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Willow Smith weigert sich, weiterhin ein Kinderstar zu sein

Viele Künstler fangen mit Lo-Fi-Tracks bei Soundcloud an und verkaufen sich anschließend selbst, aber nur wenige machen das Gegenteil.

2010 hat Willow Smith über eine Million Downloads ihrer Single „Whip My Hair“ verkauft, die darauf folgenden Singles sind jedoch immer weiter hinten in den Charts gelandet—was vielleicht nicht überrascht, wenn man bedenkt, dass sie neun (!) Jahre alt war. Heute, vier Jahre später, ist aus dem prä-pubertären Pop-Projekt eine unerwartet kluge jugendliche Musikerin geworden, mit vielfältigen Einflüssen und einem Durchhaltevermögen, das eine einfache Popnummer zum Kopfwackeln überdauert hat.

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Vor vier Tagen hat Willow einen neuen Track namens „Your Love“ auf ihrer Soundcloud-Seite hochgeladen. Der Beat ist von The xx’s „Basic Space“ geklaut, die Soundqualität klingt nach Homerecording und ihr Gesang ist nicht unbedingt perfekt. Isoliert gesehen würde man es vielleicht für nichts besonders Tolles halten, aber wenn man bedenkt, dass diese Lo-Fi-Aufnahmen alleine von einer 13-Jährigen gemacht wurden, wird es zu einer verdammt interessanten Sache.

Es fühlt sich komisch an, die Musik eines Mädchens zu analysieren, das jünger ist als die Playstation 2, aber als Tochter des Fresh Prince of Bel-Air, etablierte Kinderschauspielerin und jüngste Künstlerin auf Roc Nation ist sie andererseits auch kein durchschnittlicher Teenager. Ihre wahnsinnig erfolgreiche Single „[](http://<iframe src=)

Willow Smith Feat. Nicki Minaj - Fireball from bubulounge on Whip my Hair“ hat den Massengeschmack bedient, ohne sich auf die heute gängigen Ideale von Sex oder wahnhaften Vorstellungen von Liebe zu stützen (obwohl das bei einem Kinderstar vielleicht auch gezwungenermaßen so sein muss), aber die darauf folgenden Tracks „21st Century Girl“ und „Fireball“ (unten), hatten es schwer, als irgendetwas anderes wahrgenommen zu werden, als ein naives, aber gut finanziertes Traumprojekt einer Heranwachsenden, auch wenn Miss „Hitmaker“ Minaj dabei war. Der kommerzielle Misserfolg hat das nur bekräftigt.

Diese Songs, die zwischen 2010 und 2013 veröffentlicht wurden, sollten auf dem Album Knees and Elbows erscheinen, das bis heute allerdings noch nicht veröffentlicht wurde. Im Februar 2013 hat Will Smith dem Publikum beim Real Talk der Philadelphia Temple University erklärt, dass Willow eine Auszeit von der Überholspur ihrer Kindheit nimmt:

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„Willow sollte eigentlich die Annie spielen, Jay-Z sollte den Film drehen, wir hatten bereits das Studio and Bord, aber Willow hatte auf der Tour zu „Whip My Hair“ eine schwere Zeit und hat gesagt: ‚Weißt du Daddy, ich glaube nicht‘ und ich sagte: ‚Warte mal, Baby, du wirst mit all deinen Freunden in New York sein und Beyoncé wird da sein. Du wirst singen und tanzen.‘ Und sie sah mich an und sagte: ‚Daddy, ich habe eine bessere Idee, warum bin ich nicht einfach mal 12.‘“

Willow hat die Hauptrolle der Annie abgelehnt, ihren damaligen musikalischen Pfad verlassen und es ist bis auf „Summer Fling“ ziemlich ruhig um sie geworden…

Vor etwa einem Jahr haben sich die Dinge verändert, als der Track „Drowning“ online auftauchte. Die reduzierte Piano-Ballade, Britney Spears’ „Everytime“ nicht unähnlich, hat den maximalen Effekt aus ihrer Stimme herausgeholt und eine Reihe neuer Songs folgten. Die Zeit von Knees and Elbows war vorüber. Die Haare, die früher vor und zurück geschmissen wurden, wurden kurz geschoren. Die Soundcloud-Ära hatte begonnen und Willows Musik hatte sich im Zuge dessen weiterentwickelt.

