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one hit wondering

One-Hit-Wondering mit The Knack

Ihr wisst schon, die Typen, die „My Sharona“ geschrieben haben. Ich habe mich durch ihre Diskografie gekämpft, puh.

Jede Woche höre ich mir die gesamte Diskografie einer One-Hit-Wonder-Band an und lasse euch wissen, ob man sich auch die restlichen Songs anhören sollte. Diese Woche: The Knack.

Abgesehen davon, dass sie einen der bekanntesten Rocksongs unserer Zeit geschrieben haben, haben es The Knack nie wirklich geschafft, sich einen Namen zu machen, der sie zu Ruhm gebracht hätte: „My Sharona.“ Bei dem Release im Jahr 1979 war der Song so beliebt, dass er sofort auf Platz 1 der Billboard-Charts stieg und dort sechs aufeinanderfolgende Wochen blieb; man könnte sogar sagen, das Lied wurde nie wirklich totgespielt. Der Megahit besteht die Zerreißprobe der Zeit sogar so gut, dass er auch nach einigen Parodien und einer entsetzlichen (oder besser: erschreckenden) Interpretation von Bradford Cox immer noch als eine der bahnbrechendsten Hymnen des zwanzigsten Jahrhunderts gilt. Damals sah wirklich alles sehr vielversprechend für diesen Nachwuchs-Act aus und einige bezeichneten sie frühzeitig sogar als die neuen Beatles. Warum blickt man heutzutage also in ausdruckslose Gesichter, wenn man den Namen The Knack erwähnt?

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Vielleicht war ihr größter Hit auch gleichzeitiger ihr Untergang, weil die Band es nicht schaffte, der Sensation von „My Sharona“ gerecht zu werden—diese unwiderstehliche catchy Melodie, die sie nun mal ist, ist im Kern eigentlich sehr einfach (Frontmann Doug Fieger sagte einmal, dass es nur 15 Minuten dauerte, sie zu schreiben). Die Band zieht dieses hook-lastige Konzept durch ihr komplettes Debütalbum, Get the Knack, durch und macht damit so ziemlich jedes einzelne Lied zu Single-Material. (Bevor ihr mich jetzt zusammenscheißt: ich weiß „Good Girls Don’t“ war auf Platz 11 in den Charts, aber er ist nicht so dominant wie „My Sharona“ und dieser Song ist auch nicht besonders gut und äh, scheiß auf Formalitäten und HABT EIN WENIG NACHSICHT MIT MIR, OK?! Weiter geht’s…)

Get the Knack wurde 1979 bei Capitol Records veröffentlicht und wegen der vertrauten Verpackung, die an ein bestimmtes recht bekanntes Quartett erinnerte, bekam die Band eine Menge Kritik zu hören. Ihnen wurde vorgeworfen, sie versuchten zu sehr auf der Beatles-Welle mitzuschwimmen. Übrigens, welcher Art Director hat die zwei Typen links auf dem Knack-Album dazu gebracht, so fröhlich/gruselig zu gucken, während die zwei Typen auf der rechten Seite so ernst schauen? Dieses Konzept verwirrt mich sehr. Aber wie auch immer, ich tue mir sehr schwer bei dieser ‚Kontroverse‘ durchzublicken—wahrscheinlich weil ich in einer musikalischen Ära lebe, in der alles wie was anderes klingt—aber anscheinend haben sich einige an der Ähnlichkeit der Knacks zu den Beatles extrem gestört. Ihr Diebstahl-Ruf und, unter anderem, ihre Unwilligkeit, mit der Presse zu kooperieren, brachte einige Leute in der Musikszene in San Francisco und L.A. dazu, sich den wahnsinnig griffigen Slogan „Knack The Knack“ auszudenken. Wahnsinn, oder? Hatten diese Leute nichts besseres zu tun? Und oben drauf beleidigten The Knack noch einige Hörer, indem sie Lieder über Teenager-Mädchen schrieben, obwohl die Bandmitglieder selbst schon zwischen 26 und 28 Jahre alt waren. OK, aber ich glaube nicht, dass die Typen tatsächlich Pädophile waren; es ist nun mal so, dass sich jugendliche und fröhliche Songs über Teenager-Mädchen gut verkaufen und das wussten sie wahrscheinlich. Denkt mal darüber nach, wie viele Lieder es über 17-jährige Mädchen gibt (wie Sharona). Tausende! Außerdem Volljährigkeit und yadi-yadi-ya; Doug und Sharona waren vier Jahre oder so zusammen, also verstehe ich wirklich nicht, was das Problem hier ist.

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Frontmann Doug Fieger mit seiner kindlichen Muse und Damals-Freundin Sharona Alperin.

