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Der Bonaparte-Guide, um Musiker zu verstehen

Lesen Musiker Interviews? Warum schreiben Musiker ALLES GROSS? Wurden sie früher in die Mülltonne gesteckt? Was sollen diese Dreiecke überall? Bonaparte hat Antworten.

Musiker zu verstehen, ist nicht immer einfach. Ob jeglicher Output nun aus ihrem künstlerischem Selbst heraus sprudelt oder eine hilflose Reaktion auf das endlose Musikermeer ist, aus dem jeder einzelne mit Besonderheiten und Ecken herausstechen muss, um zu überleben, ist einfach schwer herauszufinden. Vielleicht handeln Musiker auch aus für uns Durchschnittsmenschen vollkommen unnachvollziehbaren anderen Beweggründen, wenn sie ihre Musik schreiben, sich Dreiecke auf die Stirn kleben oder ihre Künstlernamen maßlos verkacken. Um dem Ganzen auf den Grund zu gehen, haben wir uns die Musiker-Thematik von jemandem erklären lassen, der nicht nur den Durchblick hat und seit Jahren im Geschäft ist, sondern auch keinem seiner Kollegen in Sachen Wahnsinn nachsteht: Tobias Jundt von Bonaparte.

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Dass Bonaparte gerne mal abdrehen und der Frontmann immer ganz vorne mit dabei ist, müssen wir euch wohl nicht ins Gedächtnis rufen. Als ich das erste Mal mit Tobias Jundt zu tun hatte, kam er geschminkt und verkleidet aus dem Zoo, beim zweiten Mal legte er mir ein komplettes Fake-Interview vor die Nase und jeder, der Bonaparte schon mal live gesehen hat, weiß (oder weiß eben nicht), was auf der Bühne bei einer Bonaparte-Show vor sich geht.

Was wir aber an dieser Stelle ins Gedächtnis rufen wollen, ist, dass Bonaparte schon seit zehn Jahren als Band im Musikbusiness unterwegs ist, Tobias Jundt sich seit 20 Jahren Musiker nennt, vor zehn Jahren mit Christian Ulmen in der Band Cash Punk gespielt hat (Fun Fact), und das neue Album Bonaparte bereits das vierte veröffentlichte Studioalbum ist. Bonaparte eignen sich also problemlos als alte Hasen und als Guide, um unsereins die verrückte Welt der Musiker zu erklären.

Noisey: Warum haben Musiker immer Dreiecke im Bandnamen/Artwork/Merch?
Tobias Jundt: Dreiecke haben Musiker in ihren Namen, weil das alles verkommene Illuminaten sind. Auf den Dollarscheinen von den Illuminaten ist ja auch ein Dreieck. Und Musiker wollen Dollar, weil sie immer zu wenig davon haben. Nicht nur Jay Z ist ein Illuminat. Alle denken, sie nehmen ein Dreieck in ihren Bandnamen, damit es wiederum Jay Z und die anderen Illuminaten sehen können, die ihnen dann die guten Slots zuspielen. „Oh, plötzlich Headliner beim Melt!“

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Warum wollen Musiker, dass ihr Künstler-/Bandnamen komplett groß geschrieben wird?
Die Sache ist, dass Musiker meist gar keine Kleinbuchstaben schreiben können. Die nehmen den Stift in die Hand wie ein Schlagzeugstock und schreiben mit der Faust. Da gehen Großbuchstaben einfach besser. Und auch am Computer. Die wissen meistens gar nicht, dass Caps Lock an ist, wenn das leuchtet. Die denken nur: Yeah, Lock. Das ist wichtig, schau mich an. Bonaparte darf man auch nicht klein schreiben. Nur per Hand, im Computer erkennt er das sonst nicht, dann findet er nur Napoleon. Musiker wollen auch groß geschrieben werden, weil sie nie dazugehört haben. In allem, was sie tun, müssen sie ihre Neurosen ausleben, zum Beispiel mit Chili. „Mein Essen ist noch viel schärfer als eures, yeah!“ oder „Mein Bandname ist großgeschrieben.“ Oder „Ich muss nie schlafen!“, das ist alles eine Verarbeitung von Neurosen.

Warum denken sich Musiker so bescheuerte Bandnamen aus? Ohne Vokale z.B.?
Die wollen anders sein. Like an Umlaut in English. Man hat nie reingepasst und das Einzige, das du dann tun kannst, ist, extra nicht reinzupassen. Dann machen sie so komische Sachen, Dinge raushängen, wenn sie nicht raushängen sollten, immer anecken, immer im falschen Moment aufstehen oder was sagen, Lärm machen, laute Musik, zu viele Bässe.

