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Dieser Mann verkauft seit 20 Jahren legale Drogen auf britischen Festivals

Und jetzt versuchen sie ihn loszuwerden.

Vor ein paar Tagen hat Glastonbury als letztes großes britisches Festival legale Drogen von seinem Festivalgelände verbannt. Damit haben sie sich über zwanzig anderen Festivals angeschlossen—inklusive Reading, Bestival und Lovebox. Für die Mitteilung haben sie ihre Website verdunkelt, die Nachricht „Sei nicht im Dunkeln über legale Drogen“ dort veröffentlicht und für 24 Stunden nichts auf Social-Media-Plattformen gepostet.

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Viele Veranstalter haben den Eindruck erweckt, dass von diesem Verbot nur ein paar einzelne Kunden betroffen sind, die auf den Festivals legale Rauschmittel konsumieren oder verkaufen, obwohl die Festivals tatsächlich über Jahrzehnte offizielle Stände für diese Art von Rauschmitteln erlaubt haben. Herbal Highs, vielleicht der bekannteste von diesen Ständen, ist bereits seit 20 Jahren fest mit dem Glastonbury, Womad und anderen Festivals verankert. Auf der Website der Firma sieht man stolze Fotos und Videos von zufriedenen Kunden auf britischen Festivals.

Ich habe mit Donal von der „beliebtesten Firma für legale Rauschmittel“ gesprochen, um mehr über die Konsequenzen dieses Verbots zu erfahren und zu hören, was seine Pläne für die Zukunft von Herbal Highs sind.

Noisey: Warum sind legale Rauschmittel in letzter Zeit zu so einem Thema geworden?
Donal: Das ist eigentlich schon seit längerer Zeit ein Thema. Die Veranstaltungen werden immer kommerzieller und die Städte und Verwaltungen haben es schon seit Jahren auf legale Drogen abgesehen. Vor ein paar Jahren gab es überall Lachgas und auf einmal wurde es über Nacht bei jeder Veranstaltung verboten. Das geschah nicht aus rechtlichen Gründen—es waren definitiv Lizensierungsgründe—die Städte und Ämter haben den Festivals einfach gesagt, dass sie nächstes Jahr keine Lizenz bekommen, wenn sie nicht nachgeben.

Fühlst du dich von den Festivals verraten?
Natürlich, aber unglücklicherweise ist es in ihren Augen ein Fortschritt. Mehr Fortschritt, weniger bürgerliche Freiheit. Als wir vor 25 Jahren auf diesen Festivals angefangen haben, war alles viel offener und freier. Die Events wurden immer kommerzieller und mussten sich immer mehr Regeln und Vorschriften unterwerfen. Sie sind immer steriler und emotionsloser geworden. Das nimmt dem Ganzen jede potenzielle „Gefahr“, aber auch Möglichkeiten, Spaß zu haben.

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Hat dich diese Entwicklung überrascht oder hast du erwartet, dass so etwas passiert?
Wir sind in den letzten Jahren immer weniger auf Festivals. Das ist nichts Neues für uns.

Gibt es noch Festivals, auf denen ihr willkommen seid?
Ich persönlich habe zu fast keinem Festival ein schlechtes Verhältnis. Wir wurden aufgrund von Umständen von diesen Festivals verbannt, die nicht in den Händen der Organisatoren liegen. Wenn dir als Eventmanager gesagt wird, dass der Verkauf von legalen Rauschmitteln im nächsten Jahr die Lizensierung negativ beeinflussen wird, dann lässt du sie einfach nicht mehr zu. Ihnen wird nur die Wahl gelassen, ein Festival ohne die legalen Drogen zu machen oder gar keins.

Als die Festivals dir also „Nein, danke“ gesagt haben, hast du das einfach akzeptiert?
Wir konnten unseren Standpunkt nicht klar machen, da es nicht die Festivals sind, die das sagen—es sind die Ämter und Räte. Letztendlich haben wir nicht direkt mit den Leuten zu tun, die die Macht für diese Entscheidungen haben. Uns wird der Boden unter den Füßen weggezogen; alles was wir tun können, ist, unser Geschäftsmodell den sich verändernden Gegebenheiten anzupassen.

