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You Need to Hear This

Lebt Dubstep eigentlich noch?

Hat Skream das Genre getötet, das er mitgegründet hat? Wir haben uns das mal genauer angeschaut.

Wenn du die kraterartigen Wellen des Dubstep von Zeit zu Zeit mal ein wenig verfolgt hast, dann wirst du mitbekommen haben, dass alle drei, vier Monate ein Haufen Trolle, die nach dem „Ich habe das zuerst gehört“-Mantra leben, dieses Genre verunglimpfen. Sie rügen jeden Künstler, der es sich finanziell gerade gut gehen lässt, während der Rest der Welt Party macht und sich die Haare von Subwoofern föhnen lässt.

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Aber trotzdem, vielleicht ist es dieses Mal anders. Denn dieses Mal ist es Skream, der sich dem Sound abwendet—und das ist ein wenig bedeutender, als wenn sich Pinch oder Loefahs davon abwendet, Fruityloops zu vergewaltigen und zu behaupten, sie hätten damit ein neues Genre erschaffen. Selbst wenn er im Daily Star mit den Worten „Dubstep ist tot“ falsch zitiert wurde und selbst wenn er nur gesagt hat, dass er nur vorerst keine weitere Dubstep-Show mehr spielen wird, scheint es trotzdem so, als hätten eine Menge Leute diese Nachricht sehr ernst genommen und daraus ein relevantes Gesprächsthema gemacht. Ministry of Sound legen ihr hyper-kommerzialisiertes, im Fernsehen beworbenes The Sound Of Dubstep mit einer finalen, retrospektiven Compilation zu Grabe und die größte Dubstep-Nacht in Berlin findet diesen Monat auch ihr Ende. Es sieht so aus, als würde da etwas im Gange sein.

Ich sprach mit einem renommierten Insider der Szene—er wollte nicht, dass ich hier seinen Namen nenne, weil er Angst vor den tausend Todesdrohungen in den Facebook-Kommentaren der FACT hatte—der sagte: „Dass Skream falsch zitiert wurde, war letztlich nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, in Bezug auf die Anziehungskraft dieser Industrie. Es tut mir Leid für all die Dubstep-Produzenten, die in den letzten Jahren Verträge von den Majors bekommen haben, aber ihre Alben nun nie veröffentlichen werden, weil die Leute nur noch das neue Disclosure-Album haben wollen. Die Buchungen für Dubstep-Acts sind dieses Jahr auf den Nullpunkt gesunken—ehrlich gesagt, plädieren die Promoter wahrscheinlich am meisten für den Tod der Szene. Die Kids da draußen wollen es noch immer, aber in England bucht so was keiner mehr, also müssen sich die Produzenten weiterentwickeln.“

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Wie steht es also um die Zukunft der Dubstep-Produzenten? Werden sie jetzt einfach ihre Lohnsteuerkarte nehmen und beim nächstbesten Plattenladen, Bookshop oder Saturn anfangen? „Die Leute werden damit schon über die Runden kommen, aber es ist dann wie mit einer Band, die nur auf Tour geht, um all die alten Hits zu spielen—sie werden für immer damit beschäftigt sein, neues Material zu schreiben, aber keiner wird sich darum kümmern, sie stecken in der Zeit fest, bis sie irgendwann sang- und klanglos von der Bildoberfläche verschwinden. Mittlerweile weiß kein Mensch mehr, was Dubstep überhaupt bedeutet—du sagst das Wort, aber du hast keine Ahnung, ob das nun Knife Party oder Mala bedeutet.“

Vielleicht ist das nur eine Anpassung an die Tage, als es im Dubstep noch um Kreativität und schweißgetriebene Raves ging und nicht um den offiziellen Soundtrack von irgendeinem Film. Junge Produzenten tauchen immer wieder auf, seien es nun Künstler, wie Subzee D oder Pixel Fist, die sich eher um die Raves kümmern, oder feinsinnigere Maestros, wie Bukez Finezt, Prism oder Compa, die sich alle jeweils eine eigene nette Karriere aufgebaut haben.

