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So wirkst du in jedem Wiener Club wie ein Stammgast

Sei auf jeden Fall nicht du selbst.

Foto von der Autorin

"Was soll ich anziehen?" Eine Frage, die die Menschheit jedes Wochenende bewegt. Eine Frage, die sich jeder schon gestellt hat. Besonders, wenn es nicht in den Stammschuppen geht. Obwohl wir in Wien eine wirklich liberale Türpolitik haben: Fehl am Platz möchte sich niemand fühlen und das geht hier ganz schnell. Besonders im Sommer hat man Zeit auch die Clubs zu erkunden, in die man vielleicht nicht geht. Und seien wir uns ehrlich: Man möchte jeden Club wie ein Stammgast rulen.

Damit du nie wieder Nervenzusammenbrüche erleiden musst, haben wir für dich ein bisschen zusammengefasst, wie du nicht sofort als Nicht-Stammgast auffliegst. Plus: Wir haben auch Benimmregeln gesammelt. Nie wieder fehl am Platz, nie wieder fremd in der Disco.

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Natürlich kann der Club selbst nur bedingt etwas für seine Gäste. Es ist die ewige Frage der Clubbetreiber: Was war zuerst da? Ein gewisses Stammpublikum oder ein Club-Programm, dass sich auf dieses Stammpublikum einstellt? Wir werden es nie erfahren. Bevor sich Stammgäste aufregen: Natürlich ist das nicht wirklich so. Niemand, der in deinen Lieblingsladen geht, schaut so aus. Alle sind total individuell. Aber besonders du und dein Freundeskreis. Tut mir leid, wenn du dich verletzt fühlst.

Volksgarten

Collagen mit Polyvore erstellt, bearbeitet von Samantha Tobisch. Hier könnt ihr alle Sets sehen.

Der Volksgarten ist keine Diskothek, sondern eine Institution. Es geht hier ums Sehen und Gesehen werden—weniger ums Tanzen. Frauen und Männer leben hier in einer wunderschönen Welt. Einer Welt, die der von 1950 gleicht. Hier fühlen sich die meisten Gäste in den festen Geschlechterrollen von damals wohl und sicher. Der Mann bringt die Wodka-Flasche, das Mädchen schaut gut aus. Individualität ist hier auf die Haarfarben der Mädels beschränkt—aber nicht auf ihre Frisur. Man ist hier unter sich. So wie es sich für einen Garten des Volkes gehört. Einen Garten des BWL- und JUS-studierenden Volkes. Des Volkes mit großen Familien, die noch größere Kontakte für ihre Praktika haben. Deshalb lohnt sich ein Besuch in den Volksgarten—wenn man es richtig macht, checkt man sich eine sichere Job-Zukunft. Und somit finanzielle Sicherheit.

Dresscode: Männer fahren am besten mit der Hemd-Jeans Kombination. Geföhnte Haare oder ein Seitenscheitel, um auch zu zeigen, dass man eh Jus/Wirtschaftsrecht/IBWL/BWL studiert. In diesen Hallen ist Schein mehr als Sein, da passt das neueste Apple-Produkt perfekt. Genauso wie die Uhr, die man zur bestandenen Prüfung von der Taufpatin bekommen hat.

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Frauen haben meistens "schwarz ist geil"-Kleider an—samt High Heels und Locken. Achtung: Die Locken nur in den Spitzen, da ein ganzer Lockenkopf auch wieder out ist. Oder um es kurz und für beide Geschlechter zu sagen: Ziehe dich an, wie sich ÖVP-Wähler anziehen.

Benimmregeln: Lache auf gar keinen Fall zu viel—das könnte dich als lebensfreudig und glücklich verraten. Und jeder weiß, dass nur arme Menschen, die den sterbenden Kapitalismus nicht verstanden haben, sorglos lachen können. Lächle nur in einer sexuell aufgeladenen Interaktion. Bestelle eine Flasche, um nicht aufzufallen—am Anfang des Abends solltest du nur mit deinen Geschlechtsgenossen bei der Flasche stehen.

Wenn du ein Mädchen bist: Mache auf jeden Fall ein Foto mit deinem iPhone im Gang mit den lila Lichtern. Stelle es auf Instagram mit der Caption: "Girls Night Out" und addiere mindestens drei Emojis. Das Mädchen-Emoji, das Mond-Emoji und das Martini Glas-Emoji haben sich am besten bewährt. Fange auf gar keinen Fall mit Politik an—dieses Hobby hat nur die mittellose Fußvolk-Schicht. Wenn sie zur Sprache kommt, sei pseudo-liberal. Oder scheiß ganz drauf und zeig deine wirtschaftliche, kühle und emotionsbefreite Sicht der Dinge.

