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Rudi Wranys Clubkultur-Jahresrückblick 2015

2015 war ein schwieriges Jahr für die Clubkultur in Wien und Österreich. Crazy Sonic blickt zurück.

Alle Fotos: Gersin Livia Paya

Alle 14 Tage blickt Rudi Wrany aka Crazy Sonic in seiner Kolumne „Rudis Brille“ auf das Nachtleben in Wien und Österreich. Heute wirft er einen ausführlichen Blick auf das Jahr 2015.

2015 ist sicher das schwierigste Jahr, auf das ich zurückblicke. In kaum einem Jahr gab es so viele sich gegenseitig konkurrierende Clubs und Partys wie heuer. Und gleichzeitig weiß man jetzt schon, dass drei Clubs 2016 zusperren beziehungsweise umbauen und sich neu erfinden. Daneben setzte sich der Trend der Gruppen und Nischenbildung auch in musikalischer Hinsicht fort. Speziell im House- und Technosegment gibt es gefühlt 100 Propheten, die meinen, den einzig wahren Sound zu verkünden. Manchmal klangen dann Postings wie Postulate, Kampfaufrufe und Durchhalteparolen. Dazu wird natürlich auch ein bisschen gedisst und fertig ist das Gemisch an Unzufriedenheit und Selbstzweifel. Wer es wagt, einen „Hit“ (also einen Track zu spielen, den man auf Beatport bekommt), der landet sofort in der Kommerzecke. Das sind meiner Meinung nach die Gründe, weshalb bei den österreichischen Techno- und Houseacts und Labels wenig weiter geht.

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Klar, es gibt gute Produzenten und talentierten Nachwuchs, es gibt sie, die kleinen feinen Labels, aber eben klein und fein. Was Dorian Concept mit seinem „autodidaktischem Jazz“ erreichte oder Camo & Krooked im Drum'n'Bass-Sektor an die Spietze hievte, fehlt am Dancefloor total. Ja, es gibt Luv Shack, ja es gibt die Schönbrunner Perlen, ja es gibt Matt Mor und Florian Kaltstroem oder Pischinger & Dermota. Aber je mehr sich die berühmte alte Garde der 90er Jahre zurückzieht und sich auf Produzenten-, Lektoren- und Kuratorentätigkeit beschränkt, desto klarer ist erkennbar: Da würde viel mehr gehen. Überall hat Österreich tollen Nachwuchs—ich muss jetzt nicht erst Bilderbuch erwähnen—nur beim 4/4-Sound kochen alle ein bisschen im eigenen Sud. Vielleicht zählt der Prophet im eigenen Lande nichts und man muss hinaus wie einst Electric Indigo, Flo Meindl oder Cassy, doch gerade etwa Kruder und Dorfmeister (haben sich übrigens immer noch nicht wiedervereint), Ilsa Gold, Pulsinger & Tunakan, Elin, Vienna Scientists, Makossa und Megablast, DJ DSL oder Wolfram zeigten ja, dass es auch von Wien aus klappen kann. Einzige Ausnahme für mich sind HVOB, denen es gelungen ist, ohne viel Lärm große Produktionen zu starten und die Herzen der Fans im Sturm zu erobern.

Was haben wir sonst noch zu bieten?: Ein Hitparadenprojekt namens Filous, das mit dem Robin Schulz-Schmäh die Herzen der Teenies erobert und als Elektroniknachwuchs gefeiert wird. Nun ich hoffe, der durchaus talentierte Junge verwendet seine Künste in Zukunft auch für etwas anderes, nicht nur für das Editieren von Schmachtfetzen. Und auch die Möwe fliegt schon ein bisschen im Kreis, doch dürfte dies wohl gewollt sein.

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Nun zu den Clubs:

PRATERSAUNA & VIEiPEE

Wir wissen mittlerweile vieles. Die Sauna schließt mit Ende Jänner 2016, sie wird von DOTS-Macher Martin Ho übernommen und umgebaut, aus ihr soll ein schicker Club werden, der weiter Veranstaltungen ausrichten wird. Die Pratersauna wird es also auch 2016 geben, sie wird bloß anders aussehen. Ob das ankommt wird die Zukunft zeigen. Wer Martin Ho kennt, weiß, dass er modernisieren und anpacken kann, schauen wir uns das einmal an…