Und darüber hinaus kann ich auch nicht sehen, dass sich Hatcha, Distance, Tunnidge oder sogar Caspa und Dub Police in naher Zukunft vom Dubstep abwenden werden. Ein kleiner Hinweis meinerseits: ich habe den nicht kleinzukriegenden Hatcha dabei geholfen, sein eigenes Hatched-Label an den Start zu bringen (klopft mir ruhig auf die Schulter). Jetzt sehe ich die ganzen Demos, die Tag für Tag reinkommen und das zeigt mir, wie hungrig einige Leute sind, neues Zeug zu produzieren und zu hören, vor allem die ganzen Youngsters.

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Dubstep war noch nie ausgesprochen cool, sondern stand schon immer etwas abseits des Rauschens der hyperbeschleunigten Post-Internet-Kultur. Ironischerweise ist es die Beharrlichkeit, den Dingen ihre Zeit zu lassen, und die Ablehnung des Hypes, die dem Genre erlaubt haben, eine solide Basis aufzubauen und trotzdem so schnell zu expandieren. Es ging nie um den Verrat an irgendwelchen Underground-Idealen, sondern nur um das natürliche Wachstum eines höchstinfektiösen Wirkstoffs.

Das alles bedeutet, dass selbst wenn es jemals eine spekulative Blase rund um dieses Genre gegeben hätte, und diese mittlerweile geplatzt sei, die Musik sehr tief in der Kultur verwurzelt ist und somit noch für viele Jahre existenzfähig sein wird. Wenn Marcellus Pittman, Omar S oder T.Williams jetzt eine atemberaubende House-Platte veröffentlichen würden, würdest du diese dann pauschal von dir weisen, nur weil sie oberflächlich betrachtet einem 25 Jahre alten Stil ähnelt? Nein, es sei denn, du bist eine ziemlich verbitterte Person, die kein Spaß am Tanzen findet. House-Tracks sind noch immer lebensfähig, weil sie mit der Funktionsweise verknüpft sind, mit der ein menschlicher Körper in einer rhythmusbetonten Umgebung arbeitet, und genau das steckt auch im Dubstep. Klar, es wird nicht mehr die schwindelerregenden Höhen aus dem Jahre 2011 erreichen, aber es ist ein Sound, der zu allererst immer nur vor rund 30 Leuten gespielt wurde, also kann ihm ein kleines bisschen Schrumpfen nicht schaden.

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Selbst wenn Dutzende Schüler der 2003er Croydon Class wohl nie wieder einen 140 BPM-Track machen werden, dieser Stil hat unzählige leidenschaftliche Fans rund um den Globus und ist zu tief in die Struktur der Subkultur eingewebt, als das er einfach so verschwinden könnte. Genres sind wie die griechische Hydra—schlägst du ihr einen Kopf ab, dann wachsen auf der Stelle drei weitere nach. Das letzte Jahrzehnt des Drum & Bass bewies, dass sobald ein kreativer Funken vorhanden ist, immer wieder neue Formen kreativen Ausdrucks gefunden werden. Ein Blick auf Google Trends ist dabei ziemlich aufschlussreich. Im letzten Jahr wurde der Begriff Dubstep öfter als HipHop gesucht. Obwohl die Zahlen schon ziemlich heftig eingeknickt sind, stehen wir noch immer auf dem 2010er Level des Interesses—und falls du dich nicht daran erinnern kannst, das war ein verdammt hoher Popularitätsgrad.

Das ganze Genre justiert sich gerade neu. Ja, Skreams Bewegung weg von dem Genre, das er selbst geprägt hat, ist eine Neuigkeit, genau wie hysterischen Reaktionen darauf. Aber Dubstep soll tot sein? Ist das dein Ernst?

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