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Der BAMM!-Moment: Westbam

Im ,BAMM!-Moment' erzählen gestandene Künstler für YNTHT, wie sie zum Musikmachen gekommen sind. In der Ausgabe featuren wir den DJ-Pionier WestBam.

Der Spiegel nannte Maximilian Lenz alias Westbam neulich den Elder Statesman der DJ-Kultur. Das ist die freundliche Art, jemanden einen alten Sack zu nennen. Wir nennen ihn lieber den Generationenvermittler. Schau nur mal auf die Featureliste seines neuen Albums Götterstraße, also dem Soundtrack zu seinem 30-jährigen DJ-Jubiläum: Iggy Pop, Kanye West, Richard Butler, Brian Molko, Lil Wayne… Ein Klassiker mit aktuellen Megastars vereinendes Line-up, mit dem kaum jemand sonst aufwarten kann. Die Musikwelt weiß eben, was sie dem DJ-Pionier zu verdanken hat. Dabei unternahm Westbam die ersten musikalischen Gehversuche in der Münsteraner Punkszene. Für uns erinnerte er sich daran, wie er als Punker zur elektronischen Musik kam.

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„Diesen einen Erweckungsmoment, diesen BAMM, gab es in der Form bei mir gar nicht. Es war eher ein Erweckunsprozess, so eine Wahrnehmungssache. Ich war mit 14 Punk, es war 1979, also an sich schon die Post-Punk-Zeit, aber die frühe Punkzeit in Deutschland. In Deutschland gab es 1976 keine Punks. Da gab es vielleicht Leute, die sich zu Karneval als Punk verkleidet haben. Es war schon nicht mehr die Phase, wo es dieses arbeitslose-proletarische-jugendliche Sex Pistols-Ding war, sondern wo es durchaus auch schon in die elektronische Richtung ging. Ich war Klischee-Punk mit Bundeswehrstiefeln, Spiky-Hair, Lederjacke, Bondage-Trousers und RAF-Badge, aber meine Lieblingsbands waren DAF und Cabaret Voltaire. Ich habe zu DAF mehr Pogo getanzt als zu Stiff Little Fingers oder solchen Bands. Wire fanden wir auch cool – auch eine fast schon avantgardistische Band. Der Plan fanden wir gut – auch elektronisch. Der Plan fand man gut, aber immer wenn die auf eine Bühne kamen, wurden die runtergekegelt, dann wurde mit Bier geworfen. DAF waren die Könige. Die waren Punkrock, aber eben auch elektronisch. Ich habe ja dann auch 1986 auf der DAF-Tour als DJ gespielt. Als Punk habe ich keine Band zehn Mal gesehen. Aber DAF schon. Ich habe keine Band so häufig gesehen. Dieses repetitive, monotone und die Beats von Robert Göhrl, das war da alles schon da.

Ich wurde dann DJ, weil ich elektronischen New Wave spielen wollte. Und dann kamen plötzlich so Sachen wie „Planet Rock“ – das fand man ja dann auch cool. Bei den HipHoppern war das ganz ähnlich, die waren am Anfang in der Bronx allein und haben Funk gehört. Und irgendwann vermischte sich das mit Punkrock. Auf meinen ersten 12“-Veröffentlichungen 1987, 1988 steht ja auch Disco Riot drauf. House war noch nicht so präsent und als Punk gab man sich natürlich anti-Disco, aber man fand es eigentlich auch geil. Man fand nur dieses Saturday Night Fever-Ding Scheiße. Man fand John Travolta Scheiße. Dieses Geleckte. Aber Funk und HipHop und Dancemusic fand man cool. The Clash sind ja das beste Beispiel. Deren Einflüsse von Dancehall und New Wave-Dance, das fanden wir alle toll. Auch Fehlfarben. In den frühen Achtzigern gab es also schon diese Mischung aus Elektronik, Dance und Punk-Attitude. Und das ist bis heute meine Schule geblieben."