Fluc

Das Fluc ist dem Volksgarten gar nicht so unähnlich: Auch hier geht der Dresscode und die Benimmregeln Hand in Hand. Nur umgekehrt. Im Fluc ist es cool, 16 zu sein oder auch einfach mittellos auszusehen. Beziehungsweise "alternativ". Das Fluc hat aber immer unterschiedlich ausgerichtete Veranstaltungen, deshalb würde ich ganz speziell die Goa/D’n’B/Tekk-Partys empfehlen, die mittlerweile für das Fluc auch typisch sind. Obwohl es etwas “abgenutzt” aussieht—der Charme des Flucs liegt im Gästebereich. Hier kannst du sein, wer du willst und du wirst akzeptiert. Wirklich egal wer.

Dresscode: Es ist weit und es ist aus Baumwolle. Pyjama-Hosen erleben ein Revival und hier ist der Ort, wo du sie tragen solltest. Nichts unterstreicht dein alternatives Dasein mehr als ein Rucksack. Also ein richtiger, nicht so ein hippes Turnsackerl. Überhaupt: Hip ist hier eher uncool. Macht Sinn, oder?

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Mädels können auch mit einer hässlichen Batik-Stofftasche kommen, die kann man gegebenenfalls selbst basteln. Keine Uhren und kein Schmuck aus Metall. Auf gar keinen Fall hohe Schuhe. Du bist hier nicht im Volksgarten. Du bist hier dann ja trotzdem nicht nicht im Volksgarten. Halte dich an Baumwolle, Holz und weitere Stoffe, die Mutter Natur uns geschenkt hat, damit wir sie ausnehmen und hässliche Batik-Taschen daraus basteln.

Benimmregeln: Apropos Stoffe, die Mutter Natur uns schenkt: Vergiss deine Papers und frage jeden Gast, ob er nicht ein oder zwei Papes hat. Du kannst eigentlich auch nach Tabak und ähnlichem fragen. So tritt man zusammen in ein Gespräch und lernt Menschen kennen. Am besten eignet sich der gesamte Clubbereich dafür. Schnorren ist hier das A und O der Kommunikation. Biete im Gegenzug Kaugummis an oder schnorr die einfach auch. Setze dich zumindest für eine halbe Stunde in die abgefuckte, vollgekotzte Wiese und lerne weitere Menschen kennen.

Cafe Leopold

Das Cafe Leopold ist die Hochburg der coolen und intellektuellen Hipster. Natürlich auch nicht immer—je nach Fest sieht man auch eingefleischte HipHopper. Da aber US-HipHop der neue Indie ist, werden auch auf diesen Festen coole Menschen mit Weltschmerz im Herzen überwiegen. Hier hängen Menschen herum, die auf der Uni Wien studiert haben, es noch immer tun oder sich wünschen, sie hätten die FH in Unternehmungsführung für ein Studium an der Uni Wien eingetauscht.

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Hier geht die Kleidung und das Benehmen nicht Hand in Hand. Die Menschen hier tragen teures Zeug aus dem Internet oder von coolen Shops, die keiner aussprechen kann—tun aber einen auf low life und das Zeug schaut auch genauso aus. Das abgefuckte Turnsackerl hat 100 US-Dollar plus 30 US-Dollar Liefergebühr gekostet, darauf kannst du Gift nehmen. Im Café Leopold trifft man meistens die Hälfte der Menschen, die man auf Tinder gematcht hat. Wahrscheinlich ist es der einzige, ernstzunehmende Aufriss-Schuppen in Wien.

Dresscode: Nimm das Geld deiner Eltern und bestelle im Internet. Am besten bei Marken, die hier niemand kennt, aber die irgendwo auf der Welt (= Modeblog reicht auch) der letzte Schrei sind. Ein Turnsackerl ist Pflicht, genauso wie ein Knödel als Frisur. Frauen können auch einfach ihre Stirnfransen glätten, aber der Knödel kommt besser. Coole Sneakers dazu und voilá. Wenn du kein Geld hast, dann ziehe dich einfach schwarz an. Das kommt immer gut. Enge Hosen nicht vergessen. Am besten wählst du ein ausgebleichtes schwarz. Ausgebleichtes Schwarz macht schlank und es spiegelt deinen Weltschmerz wider.

