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Reviews

Musikreviews der Woche mit Aesop Rock und Animal Collective

Die Reviews diese Woche mit einem besseren Rapper als A$AP Rocky, einem Unterlassungs-Vertrag und dreckigem Black Metal.

DER WEG EINER FREIHEIT
Unstille
Viva Hate

Erinnert in bestmöglicher Weise an The Year Of Our Lord, frühe Undying, Day Of Suffering, die ersten Darkest Hour EPs und insgesamt die Zeit Ende der Neunziger, in der man im Kreise dieser Bands und mit Blick auf das nahende Millennium hoffte, diese ganze Scheiße würde nun endlich bald ein Ende haben. Mithin auch die Ära, in der aus Hardcore-Perspektive der norwegische Black Metal leicht umgedeutet wurde, und zwar so, dass das Feuer weniger in morsches Kirchengebälk, sondern unter den Arsch des Genres selbst geblasen wurde. Das haben damals nur wenige verstanden. Heutzutage ist Black Metal ja fast schon Pop, sogar die Musikgelehrten und Feuilletonschreiber reden darüber und Bands, die man optisch eher in der Traditionslinie der Hamburger Schule oder der Matrikel einer sozialpädagogischen Fakultät verortet hätte, nehmen sich des Themas an. Der Weg einer Freiheit gehören trotz leichtem Hang zur Öko-Romantik und trotz einigermaßen gesundem Teint nur bedingt in die Reihe dieser neuen Black Metal Bands, die nicht mehr im Dienste Luzifers, sondern bestenfalls noch als Schüler Peter Lustigs unterwegs sind. Fürs allzu übertrieben Esoterische ist ihr Sound eindeutig zu wissend, zu dreckig und zu geil.

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KERRY KINGSIZE

AESOP ROCK
Skelethon
Rhymesayers Entertainment

Aesop Rock, dieser ja geradezu altgediente Verfechter der komplexeren Reimkunst, hat sich in den letzten Jahren ein wenig zurückgezogen. Jetzt taucht er wieder auf und sieht sich mit einer Rap-Welt konfrontiert, in der ein Typ mit zum Verwechseln ähnlichen Namen, aber mit nicht mal im Ansatz zum Verwechseln ähnlichen Skills das Ruder übernimmt. Wie wird er all die Verwechslungen verkraften, wenn Leute sediertes, aus dem Wortschatz eines Zwölfjährigen geschöpftes Gebrabbel erwarten und stattdessen klingenscharfe und abstrakt komponierte Reimsalven um die Ohren geschleudert bekommen? Wie wird er reagieren, wenn an jedem Abend plötzlich fünf Mal so viele schrittfeuchte Püppchen wie sonst vor dem Backstage herumlungern? Dieses sehr gelungen selbstproduzierte neue Album verspricht: Es wird ausnahmslos alle ficken.

MY HOE IS MY CASTLE

ANIMAL COLLECTIVE
Centipede Hz
Domino

7

Mit der CD wurde mir ein Vertrag zugeschickt, nach dem ich in den nächsten sechs Wochen unter keinen Umständen irgendwas über diese Platte schreiben darf, um die „komplexen, internationalen Marketing- und Promotionpläne“ der Künstler nicht zu sabotieren. Tja, so ist das mit der marktkonformen Pressefreiheit: Die Leidtragenden sind am Ende die Steuerzahler, also ihr, verehrte Lesende, denn ich verdiene nicht genug, um Steuern zahlen zu müssen. Dafür werde ich die nächsten sechs Wochen jeden Tag diese CD hören und unter keinen Umständen darüber sprechen, denn ich habe Vertrag, wie Prinz Poldi sagen würde.

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GINA-LISA

O.CHILDREN
Apnea
Deadly People / Rough Trade

Ich habe manchmal Albträume, in denen mir Mashups erscheinen, die aus 80er- und 90er-Bauklötzchen zusammengesetzt sind. Taylor Dane meets Nick Kamen, solche Sachen. Neulich hab’ ich von Soundgarden geträumt, die von Alphaville gecovert wurden, oder meinetwegen auch umgekehrt. Nach dem Aufwachen war ich jedenfalls deutlich verwirrter als sonst ob der Morgenlatte. Was ich damit sagen will: das Zweitwerk von O.Children ist so ein ähnlicher Zerberus geworden, der unter eine immer noch unfassbar gute Stimme (Nick Cave meets Tom Smith) inzwischen leider nur drittklassigen Gothpop (Bob Dylan meets Samsas Traum) legt.

SNAP BROS