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We Are Augustines scheißen auf Labels

We Are Augustines haben die Lügen und Knebelverträge in der Musikindustrie satt. Und sind auch ohne sehr erfolgreich.

Fotos: Katrin Ingwersen

Dass die Musikindustrie ein hartes Pflaster ist und die großen Labels und Managements die Kohle einsacken, während die Künstler dabei leer ausgehen oder sogar fallen gelassen werden, ist mehr als ein albernes Klischee. Denn genau diese bittere Erfahrung mussten Bill und Eric von We Are Augustines mit ihrer früheren Band Pela tatsächlich machen. Doch anstatt sich in Selbstmitleid zu suhlen, haben die Jungs neue Motivation gefunden, ein eigenes Label gegründet und eine verdammt gute Platte darauf veröffentlicht. Vielleicht sind Bill, Eric und Rob genau deswegen so authentisch und auf dem Boden geblieben. Beim Konzert im Lido haben sie dem Ganzen die Krone aufgesetzt, indem sie den gesamten Laden auseinandergenommen haben und die Begeisterung der Fans kaum bändigen konnten. Und weil die Jungs eben ganz normale Menschen sind, die hervorragende Musik machen, mischten sie sich nach dem Ende der Show unter ihre Fans, um mit ihnen zu quatschen und zu trinken.

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Bill und Eric, ihr beiden hattet vorher die Band Pela. Leider musstet ihr einige schlechte Erfahrungen mit der Musikindustrie machen. Wie habt ihr es geschafft, wieder Motivation zu finden und nicht aufzugeben?
Bill: Ich denke, es ist das Verlangen danach, Musik zu machen. Ich denke, dass all die Dinge die uns passiert sind, uns gewissermaßen in dieses Projekt geführt haben.

Ihr bekommt von allen Seiten gutes Feedback. Auch David Letterman war sehr angetan von euch. Wie geht es euch dabei?
Eric: Wir sind sehr glücklich darüber. Als wir die Platte gemacht haben, haben wir das größtenteils nur für uns gemacht. Keine Erwartungen und keine Regeln, wir haben das gemacht, was wir wollten und sind sehr glücklich darüber, dass sich die Leute mit der Platte verbunden fühlen. Sie fingen an, zu unserer Shows zu kommen, wir haben viele Briefe und E-Mails erhalten und hatten wundervolle Unterhaltungen mit Leuten. Wir schätzen uns sehr glücklich.

Ihr habt zudem euer eigenes Label gegründet—Oxcart Records. Hattet ihr nicht Angst, dass es nochmal schief gehen könnte?
Bill: Ich denke, dass alle Künstler Angst davor haben. Denn so sollte es sein. Es ist immer so, dass Künstler keine Sicherheit haben, mit dem was sie tun. Eigentlich sind sie es gewohnt wirklich nichts zu bekommen. Oder der Hauptschreiber bekommt das meiste Geld und die anderen Mitglieder nicht. Das Management und das Label bekommen den Großteil des Geldes … Es ist einfach so unfair gegenüber den Künstlern. Ich denke, wir haben einen Weg gefunden. Wir hatten einen so üblen Nachgeschmack durch diese Erfahrung im Mund. Wir wollten einfach die Platte rausbringen—fast hätten wir die Platte sogar for Free rausgebracht. Und dann dachten wir uns, unser eigenes Label zu gründen und eine eigene Infrastruktur zu schaffen und schauen, wie es läuft. Und es läuft ziemlich gut.

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Möchtet ihr anderen Künstlern ebenfalls die Chance geben, ihren Traum zu verwirklichen?
Bill: Es ist etwas, was man in Erwägung ziehen kann. Jetzt sind wir ziemlich beschäftigt … Wir lieben Kunst. Es gibt eine Menge, Sachen die wir gerne machen würden. Wir sind seit 15 Monaten auf Reise. Von daher sind wir recht busy und ich weiß ich nicht, wie viel Zeit da sein wird.
Eric: Ursprünglich haben wir nur damit angefangen, um unsere Platte zu veröffentlichen. Aber wir haben immer davon geträumt, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. Und nicht zwangsläufig mit Leuten aus dem gleichen Genre, wie die Musik, die wir machen. Aber wie er schon gesagt hat, wir sind so busy, dass wir nicht einmal Zeit hatten, darüber nachzudenken.