Weiter ging es vier Monate später, als sie den Track „5“ veröffentlicht hat, bei dem ihr Bruder Jaden dabei ist und der deutlich von seinen HipHop-Verbindungen beeinflusst wurde. Die Ta-Ku-Produktion klang eher nach Brainfeeder als nach Roc Nation oder wie ein verlorener Beat von Tyler, The Creators Album Wolf. Willow rappte bzw. sang darauf überschwänglich und mit astraler Intensität. Ein paar Monate später ist sie überraschend bei einem SZA-Konzert auf der Bühne aufgetaucht und hat den Leadgesang zu einem R&B-Kracher namens „Domino“ beigesteuert. Anschließend kam vor einem Monat ihr viel beachtetes Cover von King Krules „Easy Easy“; eine geschmeidige und tragende Variante des zackigen Originals.

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Die Unvollkommenheit ihrer Stimme bei ihren neueren Soundcloud-Sachen ist wahrscheinlich die aufregendste neue Entwicklung in ihrer Musik, da sie sich stark von ihrer überproduzierten Vergangenheit abgrenzt. Anders als der extrem komprimierte und und makellose Gesang auf ihren Knees and Elbows-Singles, ist ihre Stimme auf ihrem neuesten Track „Your Love V2“ elastisch—bissig in ihrer Klarheit, aber trotzdem unheimlich gefühlvoll; sie switcht ganz einfach zwischen süßem Geturtel und tiefem, schwungvollem Ausdruck, was genauso klingt wie ein Kind, das leidenschaftlich seine jugendliche Frechheit zur Schau stellt.

Die Verwendung eines Beats von The xx bei diesem Song führt ihre anscheinend vorhandene Liebe zu britischer Musik weiter. Angefangen hat diese damit, dass sie sich 2013 für den Beat von „Sugar and Spice“ bei Radioheads „Codex“ bedient hat und weiter geführt wurde es mit dem King Krule-Cover. Diese Referenzpunkte sind weit entfernt von den fröhlichem Dance und der stilisierten HipHop-Produktion, die zunächst mit ihr assoziiert wurden. Tatsächlich fängt Willow an, eher wie das Baby von Baduizm zu klingen und weniger wie eine Mini-Ausgabe von Nicki Minaj.

Das Cover von King Krule zeigt nicht nur ihren guten Musikgeschmack, es symbolisiert auch Anerkennung für andere junge Musiker, die beschlossen haben, in sehr jungem Alter ihren eigenen Weg zu gehen. Archy Marshall mag heute vielleicht wie ein melancholischer 20-Jähriger und typischer XL Recordings-Künstler rüberkommen, aber auch er hat nur zwei Jahre später als Willow angefangen, indem er mit 15 als Zoo Kid seinen poetischen Blues bei Bandcamp hochgeladen hat. Darüber hinaus hat Willow bei Twitter öffentlich den Teenager Raury aus Atlanta promotet, der ebenfalls mit 15 angefangen hat, seine eigenen Songs zu schreiben. Raury bezieht sich in seinen musikalischen Konzepten auf eine beschleunigte Kindheit und das Aufkommen sogenannter „Indigo Children“—was in seinen Worten die Vorstellung ist, dass „die Jugend meiner Generation dank des Aufwachsens mit dem Internet einen Vorteil im Leben hat. Deswegen tendieren wir dazu, einen tollen Job zu haben oder haben früher eine Ahnung von der Richtung, in die wir mit unserem Leben gehen wollen.“

Es scheint als hätte Willow, anders als viele ihrer erwachsenen Pendants in der Popmusik, realisiert, dass sie sich wieder erden, die Limitierung ihrer Fähigkeiten zu schätzen wissen und ehrliche Musik machen muss, die sich nicht nur mit ihrer eigenen Generation identifiziert, sondern die Kraft hat, sie zu definieren, um ihre Kunst einflussreich zu machen. Oder um es mit ihren spielerischen Worten zu sagen: „Ich will einfach nur Musik machen, damit ich den Planeten etwas bewusster machen kann. Lasst uns alle im Licht mit Liebe und Harmonie durch Einheit mit uns selbst zusammenkommen. Genießt es.“

Das mag alles ein wenig ernst klingen, aber vielleicht sollten wir auch anfangen, Willow ernster zu nehmen. Viele Künstler fangen mit selbstgeschriebenen Lo-Fi-Tracks bei Soundcloud an und verkaufen sich anschließend selbst zu reichen Popstars, aber nur wenige machen das Gegenteil. Ob es nun die Entscheidung von Willow oder ihrem Team war, den Weg zu ändern und sich auf künstlerischen Purismus zu beschränken, ist unbekannt, aber es hat das junge Mädchen in eine einzigartige Situation versetzt, die zu einzigartigen Entscheidungen und einer dauerhafteren Entwicklung führt. Du hast immer noch die Hater, die vorschnell urteilen, dass sie all die Aufmerksamkeit nur aufgrund dessen bekommt, wer sie ist, aber zeig mir ein anderes vierzehnjähriges Kind, das gerade so vielversprechende Musik macht.

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