Anfangs hat sich die Pratersauna ja in diesem Jahr schon einmal neu erfinden wollen: Man wollte die Eigenveranstaltungen neu forcieren, mittels einer Klubnacht, ganz ohne Facebook, dafür-nach einem kurzen Umbau im Februar—mit einem neuen Floor. Das Konzept ging trotz spannendem Line Ups nur teilweise auf, in Wien auf Facebook zu verzichten war ein zu mutiger Plan. Die Leute in Wien wollen „attenden“, sehen wer noch alles attendet, wenn die Resi nicht hingeht, dann hats doch keinen Lack und der Traum davon, Wien wäre voller mündiger, musikaffiner Besucher verpuffte in der Sommerhitze. Auch das Format Nacht- (beziehungsweise) Abendschwimmer hätte besser laufen können. Auf ganz große Namen wurde verzichtet, es gab aber viele feine Acts, die dann zumeist vor halbleerer Hütte zu früher Stunde ihr Set herunterspulten, während sich im benachbarten VIEiPEE die Leute in die Schlange stellten um beim Mixwoch abzuposen.

Besser liefen in der Sauna die Fremdformate (StromClub, Verkehrte Welt, Schwarzbrot, Luft und Liebe), vielleicht auch weil die einstmals so geölte Promomaschine etwas ins Stocken geraten war. Am allerbesten klappte dieses Jahr—auch bedingt durch den Wahnsinnssommer die Daytimeparty 5-Uhr-Tee, die an diversen Sonntagen und erstmals durchgehend bei schönem Wetter die Massen anlockte. Aber die beiden Macher haben Aufwand und Ertrag abgewogen und sich entschieden, die Sauna knapp sieben Jahre nach der Gründung abzugeben. In jedem Fall ein Riesenverlust für uns.

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Im selben Gebäude, gleich nebenan eröffnete eben jener Martin Ho im März nach (sehr) kurzer Umbauphase den HipHop- und R'n'B-Club VIEiPEE. Und er nütze den gegenwärtigen Hype geschickt, denn die Leute kamen in Massen, auch wenn es hier ganz sicher nicht immer um Musik geht. Voll zugedröhnt Basketball spielen, im Garten chillen und drinnen posen, alles ging, und das bei beachtlicher Lautstärke. Erstaunlich war, wie viele bekannte Gesichter man dort traf: „Die Hasen san soo scharf..“ hieß es oft. Und wer es geschafft hatte, sich an der als Kunstfigur getarnten Selektorin vorbeizuposen, fühlte sich in eine andere Welt versetzt. Ich wusste bis dato ja gar nicht, dass es sowas in Wien überhaupt gibt—aber ich war verblüfft. Jedenfalls war das alterwürdige Gebäude am Praterrand eine heiße Aktie, darum auch das lange Ringen um die Neuübernahme.

FLEX

Das Flex hatte es auch 2016 nicht gerade einfach. Zwar wurde mit der Freitagsserie Hugo ein Zeichen gesetzt und durchaus dicke LineUps gebucht, es kamen wohl auch anfangs genügend Leute, aber als es wieder kalt wurde, stockte das Ganze etwas. Die Einzäunung des Open Air-Bereichs, von manchen spöttisch Fort Flex genannt, entpuppte sich als zweitbeste Idee, auch dürfte dem Betreiber ein wenig der Nimbus der Schwierigkeit anhaften. Aber es gibt eben rund um den Donaukanal noch immer viel zu tun, Genehmigungen stehen noch aus und die finsteren Gestalten auf der Brücke haben auch noch kein neues Zuhause gefunden, wofür eigentlich die Polizei zuständig wäre, doch die winkt immer wieder ab.

Drum'n'Bass und Breakbeatformate laufen aber immer noch sensationell, und mittlerweile gibt es auch wieder eine große Anzahl an Konzerten am Kanal. 2016 könnte, wenn alles glatt geht, ein besseres Jahr für die alte Dame werden, zumindest wurden 2015 ja die Konkursgespenster vertrieben.