Welche Rolle spielt Google?
Man muss bei allem, was man heutzutage sagt, an Google denken. Wenn man zum Beispiel ein Bankräuber werden will, muss man sich als Pseudonym Müller oder Meier nennen. Das ist gut. Wenn man Rockmusiker werden will, muss man was nehmen, was googlebar ist. Was total Abstraktes wie SBTRKT. Das findet jeder.

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Wurden alle Musiker früher in die Mülltonne gesteckt?
Ja. Alle Musiker wollen nur Liebe haben. Und weil wir früher keine Liebe von euch bekommen haben, stecken wir in unsere Musik so viel Liebe. Das ist unsere Rache. Dann merken die Typen, die uns in die Mülltonne gesteckt haben: Fuck, der kann zwanzigmal mehr Liebe geben als ich. Das ist unsere geheime Rache. Wer bringt jetzt den Müll raus, hm? Das kommt von ganz tief.

Die beste Droge für Songwriting?
Wenn diese Platte auf einer Droge entstanden ist, dann auf der Droge namens Chili. Wenn du scharfe Sachen trinkst, dann denkst du plötzlich nicht mehr, aber bist ein total gefühlsvoller Mensch und machst tolle Musik. Und wenn der ganze Körper brennt, weißt du gar nicht mehr, wo der Mund ist.

Lesen Musiker Artikel über sich selbst?
Ich glaube, es gibt zwei Lager. Die meisten lesen, was über sie geschrieben wird, was total bescheuert ist. Aber wir sind bescheuert, wir sind bescheuerte Menschen. Ich kann eigentlich nur Leute ernst nehmen, die kein Internetanschluss haben. Eigentlich ist es unwichtig, weil es in deinem Prozess der Kreation total egal ist, was irgendjemand über dich schreibt. Das ist in dir drin, du verarbeitest etwas, du schreibst etwas, was im Leben da draußen passiert, und es ist absolut egal, was jemand sagt. Je mehr man sich nicht darum kümmert, desto eher entstehen spannende Songs. Das ist auch wieder so ein Neurosending, dass man wissen will, was die da draußen denken. Im Endeffekt weiß man das aber eh nie, außer wenn man live spielt. Was ist schon ein Text? Das ist ja nur eine Ansicht.

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Warum veröffentlicht man erst so spät ein selbstbetiteltes Album?
Manchmal braucht man länger Zeit. Mein erstes Album war ja in den 90ern, irgendein Quatsch. Bei allen anderen Alben war es irgendwie klar, welche Periode es ist. Too Much war einfach too much, My Horse Likes You war die Liebe meines Pferdes, Sorry, We’re Open war einfach „Wir sollten mal Pause machen“. Diese Platte ist die Schnittmenge, glaube ich. Das neue Tor, das ich öffne, die Schnittmenge zwischen mir als Bonaparte und mir als Tobias. Es gab keine Periode, über die ich schreiben konnte. Eigentlich ist es die Periode, in der ich den Spagat zwischen Rock’n’Roll und den romantischen Traum, ein normaler Mensch zu sein, der ein Leben führt, mache. Das Menschliche am Leben und das „Ich mache aber seit Ewigkeiten diese Musik und es ist alles, was ich habe, und es ist das Tollste, Rock’n’Roll, ich will was spüren und alles geben.“ Die eine Seite ist Rock’n’Roll im Club-schlüprig und die andere ist total familiär hinter geschlossenen Türen. Es gibt viele Beziehungsthemen, die aber auch auf zwei Ebenen funktionieren. Es flutscht aber trotzdem, ist also keine Kopfplatte. Ich wollte der Platte irgendwie kein Titel geben. Das ist mir erst aufgefallen, als sie fertig war.

Wollen Musiker im Formatradio gespielt werden?
„Into The Wild“ wird bei Indiestationen gespielt, aber nicht bei den Sendern, die der Toni in seiner Autowerkstatt hört. Das finde ich interessant. Es ist ja auch egal, wo die Musik dann gespielt wird, schließlich ist es ja die Musik, die du machst. Wo die dann hinpasst, stellt sich am Ende heraus. Ich denke mir: Hm, das passt aber gut ins Radio, warum spielen die das nicht?

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Wenn Journalisten das Album scheiße finden…
…finde ich das relativ lustig.

Was ist Musikern am wichtigsten?
Der Publikumsmoment zählt. Der Moment, in dem der Mensch die Musik konsumiert. Der Moment, wenn man ein Konzert gibt, für den lebt man.

Bonaparte ist bei Warner erschienen. Holt euch das Album bei Amazon oder iTunes.

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