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50 Cents enttäuschendes ‚Animal Ambition’ ist Teil seines Masterplans, Rap wieder zu dominieren

Hier ist 50s Plan, wieder ganz nach oben zu kommen—oder bei dem Versuch zu sterben.

Die Zahlen sind eingetroffen: Von 50 Cents Album Animal Ambition wurden in der ersten Woche weniger als 40.000 Einheiten abgesetzt. Der G-Unit-General hat seinen ersten Flop eingefahren.

Es gab Zeiten, da war 50 der Großverdiener im HipHop, das Aushängeschild des Genres am Höhepunkt seines nationalen Crossovermoments. Er verwendete seine Macht aber vor allem dafür, seine Mitstreiter klein zu halten—Joes, Jadas, Cams, Nasirs. Einfach nur zum Spaß ruinierte er Ja Rules Karriere. Als in seiner eigenen Crew die Sticheleien anfingen, exkommunizierte er nach und nach in aller Öffentlichkeit jeden Einzelnen von ihnen. Vor kurzer Zeit beschuldigte ihn Programmdirektor Ebro Harden in einem Interview mit Hot 97 ganz offen, den New Yorker Rap-Mainstream zersplittert zu haben und für seine bis heute andauernde Talfahrt verantwortlich zu sein. In aller Fairness muss man sagen, dass Fif ein überaus gewiefter Geschäftsmann ist, der sich wahrscheinlich wie kein anderer der Tatsache bewusst ist, dass die Missgunst, die er zu seinen besten Zeiten auf sich gezogen hat, nun wie ein mit ordentlich Blingbling verziertes Damoklesschwert über ihm schwebt, und er wird auch wissen, dass die fünfjährige Funkstille seit seinem letzten Album nicht gerade förderlich dabei war, den Trubel um seine Person aufrechtzuerhalten. Und trotzdem, aus Gründen, die momentan noch im Verborgenen liegen (Langeweile, Sport, Nostalgie—vielleicht etwas von allem), hat er einen großangelegten Plan ausklamüsert, um seine Rapkarriere wieder in Schwung zu bringen. Animal Ambition ist dabei aber nicht das Resultat, sondern ein wichtiges Teilstück.

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Vor einem Jahr befanden sich einstmalige HipHop-Größen wie Nelly und LL Cool J in einer ganz ähnlichen Situation. Nellys M.O. war der Versuch, den vierterfolgreichsten Hiphop-Künstler aller Zeiten wieder in eine Führungsposition zu manövrieren, indem man ihm eine wahre Armada aktueller Größen zur Seite stellte. Mit dabei waren Nicki Minaj und Pharrell, T.I., Future und 2 Chainz. Die Liste an Gaststars von LLs Authentic umspannte dann ein noch viel weiteres Feld. Alle von Brad Paisley bis zu Eddie Van Halen wurden zusammen auf das neue Lebenszeichen der Legende aus Queens gequetscht, nachdem dieser sich eine lange Auszeit von seiner Rapkarriere und von Def Jam gegönnt hatte. Beide Alben verkauften sich allerdings eher schlecht. Sie beide irrten sich in der Annahme, dass die Anwesenheit von Celebreties ausreichen würde, um das inzwischen herrschende Desinteresse für sie als Künstler auszubügeln. Es ist ein Trugschluss, dem sich 50 Cent nur allzu bewusst ist, nachdem er jetzt zwei Jahre mit Ankündigungen für immer wieder verworfene Leadsingles und verschobene Releasetermine für sein neues Album von sich Reden gemacht hatte, die auf jeweils unterschiedliche Ausprägungen von Apathie seitens potentieller Zuhörer gestoßen waren. Er wurde sich schlussendlich bewusst, dass es nicht einfach reicht, 50 Cent zu sein, um am oberen Ende der Billboard Charts mitzuspielen, und hat dementsprechend sein triumphales Comebackalbum Black Magic AKA Street King Immortal auf Eis gelegt, bis er herausgefunden hat, wie er es zu einem profitablen Geschäft machen kann. Was er auf Teufel komm raus versuchen wird, oder, ähm, bei dem Versuch stirbt.