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FLUC & WERK

Auch schon eine Institution am Praterstern ist das Fluc. Mittlerweile laufen dort viele Undergroundformate von Detroit bis Hardtech, von Drum'n'Bass bis HipHop zusammen. Dem Fluc und dem Werk kann man getrost das vielstrapazierte Attribut „Underground“ anheften, gerade auch der kleine Club neben der Forelle gilt für viele als wohltuende Alternative zu den Hipster-Hochburgen. Während das Werk einige Male mit der Forelle gemeinsame Aktionen veranstaltet (Kernschmelze) würde ich mir wünschen, das Fluc täte dies auch, zumal die traumhafte Positionierung unter dem Praterstern geradezu ein aufgelegter Elfmeter wäre. Wann kommt endlich ein Praterfestival wo ALLE an einem Strang ziehen?

Foto: Stefanie Katzinger

GRELLE FORELLE

Die Grelle Forelle hat vieles richtig gemacht im Jahr 2015. Auch wenn manches etwas (zu) elitär daher kommt, es gibt für wirkliche Technofans kaum eine bessere Option in Wien. Auch weil es vielleicht der einzige Club der Stadt ist, der nicht in Nöten steckt. Daher sah man dort heuer auch die ganz großen Namen, egal, ob man sie nun sehen will oder nicht: Villalobos (über dessen Auftritt schieden sich die Geister, dass er zu spät begann steht außer Frage), Liebing, Faki, Dettmann, Loco Dice, Hawtin, Maceo Plex, Recondite oder Robert Hood. Es kamen viele Legenden und aufstrebende Sterne. Die Preise derselben können sich Fremdveranstalter ohnehin nicht leisten, darum ist es gut, wenn es einen Club gibt, der diese zumindest einmal im Jahr nach Wien holt. Daneben gibt es erfolgreiche Konzerte, viele weitere Eigenformate, einige ehrgeizige Fremdveranstalter, kleinere Festivalaktivitäten und mittlerweile wieder einen regulären Zugang über das Parkhaus (was tatsächlich eine Wohltat ist). Was nach wie vor fehlte war eine adäquate Terrassennutzung, regelmäßig gut funktionierende Wochentagspartys (ein paar Donnerstage ausgenommen) und eine Idee, wie man der langen Schlange an kalten Wintertagen zuteil wird.

Doch 2016 soll es einen Umbau geben, die Kitchen soll zum echten Restaurant werden und damit wird dann auch das Problem, dass die Forelle an manchen Tagen einfach zu groß wirkt, gelöst sein. Auf jeden Fall wird dort immer „hart“ oder „noch härter“ gefeiert, das erinnert ein wenig an Berlin, ab und an wird auch an der Tür selektiert, in Wien stets ein Unterfangen mit Shitstormpotenzial, aber das ist Kritik auf hohem Niveau.

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KANTINE

Die Kantine stürmte Ende 2014 in die Wiener Clublandschaft und man musste Angst haben, sie würde für die anderen nichts übrig lassen. Doch irgendwann, 2015, mussten auch die Macher erkennen, dass ein bisschen System dem Ganzen geholfen hätte, denn es gibt eben nicht nur Headliner. Faktum ist, dass die Kantine recht schnell ein Stammpublikum aufbauen konnte, das treu war, auch wenn es einmal nicht so rosig lief. Und Sven Väth und AKA AKA am selben Tag zu buchen lockte eher die Herren vom Magistrat an, als die Identität des Clubs zu stärken. Immerhin war es 2015 leichter für die Clubpromoter, Absprachen zu treffen und auch war das Ausgraben einiger alter Formate wie „Classics“ sicher besser als immer krampfhaft Top DJs aus dem Ausland zu buchen. Für viele Nörgler war die Kantine ab und an zu rustikal, zu teuer und der Sound der Function One zu scheppernd. Stimmungstechnisch erschien es mir jedoch besser als in manchem Nerdclub, das mag auch daran liegen, dass der Anspruch und die damit verbundene Reaktion auf das Gebotene beim Kantinebesucher nicht so weit auseinanderklafften wie bei anderen. Als DJ konnte man sich dort jedenfalls über mangelndes Feedback nicht beklagen.

Am 16.1. ist Schluss, dann wird abgerissen und es soll „eskalieren“, was dann kommt ist noch offen, es soll aber baldigst bekannt gegeben werden.

SASS

Das Sass schaffte nach dem etwas undurchsichtigen Neustart 2014 in diesem Jahr auch die Abendformate so zu präsentieren, dass sie an Profil und Kontur gewannen. Als beliebtester Kleinclub der Stadt hatte man das Ding ohnehin schon in sein Herz geschlossen. Und selbst wenn der Besitzer manchmal mit seinem Zynismus Gassi ging, man kam trotzdem wieder. Und entgegen den Prognosen mancher wirkt die Afterhour Morgengymnastik nun wesentlich homogener, auch vom Publikum her, vielleicht gerade eben, weil der Sound gemischter ist.

