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In meinen Träumen will mir Miley nie ein Taxi zahlen

Seit Wochen taucht Miley immer wieder nachts im Kopf unseres Autoren auf. Am Dienstag ist er ihr dann endlich live begegnet.

Alle Fotos von David Bogner

Der 48A Richtung Baumgartner Höhe hat Verspätung. Nicht schlimm, aber doch. Da Miley Cyrus und ich seit ein paar Wochen fix zusammen sind, halten sich meine Sorgen in Grenzen: Sie wird schon warten. Im Bus ist es heiß und ich überlege mir, für meine Libido ein Extra-Ticket zu kaufen. Alle schwitzen. Die ältere Dame will meinen Platz nicht, also bleiben mir noch drei Stationen um mich an mein erstes Zusammentreffen mit Miley zu erinnern. Ich kann es nicht genau. In meinem Unterbewusstsein staubt es gewaltig, umso überraschter war ich, als mir vor ein paar Wochen Destiny Hope Cyrus begegnete. Wie, weiß ich nicht mehr so recht, aber der Name war Programm. Dafür erinnere ich mich umso genauer, dass ich die Nacht in ihrer Dachgeschoßwohnung irgendwo in der Nähe des Wilhelminen-Spitals im 16. Wiener Bezirk verbringen durfte. Miley war cool, ich war cool, wir waren cool. Am nächsten Morgen musste ich fort und fragte Miley höflich nach einer Limousine. Sie entgegnete: „Nein.“ Ich war überrascht: „Heast, du bist Multimillionärin, wir hatten eine gute Zeit, wenigstens ein Taxi?“ Sie blieb kalt: „Nein, die Bushaltestelle ist nicht weit, komm gut heim.“ Da war es im 48A noch nicht so heiß. Dann bin ich aufgewacht.

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Ich ärgere mich kurz und verpasse fast die Haltestelle. Die ältere Dame ist schon zuvor ausgestiegen. Zur Wiener Stadthalle ist es nicht weit, ich stolpere über ein paar Kids und mein Radler wird warm. Beim Presseschalter versucht sich eine Frau in den VIP-Bereich zu reklamieren: „Aber ich kenne den Assistenten von Miley Cyrus. Machen Sie Ihren Job.“ Sie erhält eine Abfuhr. Ich kenne das. Vor der Konzerthalle geht es rund und ich fühle mich überfordert. Das Gros des Publikum ist minderjährig, hier und da schleichen sich ein paar Ironische durch die Massen und die Begleitpersonen rauchen eine letzte Zigarette zur Beruhigung. Ich schütte meinen warmen Radler in die Wiese und rauche auch. Keine Eile, den Ö3-DJ im Vorprogramm lasse ich Ö3-DJ sein und ich weiß ja, dass Miley immer zu spät ist. Wirklich. Zwei Mädchen fragen mich wo sie den „offiziellen Mörchingdeising-Stand“ finden könnten und ich schicke sie in die richtige Richtung.

Im Foyer der Stadthalle riecht es wie immer penetrant nach dem Hot-Dog-Stand und übertrieben viel Deo. Es ist übrigens ziemlich heiß. Die paar Polizisten wirken entspannt, einer hat sich ein Hot Dog gekauft, in den Gesichtern der Sanitäter sind da schon mehr Sorgenfalten. Das Konzert hat noch nicht begonnen, Miley ist zu spät - wusste ich. Langsam schlendere ich in die Konzerthalle, die gut gefüllt ist und lehne mich an eine Säule neben ein paar Mütter und Väter, die ihre Kinder im Auge behalten. Nach jeder Überbrückungsnummer kreischt das Publikum und zückt pro forma Smartphones, um nichts zu verpassen. Ich kreische nicht, behalte mein Handy in der Tasche und bin versucht, noch eine Zigarette zu riskieren.

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Unterdessen erinnere ich mich an das zweite Treffen mit Miley Cyrus:

Es war nur zwei Tage nach dem ersten. Ich stand erneut in der Dachgeschoßwohnung, wir tranken Whiskey und sie erklärte mir in einem weißen Tanktop das 2Pac Poster an ihrer Wand. Ich blieb wieder über Nacht und versuchte es am nächsten Morgen forscher: „Gib mir Geld für ein Taxi, ich muss schnell nach Hause.“ Keine Chance: „Wenn du dich beeilst, erwischt du den Bus um 10:30,“ sagte der Popstar. Ich glaube, an diesem Tag regnete es im 48a.

Gerade, als Wut und Ärger mich zu einem Getränkestand drängen, rutscht Miley Cyrus aus einer großen Projektion ihres Gesichts über eine Zunge auf die Bühne. Die Halle steht Kopf und erhellt sich durch unzählige Smartphones. Neben mir steht ein älterer Typ, der alles mit seiner Digitalkamera filmt. Er wird das über das ganze Konzert tun - ein harter Hund. Miley klescht auf der Bühne gewaltig. Es ist ein Feuerwerk: Plüschhasen tanzen, Tänzerinnen tanzen, Miley tanzt und fesselt alle unweigerlich. Die Augen der Eltern an den Säulen werden größer, während die Kids Miley feiern, Miley sich selbst feiert und auch ich auf die Meta-Ebene pfeife und mich dem Entertainment hingebe, das da so unaufhaltsam von der Bühne in die Halle dringt. Nach dem ersten Block gönnt Miley uns (auch der Typ mit der Digicam muss kurz innehalten) eine Verschnaufpause, sie wechselt Bühne, ich lehne an der Säule. Wieder erinnern: Das dritte Treffen in ihrer Wohnung war schon fast Routine: Youtube-Party und Wein. Wir kannten uns ja schließlich schon. Schon am Vorabend hatte ich die Busfahrzeiten gecheckt. Am nächsten Morgen brauchte es wenige Worte und ich wartete auf den Bus. Aufwachen wollte ich nicht.

In der Stadthalle ist Miley Cyrus nach ein paar Country-Pop-Exkursen und Coverversionen mittlerweile bei den Zugaben angekommen. Ihre Show spitzt sich zu, die Hits kommen zum Schluss. Bei „Party in the USA“ dränge ich mich in die Mitte. Es muss sein. Nach dem Konzert finde ich mich an der Haltestelle des 48A, in die gewohnte Richtung. Auch im Moment des unterbewussten Deja-Vus macht sich Zufriedenheit breit. Miley hat mich nicht hinter die Bühne eingeladen, aber ich verzeihe ihr. Die Analysen, Rahmenbedingungen, Pop-Kontextualisierungen und musikalischen Bewertungen überlasse ich anderen. Das war Pop. Ich warte auf den Bus.

Auch andere Schreiberlinge haben sich schon über das Miley-Konzert in Wien ausgelassen. Einer unser Autoren fand das gar nicht so lustig.

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