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Schon früh war die Rede davon, dass es sich bei Animal Ambition um einen „viralen Marketingplan“ handelt. Im Zuge einer Promostrategie, die Kanyes 2010er G.O.O.D. Friday Kampagne mit Beyoncés Video-Albumveröffentlichung kombinierte, wurden fast wöchentlich neue Videos mit Albumcuts veröffentlicht. Auch die Trackfolge lässt einen gewissen Grad an Marketingberechnung erahnen: Los geht es mit „Hold On“, einer knurrig vorgetragenen Beschreibung unseres reichen und gelangweilten Kingpins, der wieder in die Action gerissen wird. Einige streitlustige Cuts später scheint 50s altes Popgespür in „Pilot“ und der von Dr. Dre produzierten Trey Songz-Collabo „Smoke“ durch. „Irregular Heartbeat“ featured Jadakiss, den 50 damals in seinem Song „Piggy Bank“ noch dafür disste, dass er den Nerv hatte, während des Aftermath/Murder Inc. Beefs einen Song mit Ja Rule zu machen. „Hustler“, „Twisted“ und „Winner Circle“ bringen dann die zweite Hälfte des Albums fast nach Hause, bevor „Chase the Paper“ mit einem nörgelndem New York Posse Cut das Ende macht. Es hilft, Animal Ambition einerseits als Teil einer Strategie, die das öffentliche Interesse an 50 Cent wieder herstellen soll (flankiert von einer Welle von Radioauftritten, in denen Curtis mitsamt seines grimmigen, kompetitiven Charmes wieder der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll), und andererseits als Ölungsübung für seine eingerostete Hitmaschinerie zu sehen.

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Wenn die Präsentation Animal Ambition nicht schon als Trainingsübung enttarnt hat, so erledigen das spätestens die unbekannten Gaststars. Als Fif es noch wirklich auf ein Comeback abgesehen hatte, rief er Dre, S1, Em, Adam Levine, Alicia Keys und Kendrick Lamar an. Hier haben wir jetzt LOX, Prodigy, ein paar ziemliche unbekannte R'n'B Sänger und eine ganze Menge Kidd Kidd. Ein XXL-Interview mit den Producern des Albums deckte auf, dass eine Menge der Beats schon vor fünf Jahren von Typen (mit der offensichtlichen Ausnahme von Dre und Jake One) eingereicht worden waren, die alle noch auf ihren großen Durchbruch warten. Die bescheidene Liste von Gaststars, gepaart mit einer Veröffentlichungsstrategie, die sicherstellte, dass jeder den größten Teil des Albums schon lange vor dem eigentlichen Releasetermin gehört hatte, machen Animal Ambition wohl zu dem, was einer Indieveröffentlichung aus dem Hause 50 Cent je am Nächsten kommen wird—die Tatsache, dass das Album über Caroline und Capitol Records veröffentlicht wird und nicht über Interscope, unterstreicht diese These. Eigentlich ist es ein Mixtape, für das Fif versucht, wieder ein bisschen Kohle reinzubekommen.

Die Kritiker hatten sich schon ihre besten Filetiermesser bereit gelegt und lechzten geradezu nach Analogien zu 50ies furchtbaren First-Pitch, den er letzten Monat bei den Mets abgeliefert hatte. Spin) sagt zum Beispiel, dass Jackson unter der Illusion leide, „sein Erfolg [würde sich] auf seinem Gangster-Rap-Swagger gründen und nicht auf superzugänglichen Clubhits.“ Die L.A. Times wiederum fürchtet, dass er nicht weiß, „wie man auf ehrliche Art die Erfahrung von plötzlich gefundenem Reichtum und Ruhm ausdrückt, ohne es einem unter die Nase zu reiben.“ Zu verlangen, dass 50 Cent hinter seiner Terminator-Fassade hervorkommt, die ihn zu dem machte, was er ist bzw. war, ist in etwa so, wie einen X-Men-Film dafür zu kritisieren, dass er so auf Superhelden fixiert ist. Diese Beschwerde sagt mehr über die Einfallslosigkeit der Kritiker gegenüber unserem Subjekt, als über irgendwelche künstlerischen Fehltritte. Wären auf dem Album statt Tough-Guy-Rumgeprolle irgendwelche Vitamindrink-Vorstandstreffen—oder was auch immer für Business-Scheiß 50s Alltag gerade dominiert—zu hören, wäre es wahrscheinlich zu Aufständen gekommen.