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CELESTE

Das Celeste ist ein Phänomen. Das Ding gab es schon so lange, doch erst in den letzten Jahren entpuppte es sich zu einem Treffpunkt für Großclub- und Kommerzverweigerer. Man findet musikalisch vieles, was unter Liebhaberei fällt, aber Liebe ist das wichtigste in der Musik. Es geht nicht um Star-DJs, teure Eintritte oder das fetteste aller fetten Soundsysteme, es ist ein bisschen Berlin, vielleicht finden sich gerade deswegen dort gerne so viele deutsche Studenten ein. Die FPÖ Margareten drohte dem Celeste bei einem Wahlsieg mit der Lärmkeule, ich halte die Daumen, dass alles gut bleibt und kein Market- oder Morrisson-Schicksal droht.

AUSLAGE

Die Auslage tat sich schwer anfangs, doch sattelte richtigerweise im Laufe des Jahres ein wenig um. Man muss sein Glück nicht ständig nur im engen Korsett des Techno/House suchen. Mit anderen Formaten war sie durchaus erfolgreich (Goa, Drum'n'Bass, Queer), zumeist der Lieblingsort der Anhänger von etwas reduzierterem Sound (Stadtpark/Sunday Mornings). Ich respektiere das, ein bisschen stört es mich lediglich, wenn man aus dieser Ecke ab und an zu hören bekommt, man hätte den Gral der Elektronik genau dort gefunden, das ist Nischendenken. Aber ich finde die Betreiber und Residents machen ambitionierte Arbeit, die Lage kann man nun mal nicht ändern.

CHAYA FUERA

Das CHAYA FUERA hatte mit Underground nicht viel zu tun, aber war gut besucht, vielleicht gerade deswegen. Von Happiness bis Technoheurigen, gab es viele „Clubbings“, auch viele Konzertshows.

VOLKSGARTEN

Samstags immer noch eine Bank im Sommer. Dazu einige gut funktionierende Formate wie Draußen Kalt und Drinnen Warm, Eventuell Groß Lifeballafter, Gang Peng oder Mode Talking . Das beste Beispiel für „Wenn sich fünf streiten, freut sich der Sechste.“ Musikalisch durfte man samstags durchaus auch über die Stränge schlagen. Vielleicht gibt’s ja dort einmal ein großes Festival, wenn schon sonst nirgendwo, wenn dann traue ich das den beiden Betreibern zu.

PASSAGE

Wer?

ROXY

Das Roxy lebt immer noch und dank HipHop und artverwandter Musik gar nicht schlecht. Villalobos werden wir dort keinen mehr zu sehen bekommen. (Für die Jüngeren: er spielte dort 1999 seinen ersten Wien-Gig.)

LEOPOLD

Das Leopold liegt günstig und wollte schon in der Vergangenheit eigentlich nie H&T supporten. Dieses Jahr rüstete man um, es kamen sowieso keine alten Leute, also bitte wozu. Selbst artgerechte Formate wie Bande a part passten sich dem Zeitgeist an. Gut? Schlecht? Wurscht. Das Leopold bleibt ein Touristen-Hotspot, aber das zumindest mit Niveau.

ARENA

Die Arena wäre eigentlich der beste Platz für Open Airs und Festivals, es gab dort ja auch einige Veranstaltungen, die diesem nahe kamen. Aber die alten Platzhirschformate Iceberg (wurde der Legende nach von Maria Theresia erfunden) & Co machen es nicht leicht. Bitte Arena, denke um, lasse mehr zu, das wäre sinnvoll.

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Was es sonst noch gab:

SPONTANTECHNO entfachte ein Facebookhype der Extraklasse, als es Ende April bei 30 Grad 2 Tage vor dem Event hieß „WARUM DENN NICHT“. Gute Frage: Warum eigentlich nicht? Es folgten Events am Vienna City Beach Club, dem Ibiza von Kaisermühlen, und am Dach der Kantine. Warum aber das Ganze am Jahresende als „szenefördernde“ (Eigendefinition) Freeparty bei null Euro Eintritt im Rathaus stattfinden musste, konnte keiner so genau erklären (außer vielleicht der Partydoc). Szenefördernd sieht irgendwie anders aus, auch wenn die Intention eine gute gewesen ein mag.