Wenn ihr jetzt immer noch perverse Schwingungen von dem alten Sack bekommt, ist hier einer der ehrlichsten und aufrichtigsten Songs des Albums, und gleichzeitig einer meiner Favoriten:

Da anscheinend nicht besonders viele Leute The Knack verstanden haben, versuchte die Band, sich mit einem nicht so subtil benannten Oberstufen-Song zu erlösen:

…But the Little Girls Understand

(Hahaha). Leider versteht

dieses

little girl (ich) diesen halbherzigen Versuch, alles wieder gut zu machen, nicht wirklich. Wenn überhaupt, dann kommen sie damit noch rattiger und langweiliger rüber als vorher. Je tiefer ich in ihre Diskografie abtauche, desto eher leuchtet es ein, dass man sich vor allem für „My Sharona“ an sie erinnert und danach nicht mehr viel gekommen ist. Ich dachte allerdings, dass das zweite Album gut sein würde. Ich wusste, dass Kurt Cobain ein Fan der Knacks war, also hatte ich erwartet, herauszufinden, dass sie eine ganze Reihe von unterschätzten Rockplatten auf den Markt gebracht haben. Allerdings ich bin mir nicht sicher, ob

unterschätzt

das richtige Wort ist. Sie waren, naja, mittelprächtig und, für meinen Geschmack, oft zu kitschig. Der eingängigste Song von dem Album ist „Mr. Handleman“, aber selbst der ist, akustisch gesehen, ein Beatles-Song für Arme und der Text geht um einen Typen, der seine Frau ausnimmt—eine Thematik, die die sowieso schon angeknackste Reputation der Gruppe nicht gerade verbesserte.

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Irgendwas in diesem Live-Video ist wirklich sehr seltsam.

Auf der dritten LP, Round Trip (1981), waren einige von den „Oh, das ist ziemlich gut“-Tracks drauf, aber meistens hat man diese dann genauso schnell wieder vergessen wie die vorigen. Nach dem fünften Song „Just Wait and See"—den ich tatsächlich ganz gut fand—stand ich so neben mir, dass ich noch ein paar Mal von vorne beginnen musste, nur um dann festzustellen, dass auch der ziemlich mittelmäßig ist. Kurz nach der Veröffentlichung und aufgrund einer weniger erfolgreichen Tour, einem verhalten angenommenen Album (Platz 93 in den US-Charts) und der sich abzeichnenden Einsicht ihres Absturzes, trennten sich The Knack.

…Und das hätte auch das Ende sein sollen. Aber anstatt getrennt zu bleiben, gab es ein paar Jahre später eine Reunion und sie versuchten mit Serious Fun 1991 ihr Comeback zu starten. Das anzuhören, machte mich richtig traurig, und rief den Wunsch in mir hervor, sie hätten aufgehört, als sie noch irgendwie respektabel waren. Und noch dazu klingt der Albumtitel Serious Fun einschüchternd, so als hätte eine Gruppe alternder Rockstars ein großes Versprechen abgegeben („WIR SIND ZURÜCK UND WERDEN EUCH VON DEN SOCKEN HAUEN“), sich dann aber herausgestellt, dass sie einen schwer enttäuschen. Genau das war hier tatsächlich der Fall. Ihr seid schon ein großer Haufen heiße Luft, The Knack. Ich muss zugeben, ich habe mich auch durch die nächsten Alben gehört, Zoom (1998) und Normal as the Next Guy (2001), weil ich so müde war von den ganzen Enttäuschungen, aber mir kamen teilweise Lyrics unter, wie „Alles, was du brauchst, ist Ehrgeiz!“ und das brachte mich dazu, meinen Kopf ziemlich stark zu schütteln. Oh Mann, The Knack.

Das Urteil? The Knack war technisch gesehen ein Two-Hit-Wonder, aber eigentlich nur ein One-Hit-Wonder. Wenn ihr sie euch trotzdem reinziehen wollt, gibt es eine handvoll Perlen auf Get the Knack zu finden, alles andere wird euch bestürzt zurücklassen. Es macht mich traurig, daran zu denken, dass Frontmann Doug Fieger in seinen letzten Jahren unter seinen Krankheiten litt und gegen einen Gehirntumor und Lungenkrebs kämpfen musste, bevor er im Februar 2010 starb. Wenn man von seinen ganzen musikalischen Fehlgriffen am Ende seiner Karriere absieht, ist alleine sein Beitrag mit „My Sharona“ Grund genug, um einen Eintrag in der Rock’n’Roll-Geschichte zu bekommen. Und deswegen werde ich ihn immer als den Typen in Erinnerung behalten, der an dieser Nummer, die einen dazu bringt, im Laden abzutanzen, mitgeschrieben hat (aus Reality Bites 1994):

Ruhe in Frieden.

@kristenyoonsoo