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Denkst du, dass das Verbot von legalen Drogen auf Festivals nur ein weiteres Beispiel für eine Hetzkampagne der Daily Mail ist?
Absolut. Unglücklicherweise gibt es in Großbritannien haufenweise Daily Mail-Leser—es ist die auflagenstärkste Zeitung in Großbritannien und es gab dort hunderte Schlagzeilen auf dem Titelblatt, in denen es hieß, dass legale Rauschmittel „tödlich“ seien oder „dich töten“ können und so gefährlich sind, dass man sie verbieten müsse. So verkaufen sie ihre Zeitungen. Dummerweise glauben die Leute den Zeitungen und diese sind an den Schlagzeilen interessiert, nicht an den sieben Leuten, die letztes Jahr gestorben sind, da sie Wespen verschluckt haben.

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Wie sehr werden euch die neuesten Veränderungen im Großen und Ganzen schaden? Wie sehen eure nächsten Schritte aus?
Unser Geschäft hing sehr eng mit den Musikfestivals zusammen—durch die gesamten 90er und 00er—und es ist sehr enttäuschend, dass wir dort nicht länger willkommen sind. Die Leute gehen nicht mehr wie vor 20 Jahren auf diese Events, um Geld auszugeben. Das ist heute ein ganz anderes Erlebnis.

In welcher Hinsicht?
Früher fand man immer eine tolle Mischung an Leuten dort. Heute muss jeder, der auf ein Festival gehen will, das Geld für die Tickets schon Monate vor dem eigentlichen Event auf dem Konto haben und mit Kreditkarte zahlen. Glastonbury hatte eine Lizenz für 80.000 Leute, aber es kamen immer 200.000 zum Festival. Die Leute sind über die Zäune geklettert, um reinzukommen. Sie waren nicht unehrlich und keine Kriminellen—das war einfach Teil des Festivalerlebnisses. Die Leute sind zu den Festivals gegangen, um einzukaufen; sie haben Geld mitgenommen, um Sachen zu kaufen, die es in den Städten nicht gab. Heutzutage findet man alles im Internet und wir sind Teil dieser Entwicklung, so hat sich unser Geschäft weiterentwickelt.

Verschwindet der Spaß so langsam von den Festivals?
Vor zehn Jahren war ich beim Reading Festival, vor dem Rauchverbot, und die Leute haben gefragt, ob man in der Arena rauchen könne—und dabei reden wir nicht über Zigaretten. Die Leute saßen um ihre Lagerfeuer und haben Musik gemacht und jetzt gibt es eine Brandschutz-Polizei, die die Leute davon abhält, ein Feuer zu machen, was dem Ganzen eher die Ähnlichkeit zu Konzentrationslagern, als zu den Festivals, die ich aus meinen 20ern kenne, verleiht.

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Was sagst du zu all den Statistiken und Zahlen, die im Zusammenhang mit legalen Rauschmitteln umhergeistern?
68,4% aller Statistiken sind erfunden. Die Zahlen sind Unsinn, sie haben gar keine Grundlage. Natürlich gibt es bei allen Arten von Spaß immer das Element des Risikos, ob das nun Sport oder Bergsteigen ist. Aber es geht darum, mit dem Risiko umzugehen. Wenn du eine komplett sichere Welt willst, dann müsstest du dich in deinem Zimmer einschließen und dich intravenös ernähren, weil du ja vielleicht eine Lebensmittelvergiftung bekommen könntet. Aber es muss doch eine Balance zwischen Risiko und sich in Watte packen geben.

Wie stellst du sicher, dass das, was du verkaufst, zu 100% sicher ist?
Wir machen unsere eigenen Tests. Wir haben einen chemischen Test machen lassen. Im Moment versuchen wir, eine unabhängige Vereinigung ins Leben zu rufen, um Leute, die legale Rauschmittel verkaufen, zusammenzuschließen, sodass nicht jeder individuell getestet werden muss. Wir nehmen die Sicherheit wirklich sehr, sehr ernst. Wir sind seit langer Zeit im Geschäft und wollen das auch noch eine Weile bleiben.

Hast du vor, deine Geschäfte vielleicht auf anderen Festivals in Europa zu machen?
Wir haben das schon gemacht und vielleicht ist das ein Weg, den wir stärker verfolgen werden. Aber Herbal Highs kennt man von britischen Festivals—wir müssten also wieder ganz von vorne anfangen.

Würdest du jemals wieder zu einem Festival in Großbritannien gehen, auch ohne Herbal Highs?
Wenn du auf diesen Veranstaltungen verkauft hast und so ein großer Teil davon warst, ist das natürlich schwer. Wenn du zu einem Festival gehst und nicht daran beteiligt bist, dann ist das ein sehr anderes Erlebnis. Und zwar kein Erlebnis, das ich besonders genieße.

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