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Das soll nicht heißen, dass Animal Ambition ohne Fehler oder gar tadellos sei. Über das ganze Album hinweg finden sich Momente frustrierender Mittelmäßigkeit (hör dir nur die im Nichts versandende vier Minuten-Hook von „Don’t Worry ‘Bout It“ und die schwafelige Kidd Kidd-Kollaboration „Every Time I Come Around“ an—oder vielleicht besser doch nicht.). Es ist allerdings unfair, zu suggerieren, dass 50 zu sehr im vergoldeten Elfenbeinturm lebt, um über Waffen und Moneten zu rappen, wo doch der prollige, unerreichbare Reichtum und die cartoonmäßig überzeichnete Kingping-Rolle die am weitesten verbreiteten Währungen im Mainstream-Rap sind. 50 Cents Abstieg in den späten 2000ern begann, weil sich das Epizentrum des Rap von ihm entfernt hatte. 2014 ist sein schroffer, melodischer Straßenrap aber wieder viel näher am Puls der Zeit. Während ein Rapper wie Jay-Z immer wieder drastische Veränderungen in Sound und Style auf sich genommen hat, um weiterhin von Belang zu bleiben, war 50s Strategie, einfach abzuwarten, bis seine Songwritingticks wieder angesagt waren.

Die Narrative, die viele Kritiker um Animal Ambition konstruiert haben, positioniert das Album als Tiefpunkt einer langandauernden Abwärtsbewegung, die 2007 ihren Lauf nahm, als Kanyes Graduation Curtis nach einem öffentlich ausgetragenen Verkaufsrennen vom Thron der Charts vertrieben hatte und so den von Verkaufszahlen besessenen Tyrannen mit der Art Absturz bekannt machte, die er in seinen besseren Tagen nur zu gerne bei anderen beobachtet hatte. Das ist aber ein Fehlschluss. Animal Ambition hat sich im Verkauf nicht gut gemacht, aber sein Hauptanliegen—50 wieder zum Gesprächsthema zu machen—war ein Erfolg. Nachdem er wochenlang Fragen zu einer G-Unit Reunion nur mit einem Lächeln entgegnet hatte, rief 50 Cent die Crew vor zwei Wochen beim Summer Jam zusammen und leitete so sein richtiges Comeback in die Wege: Sie lieferten eine Serie angriffslustiger Freestyles über die Songs anderer Künstler ab und kündigten ein neues Album für Ende dieses Jahres an. Das neue Material ist einen Hauch zu steril, wird aber mit einer Begeisterung empfangen, von der 50s letzte Lückenfüllermixtapes und versandeten Singles nur hätten träumen können. Auf ihren Solopfaden waren die Jungs nicht gerade mit großem Glück gesegnet, ihre Wiedervereinigung mit Fif scheint aber gerade im Zuge der wachsenden Nostalgie für Musik der frühen 00er Jahre gut anzukommen.

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Das Geschäft im Mainstream-Rap ist wie ein Streichholz. Es brennt hell, wenn der Künstler angesagt ist, und ist in der Regel für immer durch, sobald die Flamme erloschen ist. Das Animal Ambition-Experiment ist also eine ziemlich ambitionierte Angelegenheit. Als einer der erfolgreichsten Rapkünstler aller Zeiten und Geschäftsmann durch und durch hat sich 50 Cent jedoch ausgemalt, dass es sein Publikum da draußen noch gibt, wenn er es nur schafft, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Schachzug, mit Animal Ambition 50s Rapkarriere wiederzubeleben, hat Street King Immortal immerhin einen Veröffentlichungstermin für November dieses Jahres eingebracht und Curtis wird sich die neu gewonnene Aufmerksamkeit nicht so einfach wieder wegnehmen lassen. Die Straßen mit Stoff zu verpesten, ist genau das, was G-Unit zu Beginn den Fuß in die Tür gebracht hat, es ist also nur stimmig, dass das Comeback der Truppe ähnlich ablaufen wird. 50 und G-Unit scheinen bereit zu sein, dieses Gefühl von Unruhe wieder zu verbreiten, das Rapper damals erschütterte, als die Jungs aus Queens ihnen die Songs unter den Fingern wegklauten. Sie bringen angepissten, tighten New Yorker Street Rap wieder zurück—Raubzug für Raubzug.

Craig Jenkins fände 50 Cent noch immer gut, wenn 50 total am Boden wäre. Er ist bei Twitter—@CraigSJ

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