Benimmregeln: Stelle dir vor, dass du nur zynische Lebensfreude in dir trägst. Du findest eigentlich alles an der Welt scheiße. Depressionen sind aber nicht so der Partybringer, sei deshalb einfach zynisch. Finde Drake, selbstgedrehte Zigaretten und Makava gut. Bestelle dir unbedingt Wodka-Makava.

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Du hast auch Moneyboy gemocht, aber nur zirka ein halbes Jahr. Yung Hurn hast du auch ur gefeiert, aber auch nicht lange. Benutze das Wort "whack" und "on fleek". Polygame Beziehungsformen findest du interessant und grundsätzlich bist du ein menschenfreundlicher Feminist—egal, welches Geschlecht du hast. Egal, was du sagst, schau, dass es progressiv, offen und nicht mainstream ist.

VIEiPEE

Das VIEiPEE ist quasi der rappende Voga. Mit dem Unterschied, dass der Status hier nicht so wichtig ist wie Geld. Geld ist hier das A und O—vor allem Männer erwerben hier gerne überteuerte Wodka-Flaschen. Das Outfit ist auch nicht so markenbetont wie im Volksgarten. Es reicht, wenn es sehr cool aussieht. Intellektuelle Themen wie Politik, Weltschmerz und so ein Blödsinn gehen hier gar nicht. Rede nicht allzu viel. Knutsche so schnell wie möglich. Und Achtung: Es gibt hier hierarchische Formen. Wenn du einen Sitzplatz hast, dann bist du jemand. Diese Menschen sind wahrscheinlich wirkliche Stammgäste oder einfach viel reicher als du. Deshalb solltest du sie besser nicht blöd ansteigen. Dafür spielt dieser Laden Rihanna. Voller Respekt von mir und Rüge an alle anderen Lokale. Wien braucht mehr Rihanna.

Dresscode: Frauen sollten sich tendenziell eher freizügig kleiden. Unsere Publikumsrecherche hat ergeben, dass dies dort der letzte Schrei ist. High-Heels sind ein Muss, weil man ja ohne scheiße aussieht. Außerdem kommt man ansonsten eher nicht rein. Laut der Bewertungsseite zumindest. Ziehe dich auf keinen Fall so an, als würdest du eine waschechte HipHopperin sein. Also Baggypants, weite Shirts und Kappen für Frauen gehen in diesem HipHop-Club gar nicht. Stell dir vor, dass jederzeit einfach Flo Rida um die Ecke kommen könnte und du spontan in seinem neuen Video eine der hundert Frauen bist.

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Männer sollten auch vom realen HipHop abweichen—lass dich nicht vom Sound des Clubs täuschen. Hemden sind was für den Voga, bleibe eher bei hochkarätigen Shirts, teueren Sneakern und so leicht lockeren Hosen. Es sei denn, du hast wirklich viel Geld, dann kannst du auch Hemden tragen. Ein Cappy kann man schon bringen—wenn die anderen Dinge passen.

Benimmregeln: Back to the roots! Hier geht’s eindeutig um den Aufriss. Wegen der Musik ist niemand da. Außer es wird Rihanna gespielt. Aber das versteht sich doch von selbst.

Als spärlich gekleidete Frau lässt du dich am besten einladen—oder lernst einen Mann mit Wodka-Boot kennen. Wackle mit deinem Arsch zum realen Rap des Clubs. Stichwort Flo Rida. Gib alles, Baby. Pass auf, dass du mit deinen High-Heels nicht umknickst. Natürlich hast du auch den neuen Lippenstift der Kardashians oben. Benimm dich einfach wie eine der Schwestern.

Männer sollten, um Frauen zu beeindrucken, eine Wodka-Flasche erlegen. Seid cool. Fragt die Frau vor euch erst viel später, wie alt sie ist. Natürlich achtet aber das VIEiPEE strengstens darauf, dass keine minderjährigen, weiblichen Wesen ihre Hallen betreten. Aber wir wissen, wie viel älter man mit High-Heels und dem matt-braunen Karadshian-Lippenstift wirken kann. Schau du am besten, dass du schon beim Anstehen Mädels um dich hast. Oder diverse Karten beziehungsweise Kontakte, sonst kannst du das mit dem Reinkommen knicken.

