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Reviews

Musikreviews der Woche mit Get Well Soon und The Very Best

Reviews, Reviews, Reviews. Damit du weißt, was in deiner Plattensammlung fehlt.

IDES OF GEMINI
Constantinople
Neurot

Als ich mir neulich wie jeden Morgen die Tarotkarten legte, ermittelte ich für die folgenden Stunden einen nahenden, alles neu ordnenden Besuch aus dem Reich der Glutströme und Hadeswinde. Ich fand dann diese CD in der Post und war kurzzeitig überrascht, wie schnell sich die Prophezeiung doch erfüllen sollte. Dieser gravitätische, irgendwo zwischen Dead Can Dance und Black Sabbath stattfindende Sound passte nur zu gut zur vorhergehenden Ankündigung. Nur fehlte das, was die Karten als Kraft des Wandels annoncierten, denn zur großen Umwälzung ist die folkloristische Perspektive auf Doomrock der Ides of Gemini dann doch zu brav und einschläfernd. Als ich dann die nächste Nacht, mich aus den meisten meiner Körperöffnungen übergebend, auf dem Klo verbrachte, wurde mir klar, dass eine Magendarmgrippe in der Tat viel plausibler auf das Los der Karten passte.

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VOMIT HAB ICH DAS VERDIENT?

GET WELL SOON
The Scarlet Beast O’ Seven Heads
City Slang

Wir erinnern uns noch genau, wie Konstantin Groppers Debütalbum einst die inflationäre Verwendung des Wortes „Wunderkind“ in der deutschsprachigen Presselandschaft auslöste, nur weil der Typ mit 5 Jahren mal Cellounterricht hatte. Als dann eine zweite Platte nachgeschoben wurde, die irgendwie die ganzen Erwartungen, die man auf den armen Kerl projiziert hatte, nicht erfüllen konnte oder wollte, war das Gekreische dann plötzlich groß. Der fragilen Künstlerexistenz, mit der wir es hier ohne Zweifel zu tun haben, dürfte dieses Wellenbad der Gefühle sicher ziemlich nahe gegangen sein. Gut, dass Gropper nun offenbar aufgehört hat, Zeitung zu lesen. Er klingt gleich nur noch halb so deprimiert.

PETRI SCHALE

XIBALBA
Hasta La Muerte
Southern Lord

Dass Xibalbas schmieriger Hardcore eine hervorragende Hintergrundmusik abgibt, um sich gegenseitig auf die Fresse zu hauen, daran gibt es keinen Zweifel. Auf ihrer letzten Liveshow erschien ich in Eishockeymontur und mit Erste-Hilfe-Kasten ausgestattet, und konnte so in bester Feldarztmanier einigen unvorsichtigen Teenagern das Leben retten. Dankt mir nicht, ihr neureichen Spinner, aber seid gewarnt: Bei der nächsten Tour bin ich im Urlaub, da könnt ihr selber gucken wo ihr bleibt, wenn euch mal wieder ein glatzköpfiger 180-Kilo-Klops mit den Stiefeln voraus in den Nacken springt.

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HAWKEYE PIERCE

THE VERY BEST
MTMTMK
Moshi Moshi / Cooperative Music

Der Begriff „Weltmusik“ gehört (neben „Wettervorhersage“, „Schüsslersalze“ oder „Tatort“) zu denen, die in der Regel für einen Fluchtreflex sorgen. Vor dem geistigen Auge (ah: „geistiges Auge“, gleiche Kategorie!) erscheinen buntgebatikte ältere Damen, die sonntagnachmittags mit fair gehandeltem Veganbrunch und Hennafarb-Präsentkorbflechtungen die Welt verbessern. Auch wenn das Simonandgarfunkelhaftige hier nicht ganz so knallt und The Very Best zwar ein eher moderner kognitiver Remix dieser Geisteshaltung sind: ganz so weit weg von „BongoBongo meets Drumcomputer plus Charity“ entfernt sich auch MTMTMK nicht. Stellenweise aber echt perfekt als Imagetrailer-Soundtrack auf Eurosport!

PETER CROWS