Die Stolpersteine, über die Ausländer fallen können, wenn sie sich 2017 in der Schweiz einbürgern wollen, werden je länger je mehr. Dieses Jahr machte bereits der Fall von Funda Yilmaz, eine 25-jährige in der Schweiz geborene Tochter von türkischen Eltern, Schlagzeilen: Weil sie bei der üblichen Befragung sagte, dass sie bei Aldi einkauft, wurde ihr dies von der zuständigen Kommission als Unwille zur Integration ausgelegt – weil sie die lokalen Dorfbäcker und Metzger nicht kenne. Erst nach grossem medialen Hickhack gewährte der Einwohnerrat ihrer Wohngemeinde Buchs im Aargau Funda doch noch den Schweizer Pass.
Jetzt scheinen die Zeiten für einbürgerungswillige Ausländer in der Schweiz noch härter zu werden. Nicht nur die Wahl, ein Aldi-Kind zu sein, kann dir zum Verhängnis werden, auch dein Name könnte problematisch sein – und für den können die Allerwenigsten etwas. In einem Kommentar beschwert sich der stellvertretende Chefredaktor der Köppel-Zeitung Weltwoche Philipp Gut, dass “die Stadt Zürich einen staatenlosen Mann einbürgern will, der sich ‘Jihad’ (heiliger Krieg) nennt.” Jihad A. lebe seit 12 Jahren mit seiner Frau und Kind in der Schweiz, schreibt 20 Minuten. Weil die Behörden aus Datenschutzgründen, wie in Zürich üblich, keine Details zum einbürgerungswilligen Jihad rausgeben können, wettert Gut in seinem Kommentar gegen eben diese: “Dass die Verantwortlichen einen Jihad unbesehen zum Schweizer machen, bleibt in Zeiten des Terrors und der Einschleusung von Gewalttätern unter dem Deckmantel des Asyls unverständlich – und verantwortungslos.”
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In der – zugegeben nicht gerade repräsentativen aber doch erstaunlichen – 20 Minuten–Umfrage haben über die Hälfte der knapp 5.000 Stimmenden Verständnis mit Guts Sorgen. Auch auf Twitter empören sich erste SVP-Leute: Camille Lothe von der jungen SVP Zürich twittert “Geht’s noch?” und schiebt die Schuld der Ausländerpolitik der Stadtpräsidentin zu, während zwei SVP-Politiker bereits eine schriftliche Anfrage mit ganzen 17 Fragen – darunter solche wie, ob er den Namen selbst gewählt hätte – an die Stadt Zürich gestellt haben.
Was Philipp Gut und die SVP wohl nicht wissen: Jihad ist in muslimischen Ländern ein gebräuchlicher und gewöhnlicher Name und einer wie viele andere. Jihad bedeutet übersetzt soviel wie “sich bemühen” und kann auf für das persönliche Bemühen im Glauben stehen. Nach dem 11. September und des vermehrten Aufkommens des Begriffs Jihad als Bezeichnung für den heiligen Krieg wurden verständlicherweise immer weniger Kinder so benannt. Trotzdem konnte sich Jihad A. aus Zürich seinen Namen genauso wenig aussuchen, wie alle Kevins, die anfang der Neunziger das Licht der Welt erblickten und sich heute Witze über ihren wenig einfallsreichen Vornamen anhören müssen – und genauso wenig wie es auch bedeutet, dass der Weltwoche-Autor Phillip Gut nur Gutes tut, nur weil er Gut heisst.