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Praterdome

Praterdome. Der arme Neffe des VIEiPEEs. Hier triffst du auf Menschen, die ganz oft "Oida", "Heast" und andere Wiener-Worte sagen. Hier ist die Wiener Kultur versammelt, um sich aufzureißen und zu paaren. Weiters trifft man auch auf Studenten aus Deutschland und Menschen aus Nicht-Wien, die es einfach nicht besser wissen. Weil es eine wirklich große Diskothek ist, geht man leicht verloren und trifft auf viele verschiedene Menschen. Der Praterdome ist so gesehen das offenste und liberalste Tanzlokal Wiens. Poly-Abbrecher trifft auf Arbeiter, trifft auf Student. Eine Mischung, die nicht immer gut geht.

Dresscode: Frauen und Leggins verbindet eine Liebe, die man im Praterdome noch getrost feiern kann. Genauso wie Tally Weijl-Wasserfall-Tops und Creolen. Zur Abrundung des Outfits noch Ballerinas und schon bist du in der elitären Praterdome-Gesellschaft eingegliedert.

Männer tragen löchrige Jeans und haben einen coolen, protzigen Gürtel aus ihrem Kroatien-Urlaub um die Hüfte. Grundsätzlich gilt für beide Geschlechter: Es ist echt OK, sich so anzuziehen, als würde man in die Nachtschicht anno 2005 gehen.

Benimmregeln: Schaue niemanden länger als zehn Sekunden an, sonst risikierst du eine "Fetzerei". Das ist wienerisch und steht für provokative Aussagen, die selten aber doch manchmal in einer Schlägerei ausarten können. Männer können sich mit ihrem Verdiensten im Automaten-Casino schmücken, Frauen sollten auf ihren Sprachgebrauch achten und ganz besonders oft das Füllwort "Oida" benutzen.

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Entweder ein österreichischer Dialekt oder eben wienerische Worte sind wichtig—"Oida" ist das Nonplusultra. Der Security ist dein Gott, er lässt es dich auch wissen. Wenn er es dich wissen lässt, bist du wahrscheinlich kurz vorm Rauswurf. Reg dich laut auf und schmeiße Dinge um dich, wenn es so weit kommt. Aber nicht die Karte wegschmeissen, sonst wird es teuer.

Grelle Forelle

In die Grelle Forelle gehen Menschen, die eigentlich gerne in Berlin wohnen würden. Die wenigsten sagen es laut, da es mittlerweile echt uncool ist, in Berlin wohnen zu wollen. Deshalb wird man von Berlin nie etwas hören, aber das ständige Gefühl haben, dass der Wunsch über dem ganzen Club hängt. Die meisten wohnen nicht in Berlin, weil ihre Matura oder Abitur einen Notendurchschnitt von 3,4 hat und somit nirgendwo auf der Welt zu gebrauchen ist—außer eben in Wien. Die Forelle ist die abgefuckte Schwester vom Cafe Leopold. Beide spielen zeitweise HipHop, die Grelle Forelle setzt aber auch hochkarätigen Techno. Ernsthaft: Die Forelle hat den besten Techno-Sound der Stadt.

Dresscode: Genau wie im Cafe Leopold gilt es auch hier Knödel, Skinny-Jeans und Raver-Schuhe zu tragen. Auch wenn du niemals illegale Substanzen eingenommen hast: Ziehe dich so an, als würdest du es tun. Keine hohen Schuhe, keine auffälligen Gürtel. Alles clean, hip und praktisch. Lustig bedruckte Shirts oder auch diverse lustige Akzente sind hier willkommen, weil sie ein bisschen an Berlin erinnern. Skinny-Jeans für Männer und bauchfreie Tops für Frauen sind der momentane Flow. Der ändert sich aber so schnell wie das Internet. Deshalb ist es wichtig, stets up to date zu bleiben.

Benimmregeln: Die Getränke deiner Wahl bestehen immer aus zwei Zutaten. Gin Tonic, weißer Spritzer oder auch Wodka-Makava sind deine Leibgetränke. Sitze cool im hinteren Bereich, schaue alle mit einem Smartphone böse an. Es ist hier—wie auch zum Beispiel in Berlin—verboten, Fotos zu machen und du bist der Hüter dieser Regel.

Tanze vorne zu monotonen Beats und bezeichne es als das "Set deines Lebens". Benutze niemals das Wort "Berlin". Außer du erzählst von deinem letzten oder nächsten Urlaub. Ansonsten kannst du irgendetwas über die schöne Seite Skandinaviens, deinem eigenen Kreativprojekt oder von der echt coolen Doku, die du letztens auf ORF III gesehen hast, faseln. Achtung: Jeder dritte männliche Gast in der Forelle ist ein DJ. Fange nicht an, über Techno zu reden—das wird nur lang und anstrengend.

Fredi auf Twitter: @schla_wienerin

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