ELECTRIC SPRING & POPFEST

Anstatt einmal in ein echtes grenzüberschreitendes (elektronisches) Festival zu investieren, wird seitens der Stadt Geld in ein fragwürdiges Projekt gepumpt, das einen Namen hat wie ein EDM-Großereignis. Während das Popfest als Turbo für die österreichische Musik immer größer (zu groß?) wurde und als Kuratoren Musikschaffende mit weitreichender Erfahrung an seine Spitze stellte, dürfte der kleine Bruder nun zu einem Klon davon werden. Auch hier gibt’s Kuratoren, die kleine österreichische Musikjournalistenszene teilt sie sich auf wie eine kleine Sachertorte. Auch wenn es keine Freunderlwirtschaft sein sollte, ist es fragwürdig und nicht zwingend wichtig für die Stadt.

VIELE GRATIS MUSIC HANGOUTS

Egal ob Donau, Heuer oder Pavillion, Gönner,Tel Aviv Beach oder Schikaneder: Gratis feiert es sich immer noch am besten, säuft es sich am leichtesten und lässt sich am plaubsibelsten erklären, warum man ausgeht: Fortpflanzung. Im Jahr 2015 hatte man das Gefühl, dass Eintrittzahlen so out ist wie Bier aus Gläsern zu trinken.

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URBAN ART FORMS

Auch genannt „ultra arger Flop“. Wieder in Wiesen, und das gleich auch zum letzten Mal. Nächstes Jahr wird umgerüstet, kein Wunder nach der heurigen Performance. Nur die Drum'n'Bass-Kids feiern immer noch. Kein Wunder…sie bleiben ja (Nu Forms).

KAUM OPEN AIRS

Außer Spontantechno, und die begaben sich auch in sichere Häfen. Wien, die Weltstadt verbietet alles und drückt es in die Illegalität. Vielleicht noch ein Electric Summer gründen, dann hätten wir wenigstens ein subventioniertes Fest. Aus Rücksicht auf die kleinen illegalen Minifeste, die es natürlich sehr wohl gab, verzichte ich hier Namen zu nennen. Summer Break war gut gemeint, aber da könnte mehr gehen, wenn man schon drei Tage hat, um in Wien zu feiern und in alle Clubs gratis zu gehen, dann sollte man den Mitwirkenden auch noch mehr bieten. Stattdessen muss man sich genervt fragen, ob man an solchen Tagen nicht besser daheim bleibt. Open Air am Rathauplatz und Parade schön und gut. Das wäre ein vorhandenes Gerüst für ein wienweites Festival und nicht bloß ein Gerippe.

PRATER UNSER/SOUNDFRAME

Ein paar kleine Festivals gab es natürlich, aber sie wurden eher kleiner denn größer, es gibt kein Geld, da muss man wohl ins Pröll-Land gehen, um am Donaufestival wirklich großes Kino in der Weltstadt Krems(!!) zu sehen. Bald kommt Thomas Ziehofer Kin nach Wien um die Festwochen zu leiten, vielleicht wird es dann anders.

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SPRING in GRAZ

Auferstanden von den Toten, aufgefahren gegen Dom im Berg , es war eine gelungene Wiederbelebung des Stadtfestivals. 2016 wird grösser, besser und wieder mit der Postgarage. Wien, nimm Dir ein Beispiel. Und außerdem gibt’s ja auch das ELEVATE….

RAVES GIBTS WOANDERS

Großveranstaltungen am elektronischen Sektor haben in Wien ungefähr den Ruf der Beulenpest. Schade, denn woanders lebt dieses Metier noch, bei uns beschränkt es sich auf die Wiederauferstehung von Hypnotic, sonst war da nicht viel. Ungarn bitte kommen…aber da ist doch die Politik.

LOVE LAKE FESTIVAL

Draußen an einem kalten See, da ist es doch schön, wenn man ein Festival machen könnte. Ja, wenn es gut organisiert ist und man etwas zu trinken bekommt. Aber seien wir nicht zu streng, vielleicht gelingt es im 2. Anlauf, es war ein Versuch mit Potenzial.

