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New music

David Bowie hat einen neuen Song und er ist episch

David Bowie hat sich mit seiner neuen Single „Blackstar“ einmal mehr selbst übertroffen.

Screenshot via YouTube

David Bowie hat bereits in den 70ern aufgehört sich zu recyclen. Der Erfolg rund um die Kunstfigur Ziggy Stardust war für ihn mehr eine Ablenkung und ein Hindernis als ein Segen. Ich bin mir sich, er genoss die Aufregung und Hysterie um dieses androgyne Alien anfangs—als es allerdings ein Eigenleben entwickelte und zur übergroßen Maschinerie oder zur Marke wurde, konnte Bowie leider nicht schnell genug den Stecker ziehen um sich als Künstler weiter zu entwickeln. Der Umbruch kam. Zum Glück bevor wir ihn an den Rockstar-Äther verloren. Die Geschichten von Unmengen an Drogen und ungeschützem Sex sind kein Geheimnis. Ihr wisst vielleicht wovon ich spreche, wenn nicht, seid ihr vielleicht zu jung dafür und solltet einiges aufholen.

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Als er es jedenfalls schaffte, sich von seinem damaligen Management zu lösen und die Jahre andauernden Rechtsdispute beiseite legen konnte, begannen wohl die besten Jahre in Bowies Schaffen. Zuerst die Affinität zu R´n´B und schwarzem Disco oder Funk, dieser Plastic Soul—wie er ihn selbst nannte—der in den Alben Young Americans und Station To Station kulminierte, gefolgt von den so genannten Berlin Years, was nicht ganz korrekt ist, aber der Einfachheit halber nennen wir sie auch so: das Klangexperiment Low, das Zyklus-beendende Lodger und dazwischen das Meisterwerk Heroes. Hier könnte man nun damit anfangen, unzählige andere Projekte aufzulisten: Sei es nun der Beginn der New Wave-Periode, seine Ausflüge—nicht nur—in die Film-, aber vor allem in die Theaterwelt.

Ein kurzer Artikel tut diesem Ausnahmekünstler eigentlich immer Unrecht. Der Punkt, den ich aber machen möchte ist, dass David Jones, wie er mit bürgerlichen Namen heißt, keine Angst vor Extremen und Veränderungen hat. Dieses ständige Neu-Erfinden ist für viele seiner Hörer sicher nicht einfach (gewesen), und ich sage nicht, dass er nur großartig war, nein, er machte schon auch genug komische Dinge, was jedoch übrig bleibt sind diese unzähligen sensationellen Songs und ich wage zu behaupten, dass, egal in welcher Stimmung man sich befindet, es wohl inzwischen ein Bowie-Album oder zumindest einen Song dazu gibt.

Nun sind wir seit dem Release von Heathen in 2002 wahrscheinlich im Spätwerk Bowies angekommen, zu seinem Resümee gehören inzwischen unzählige Alben als Musiker und Produzent (Lou Reed, Iggy Pop,etc…), Theatermusik, Soundtracks zu Filmen und auch einem Computerspiel, Tourneen und die dazugehörigen Konzertfilme. Darüber hinaus gibt es die Bowie-Kreativ-Gene jetzt auch in der nächsten Generation: Schon Moon von Duncan Jones gesehen? Richtig: Sohn. Science Fiction ist eigentlich sogar das einzig Offensichtliche, was sich bei Bowie irgendwie durchzieht. Nun, als Pioneer und Erneuerer befindet man sich wohl auch ständig mit einem Fuß in der Zukunft, zumindest wenn einem in der Gegenwart fad ist.

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Oktober 2014 gab es, für Bowie-Verhältnisse, eine banale Dreifach-CD Werkrückschau. Logischerweise aber Uhr-zurück-drehend, Alice Im Wunderland-Uhrmacher, der er ist, von der Gegenwart in die Vergangenheit spielend und mit neuem Material wie der grandiosen Single „Sue (Or In A Season Of Crime)“ ausgestattet. Ich kann es nicht treffender als Philipp L’Heritier formulieren, wenn er schreibt: „Unangenehm und schön nervig ist das, Bowie unterbreitet uns dazu mit erstickter, schmerzgeplagter Stimme eine Murder Ballad.“

Wenn man nun das neue, 10-minütige Video zum Titeltrack des Albums Blackstar hernimmt, so schlägt „Sue“ eine schöne Brücke in diesen Unwohlfühl-Kosmos in den uns Bowie anscheinend entführen möchte. Noch ein paar Stufen runter in den Hasenbau, weiter und weiter. Normale Songstrukturen gibt es hier nicht mehr: Klang, Text, Stimmung, Instrumentierung verwaschen immer mehr und mehr. Der nervöse Breakbeat mit dem der Song beginnt selbst zerfällt in einen straighten Groove, während darüber alle denkbaren Instrumente und Synthesizer kurz etwas phrasieren. Bowie selbst setzt seine Stimme stark effektiert als Instrument ein und lässt dennoch keinen Zweifel daran, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde oder irgendeine Passage oder einzelne Note zu lange ist.

Dieses Ding ist episch, und ich wünschte die ganzen halbschwindligen Musiker da draußen würden sich ein Scheibchen Musikalität eines David Bowie abschneiden und anwenden. Dann wäre eure Musik es auch wert darüber zu berichten.

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