sind. Das ist einfach etwas faszinierendes. Der Ort bringt mich zum nachdenken. Man sieht wie die Züge aus- und einfahren. Man fragt sich: Wohin fahren die Leute? Was bewegt sie dort hinzufahren? Ich finde das sehr interessant. Meine Freundin, die Gerti, wohnt hier in der Nähe, das verschlägt mich öfter in diese Gegend. Für mich ist es eine schöne herbstliche Beschäftigung mich mit einem Sechzehnerblech hierherzustellen, den Zügen zuzuschauen und dabei nachzudenken. Das gefällt mir einfach.

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In den letzten Monaten ist es ja dann doch wieder um einiges ruhiger um dich geworden. Wie hast du die Zeit nach dem Hype im Sommer eigentlich verbracht? Hast du an einem Nachfolge-Hit gearbeitet?

Weißt du, für mich war das alles sehr viel Trubel. Obwohl ich auch gern mal feiere, war das trotzdem sehr turbulent und anstrengend. Ich habe die letzte Zeit deswegen sehr ruhig verbracht und war oft draußen im Freien. Mir geht es gar nicht so um Hits und Erfolg. Wenn man ein Können hat, das stellt sich der Erfolg ohnehin ein. Erst die Leute machen den Hit. Indirekt ist aber schon an einem Nachfolge-Hit gearbeitet worden—insofern, dass ich Energie und Inspiration getankt habe und jetzt neue Kräfte habe, um wieder ans Werk zu gehen. Und natürlich ist die eine oder andere gute Idee aufgekommen.

Donauinsel

Die Donauinsel besingst du ja auch auf deinem Smash-Hit „Summer in Wien.“ Was macht die Insel auch im Herbst so besonders für dich?

Diese schönen Farben. Ich mag dieses erdige, das Gelb, das dunkle Rot. Auch wenn es draußen kalt ist, fühl man sich hier irgendwie innerlich erwärmt durch diese Farben. Ich bin ein recht ruhiger Mensch— (Der oben gezeigte Schwan , von dem wir eigentlich geglaubt haben, dass er uns freundlich gesonnen ist, geht langsam aber sicher dazu über, uns zu atackieren. Wir unterbrechen das Interview kurz, um Meter zu gewinnen.) Ich gehe hier auf der Insel oft mit dem Lucky, meinem Golden Retriever, spazieren. Heute hab ich ihn leider nicht dabei—er wird sehr leicht nervös, wenn Fremde dabei sind. Und die Schwäne sind eben auch sehr oft so aggressiv. Da fühlt er sich nicht wohl, der Lucky. Er ist leider sehr schreckhaft.

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Du stammst ja aus dem 21. Bezirk. Wie haben deine Freunde und Bekannten eigentlich auf deinen Erfolg im Sommer reagiert?

Ich bin nach wie vor fest im 21. verwurzelt, und meine Leute dort freuen sich total mit mir. Es ist ja auch nicht so, dass ich jetzt irgendwie abgehoben werde—ich mach noch immer die selben Sachen wie früher. Ich geh noch immer ins Beisl owi, und trink ein Achterl mit meinen Leuten. Meine Tante aus Floridsdorf freut sich zum Beispiel auch wirklich sehr. Sowas wie Neid gibt’s hier bei uns gar nicht. Ich meine, was ist schon Erfolg? Das ist ja auch schon Definitionssache. Bei uns spielt das jedenfalls überhaupt keine Rolle.

Verbringst du im Herbst auch viel Zeit in deinem Ferienhaus im oberen Mostviertel?

Absolut, ich war das eine oder andere Mal zu Schwammerl suchen dort. Recht viele Herrenpilze hab ich gefunden, die schmecken mir ja besonders gut. Für den Lucky ist das natürlich ein Wahnsinn, dem taugts ja total im Wald zu sein. Aber wenn er dann einen Hasen sieht, wird er wieder ganz aufgeregt.

Weil sie mir gerade ins Auge sticht: Was muss immer in jeden gut ausgerüsteten Bauchtascherln dabei sein?

In meinem Bauchtascherl ist immer die Sonnenbrille inklusive Hülle. Ich bin sehr sonnenempfindlich, und ich muss mir eigentlich immer die Brille überklappen, damit ich die UV-Strahlung abschirmen kann. Ganz besonders wichtig ist ein Leatherman im Bauchtascherl. Öfter mal muss man halt einfach schnell Sachen reparieren, und ich habe dann immer die Möglichkeit, schnell herumzuschrauben. Ich hab auch immer Pflasterl mit dabei, grad beim Herumwerken verletz ich mich auch mal. Und wenn es jetzt kälter wird, ist im Bauchtascherln immer öfter auch wieder ein Flachmann drinnen.