RAVE ON SNOW

Im Winter, wenn kein Schnee liegt, fahren alle Bayern nach Saalbach. Ein paar Österreicher dürfen auch dabei sein, wenn die deutsche DJ-Elite gefühlte 20 Floors beschallt. Warum wir das nicht zusammenbringen, stattdessen aber abschätzig darüber mosern, weiß dort niemand. Ja klar, ein bisschen Ballermann ist dabei, aber besser als das was hierzulande läuft..

SNOWBOMBING

Dasselbe in weiß in Mayrhofen, dort sind es die Engländer. Die meisten von denen wissen gar nicht, was Österreich ist, darum gibt’s erst gar keine (oder kaum) Karten, außer man ist mit Carl Cox befreundet und darf im Heli mitfliegen.

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LIGHTHOUSE FESTIVAL

War zwar nicht in Österreich, aber die Pratersauna-Macher haben mir heuer das tollste und somit dringlichst weiter zu empfehlende Festival seit 1999 (damals Sonar) geschenkt, das ist nunmal am Meer in Porec. Leider auch 2016 wieder zur selben Zeit wie das Spring.

R.I.P
CAMERA, seit den 70ern Wiens verruchteste Disco, nun still entschlummert. Zu still.
VIEW CLUB bei der WU, geschlossen nach der Eröffnung, es war doch zu laut. Mal was Neues!

ROTER HEINZI. Sein trauriger Tod wirft die Frage auf, wie lange man im Queens Club noch wird Party machen können.

WOZU?

TECHNOHEURIGEN

Es gibt den Technoball, gut, wer sich in die Panier hauen mag und im Kursalon Hübner mit Fliege(r) 30 Minuten auflegen will. Ok, da gibt’s was zu sehen. Warum man aber jetzt im Chaya Fuera einen Technoheurigen veranstaltet mit VIP-Service und Trachtenempfehlung würde auch Hans Moser nicht zum Lachen bringen: „Ist doch lustig..“ Ja, eh, manche finden es auch lustig, Katzen auf den Schwanz zu treten oder mit Hasen Lasso zu spielen: DAS IST NICHT LUSTIG!!!!

TECHNO CAFE

Die Kehrseite der Medaille: Lauter Schnösel und sonnen(studio)gebräunte Jungmanager begeben sich aufgedonnert an heißen Sommernächten in den Volksgarten Pavillion und geben dort viel Geld aus, um dabei gewesen zu sein. Man hört ein bisschen Mzzzz, manchmal wird auch HipHop gebucht, egal, hier geht’s um Hormone.

ALBERT UND TINA

Die „Ach wir sind ja so kreativ“-Partie rund um die Jessas-Kreuziger versammelte ähnliches Volk jeden Mittwoch auf, in und um die Albertina. Nur mit schlechterer Gastro und noch weniger Inhalt. Man nahm ein Gesichtsbad und dann ein Zungenbad im Prosecco. Dann doch besser noch ein paar Hipstercafes mit „Liebe und so“ gründen, dort gibt’s wenigstens guten Espresso.

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VERGNÜGUNGSSTEUER

Eine Demütigung für alle Veranstalter. Die groß versprochene Erleichterung zieht sich wie ein Kaugummi durch die Instanzen. Vor Ende 2016 ist nicht mit einer Änderung des Ist-Zustandes zu rechnen, bis dahin müssen wir noch seltsam gekleideten Herren beim Besucherklicken zusehen. Die Steuer ist vollkommen veraltet und das System ist nicht mehr nachvollziehbar, weshalb es für alle gleich angewendet werden sollte.

BUNDESLÄNDER

STEIERMARK/GRAZ

In Graz tut sich jedes Wochenende einiges, allerdings beklagen viele Steirer, dass es außer der Postgarage zu wenig gäbe. Fast alle Clubnächte konzentrieren sich auf die beiden Floors der Nummer 1 in Graz. Nun es gibt aber auch viele Großevents Dom im Berg, und seit neuestem auch elektronische Events im PPC, wo Daniel Morgenstern—nach der Trennung von Martin Freudentanz—seinen etwas diffusen Bookingslalom fährt: Mit seinem Baumschulformat PlemPlem, wurde gebucht, was gut aussah (Hauptsache Titten!) oder schon einmal funktionierte. Mal Deborah De Lucca, dann wieder The Advent und darauf Tube und Berger, egal, Hauptsache PlemPlem. Ich werd nicht schlau daraus. Daneben hat auch ein neuer kleiner Club, das Hanson eröffnet, hier gilt es noch abzuwarten. Das Lake Festival gabs auch noch, aber man hatte den Eindruck, es stand im Wettkampf mit dem Frequency, jedenfalls dominierte EDM, und Techno führte ein Schattendasein. Aber wenigstens gibt es ja noch Spring und Elevate.