Die Songs des Albums Rise Ye Sunken Ships waren ursprünglich für ein Pela-Album gedacht, richtig? Also lebt Pela mit We Are Augustines weiter…
Bill: Natürlich. Pela lieferte uns die Möglichkeit, den Mut zu haben, an diese Thematik heranzugehen. Warum wir uns so auf uns konzentriert haben und einen neuen Weg aufgebaut haben um das zu tun, ist, weil Pela so sehr von Verträgen und Lügen erdrosselt wurde und leider ist das so ziemlich die Regel in diesem Business. Ich wünschte, es wäre nicht so. Musik ist eine sehr achtbare und schöne Sache. Es gibt mehr Unterstützung für die Künstler in Europa. In Amerika wirst du oft als eine Art Loser wahrgenommen, wenn du der Musik nachgehst. Wenn deine Tochter anfängt einen Musiker zu daten, dann ist es gleich so „uuhhh“. Und ich war auch schon zum Dinner bei den Eltern eines Mädchens und es ist ziemlich unangenehm, weil sie dich so anschauen „Bist du verrückt?“. Diese Auffassung ist einfach unfair.

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Dave Newfeld war der Produzent des Albums, richtig? Unter anderem hat er auch Broken Social Scene produziert. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Eric: Dave hat einen Song auf der Platte produziert. Bill und ich haben den Rest produziert. Wir hatten kein Geld, als wir an der Platte gearbeitet haben. Wir mussten uns Geld von Leuten leihen, die wir kannten und haben von so vielen Quellen wie möglich Geld bekommen. Wir haben ein System ausgearbeitet, wo wir unsere Platte selbst aufgenommen und produziert haben. Aber dann haben wir Dave Newfeld gefunden und er hat die Platte gemixt. Dave ist ein sehr kreativer Mixer, von daher hat seine Produktion definitiv auf den Sound der Songs gewirkt. Wir haben die Arbeit, die er gemacht hat wirklich genossen. Nachdem die Band auseinander ging und wir uns neu formiert haben, machten wir neue Songs und haben uns mit Dave zusammengetan und haben mit ihm als tatsächlichen Produzenten zusammengearbeitet. Es eine sehr einzigartige Erfahrung gewesen. Er ist eine einzigartige Person. Wenn Dinge gut laufen, werden sie einzigartig und wenn Dinge nicht gut laufen, dann funktionieren sie überhaupt nicht. (Lacht)

Die Songs sind sehr persönlich. Ist es nicht merkwürdig, eure Erfahrungen so offen mit dem Publikum zu teilen? Und irgendwie auch gefährlich?
Bill: Leider gibt es heutzutage vielleicht einige Unaufrichtigkeit in der Musik. Aber ich würde sagen, dass die Platte einmalig ist und ich weiß nicht, ob so etwas wie das, jemals wieder in unserer Karriere passieren wird. Warum wir uns entschieden haben, über diese Dingen zu reden, hängt mit der amerikanischen Realität zusammen. Das, was meiner Familie zugestoßen ist, war nicht bloß eine Tragödie. Es war eine Tragödie, die nicht hätte passieren müssen. Sie sollte nicht passieren. Wenn ich in einem anderen Land leben würde, gäbe es dort andere Mittel. Daher gibt es auch viel politische Kritik. Es steckt sehr viel Realität in diesem Album.