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Bahnhof Wien Floridsdorf

Du scheinst dieses Platzl hier zu kennen, wie deine Westentasche. Was verbindest du mit diesem Ort?

Wir sind hier am Franz Jonas Platz in Floridsdorf—ein Platz, an dem ich schon seit Ewigkeiten gerne sitze und mein Bier trinke. Früher war ich hier sehr oft mit meiner Mundharmonika unterwegs, und habe hier am Platz gespielt, um mir ein bisschen Geld zu verdienen, und bin von Beisl zu Beisl gezogen. So sind einige Sommer und Herbste meines Lebens vergangen. Du bist ja laut eigenen Angaben 38 Jahre alt. Wie kommt es, dass sie Karriere erst so spät ins Rollen gekommen ist?

Mittlerweile bin ich sogar schon 39. Aber ich bin schon sehr lange Musiker von Herzen. Von Kindesbeinen auf habe ich die Mundharmonika gespielt, früher vor allem mit meinem Opa gemeinsam. Nun habe ich eben erst kürzlich diesen Produzenten namens 08 kennen gelernt. Ich hab mich mit ihm auf Anhieb verstanden, und so kam es, dass wir ganz spontan „Summer in Wien“ aufgenommen haben. Ich glaube halt, diese neue Art von Musik, die der macht, ist genau das, was die Leute hören wollen. Die Musik nennt sich Trap (in sehr deutscher Ausprache, Anm.), haben sie mir gesagt. Ich kenn mich da ja selber nicht aus, ich hab mit so modernem Zeug eigentlich gar nicht viel zu tun. Wer sind deine musikalischen Vorbilder?

Zum einen muss ich auf jeden Fall Freddy Mercury nennen, seine Stimme hat mich sehr stark beeinflusst. Ich find aber auch sehr stark, was dieser Hansi Hinterseer macht. Der schafft es immer, diese Verbindung zu den Leuten herzustellen, und er weiß einfach, wie man sich richtig verkauft. Letztendlich ist es ja das was die Leute wollen—wenn sie ins Geschäft gehen, kaufen sie eben so etwas, und nicht Mundharmonika-Musik. Die bekommen sie ja eh hier am Franz Jonas Platz zu hören. Hast du auch Stil- und Modeikonen?

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Ach, ich zieh einfach an, was mir gefällt. Ich bin kein Mensch, der großen Wert auf Äußeres legt. Für mich zählen die inneren Werte. Es kann schon auch mal passieren, dass ich zwei drei Tage in der Woche den selben Pulli oder das gleiche Leiberl anhabe. Wichtig ist mir im Herbst eher, dass es warm ist. Stil ist bei mir nur ein Produkt der Notwendigkeit.

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

Lieber Ernst, warum hast du ausgerechnet diesen Ort als letzte Station ausgewählt?

Besonders in der ruhigeren Zeit des Jahres gehe ich gerne hierher. Auch wenn dieser Ort im Gegensatz zu den anderen im Warmen ist, ist es kein Ort zum Wohlfühlen, sondern viel eher einer zum Nachdenken. Für mich ist das ein sehr guter Ort, um die Vergangenheit zu reflektieren. Und es ist ein Ort, der einen oft zum Schweigen bringt. Man verbindet dich ja in erster Linie mit Unterhaltung. Ist Ernst Palicek etwa auch ein sehr politischer Kerl?

Kunst ist immanent politisch. Wenn du mich fragst, sollte sich jeder—auch jeder Künstler—mit Politik auseinandersetzen. Siegmund Freund hat mal gesagt: „Die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat“. In diesem Dokumentationsarchiv wird genau diese Stimme gezeigt. Deswegen habe ich diesen Ort gewählt. Es wird zu selten gezeigt, dass es auch damals Leute gab, die sich gegen den Nationalsozialismus gewehrt haben. Für mich ist eben das die Stimme des Intellekts, und die kann einem auch heute in manchen Fragen weiterhelfen—zum Beispiel, wenn es um Themen wie Solidarität oder der Haltung gegenüber Nationalismus geht. Wow, ich glaube mit so einem Ende hat jetzt keiner gerechnet. Ernst, du bist eine wahre Wundertüte. Vielen Dank!

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