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LINZ

Dort begann es mal, heute beginnt dort eher Langeweile. Die Tischlerei schloss im Sommer, eröffnete dann wieder neu, aber irgendwie hat man den Eindruck, als wäre man nicht mehr ganz mit dem Herzen dabei, die Formate sehen jedenfalls so aus, aber man kann sich auch täuschen. Partys wie „Tanz Dich frei“ oder „Ho Ho Hobeln“ sehen jedenfalls ein bisschen so aus, als bräuchte man wieder kreativen Input. Daneben gibt es kleinere Bars und Musikcafes mi DJ-Line. Auch sonst ist Oberösterreich eher arm an Events geworden. Ausnahme, und ich kann es nicht oft genug wiederholen: Thomas Stelzhammers Pressure. Mitten im Nirgendwo kommen zwei Mal im Jahr die Massen von überall her, so wird’s gemacht!

SALZBURG

Die konservative Mozartstadt besitzt immerhin zwei Clubs: Den undergroundigen Felsenkeller und das etwas studentische Soda, beide laufen gut, der Felsenkeller kämpfte zuletzt etwas mit den Sperrzeiten. Im konservativen Salzburg ist eben nicht alles so einfach. Electronic Motion nahm sich dieses Jahr etwas zurück, damit gab es auch weniger Großevents. Dazu kam noch das EDM-dominierte Electric Love-Festival, das wohl eines der wenigen Großevents hierzulande war, die richtig voll waren. Ein Rückschluss, dass Salzburg EDM-Hochburg ist, wäre aber gewagt.

INNSBRUCK/TIROL

Sehr studentisch, viele kleine Clubs: Tante Emma, After Shave, Kubic, an sich gibt es eine Szene, allerdings dominieren auch seit neuestem eher Drum'n'Bass und HipHop, große Technonamen einmal ausgenommen. Erwähnenswert die Ruhestörung-Crew mit ihren generübergreifenden Formaten, die Bemühungen des Q West in Kufstein oder des Younity Festivals im Zillertal.

VORARLBERG

Gemessen an der Tatsache, dass es im Ländle keine echte Metropole gibt, gibt es eine pulsierende Szene. Conrad Sohm, Rauch Club, Opal in Lochau, Poolbar-Festival, Spielboden, das hört sich gut an. Vielleicht auch deswegen kommen aus Vorarlberg besonders viele DJs und Crews, ein bisschen eigenbrötlerisch wirken sie oft, aber das mag an der Distanz zu Wien und der damit verbundenen „mir san mir“-Mentalität liegen.

KÄRNTEN

Ein paar zarte Pflänzchen gibt es: Stereo in Klagenfurt, Takt:art mit ihren kleinen Events in verschiedenen Locations, und vor allem Techno am See, das diesen Sommer am Millstaätter See für Furore sorgte. Aber Kärnten hat trotz optimaler Voraussetzungen eine zu kleine Szene.

Was bleibt noch zu sagen?

Nun es hat auch vieles funktioniert. Gerade in Wien wurde Techno 2015 ganz groß und der Robin Schulz-Schmonzes wechselte den Planeten und wurde Ö3. Das ist gut, vor allem durch die hervorragende Arbeit einiger Promotoren. Zwei möchte ich besonders erwähnen. Gerald van der Hint, der mit gleich vier (!) Formaten (Meat Market, Fish Market, F+++cken/plus und Mutter) ständig neue Inputs gibt und mit seinem DJ-Team beinahe immer übezeugt, vor allem aber beim Booking neue Wege geht. Auch beim Posten auf Facebook ganz vorne dabei. Man darf getrost „Technopolizei“ sagen, und das meine ich diesmal positiv, denn es muss manchmal gesagt werden, was nicht jeder sagen will. Und Matt Mor von Wechselstrom, für den in etwa dasselbe gilt.

Und damit habe ich fertig und wünsche frohe Weihnachten und einen guten Rutsch und wer es bis hierher geschafft hat, dem verrate ich, dass ich Silvester in Wien unspannend finde.

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