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Würdet ihr sagen, dass euch eure Fans dadurch näher stehen, als es vielleicht bei anderen Künstlern der Fall ist?
Bill: Ich denke, dass es mit der Musik ähnlich ist, wie als wenn du in einem Flugzeug sitzt und durch die Channels klickst. Du hast die Wahl einen Blockbuster mit Will Smith zu sehen oder vielleicht einen Arthaus-Independent Film. Niemand hat Unrecht mit dem, was er mag. Wenn du etwas magst, dann magst du es und wenn es Techno oder Trance oder was auch immer ist. Ich denke die Leute, die zu unserer Show kommen, sind ganz normale Leute. Sie sind nicht von oben bis unten mit Tattoos versehrt und sind nicht zu cool für alle anderen. Einfach ganz normale Leute. Es sind Teenager und Leute um die 60. Und das Lustige ist, auch wenn es Teenager sind, oder jemand um die 60, es sind immer noch ganz normale Leute. Es gibt keine Modetrends, es sind einfach Leute.

Unter anderem wurden Vergleiche zu The National angestellt. Was sagt ihr dazu?
Bill: The National habe ich weniger gehört, eher Bruce Springsteen und Arcade Fire.

Großartige Musiker.
Bill: Ich denke, alle drei sind cool. Arcade Fire haben wir nicht getroffen. Wir kennen The National und Bruce Springsteen habe ich nie getroffen und ihn nie spielen sehen. Was ich über die ganze Sache denke? Ich meine, es ist lustig. Bei unserer letzten Band, in dem Jahr als unsere Platte rauskam, meinten die Leute, dass wir uns wie Bloc Party anhören würden. Und es war irgendwie verdächtig, dass Bloc Party zu der Zeit ziemlich bekannt waren. Manchmal ist das musikalische Vokabular der Leute, ob sie dem zustimmen oder nicht, nicht besonders hell. Und dann sagen Leute Mumford and Sons … Ich muss ein wenig darüber lachen. Bruce Springsteen—ich fühle mich davon nicht angegriffen. Ich stimme dem nicht zu, aber ich bin nicht verärgert. Ich denke, er ist ein sehr wohlbehaltener Typ, er ist 62. Er ist sehr gut zu seinen Fans, er ist fair und kein Stück Scheiße. Er steckt seine Nase nicht in Drogen, er scheint sehr bescheiden und sehr klug zu sein. Und das bewundere ich. Er thematisiert den Spalt zwischen dem amerikanischen Ideal und der amerikanischen Realität und was dazwischen passiert. Und das kann ich definitiv verstehen.

The National—wir kennen die Jungs seit 10 Jahren. Und Leute haben ihnen erzählt, sie würden wie The Walkman klingen. Es ist eben ein lustiges Journalistenspiel. Ich muss darüber lachen. (Lacht)

Mögliche Zusammenarbeiten?
Eric: Zusammenarbeiten sind wundervolle Ideen. Aber oftmals nehmen sie mehr Zeit in Anspruch, als du denkst. Momentan haben wir nicht besonders viel Zeit. Wir sind seit 15, 16 Monaten auf Tour. Und jetzt sind wir auf der letzten Tour für dieses Album. Und sobald wir damit fertig sind, werden wir mit der nächsten Platte anfangen.

Das war meine nächste Frage.
Eric: Ja. (Lacht). Und die nächste Platte ist das Wichtigste für uns. Von daher weiß ich nicht, wann wir Zeit für Kollaborationen haben. Aber es ist immer nett, wenn du Musiker bei Festivals oder auf Tour triffst. Es gibt immer einen Punkt, an dem du über eine mögliche Zusammenarbeit redest.
Bill: In einer perfekten Welt, würde ich das lieben. Ich habe Jack White ein wenig bewundert. Er ist im Studio als Produzent unterwegs. Die eine Band ist eine Mädelsband, die andere mit Typen. Er ist in Nashville, dann ist er in Detroit. Er ist so etwas wie Superman. Aber ich denke, wir sind an einem Punkt in unserer Karriere, an dem wir wirklich daran arbeiten müssen, die nächsten Möglichkeiten aufzubauen. Ich würde es lieben, diesen Kram zu machen.