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You Need to Hear This

Telonius will grooven

Der Mitgründer des Kultlabels Gomma bringt nach Jahren sein Debüt heraus und wie es nicht anders zu erwarten war, es groovt.

Fotos: Aljoscha Redenius

Jonas Imbery ist einer der zwei Gründer von Gomma und war früher Teil von Munk, bis er und sein Kollege Mathias Modica vor ein paar Jahren getrennte Wege gingen. Seitdem bespielt er als Telonius die Clubs der Welt. Telonius ist ein Musiker aus Herzensangelegenheit, sonst hätte er schon längst ein eigenes Album rausgebracht. Schließlich ist er schon seit Ewigkeiten im Business und entdeckt seit Jahren mit seinem Label Talente, macht unter Anderem für Klaus Lemke Filmmusik und schreibt Musik für die Theaterstücke der Münchner Kammerspiele. Diese Woche erscheint nun doch noch sein Debütalbum Inter Face. Wir können aber alle froh sein, dass das erst jetzt passiert. Früher wäre es womöglich ein Fleisch-Album von der Fleisch-Band geworden—so nannte sich seine damalige Band. Jetzt dagegen bekommen wir das gewohnt funkige Disko-Album, das wir so sehnlichst von Telonius erwartet haben.

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Du bringst nach so langer Zeit im Musikbusiness nun dein erstes Solo-Album raus. Wie fühlt sich das an?
Jonas: Es fühlt sich gut an. Ursprünglich war es gar nicht geplant, ein Album zu machen. Ich finde es immer ein wenig schwierig, ein Club-Album zu machen mit Stücken, die eher im Club wirken. Aber ich saß mit Manuel, unserem Label-Manager, und Mathias (Anm. d. Red. Modica aka Munk) zusammen und wir haben diskutiert und dann entschieden, dass es ganz gut wäre, ein Album als Statement für Telonius zu haben. Zwei oder drei Nummern hatte ich schon draußen und Anfang, Mitte letztes Jahr war es schon fertig. Ich habe es angehört und dachte mir: „Ah nee, das kann man überhaupt nicht anhören. Voll langweilig.“ Dann habe ich noch mal drei oder vier Stücke rausgeschmissen und neu gemacht. Das sind jetzt auch die, auf denen Vocals sind, damit das Album auch Sinn ergibt. Ich finde, wenn man ein Album macht, sollte man es auch in ein Albumkontext bringen. Nur achtminütige Stücke und eineinhalb Minuten Intro- und Outro-Beat finde ich ein bisschen lieblos für ein Album. Für mich sollte man ein Album anspielen und cool durchlaufen lassen können. Das habe ich versucht umzusetzen, alles unter dem Telonius-Aspekt. Ob mir das gelungen ist, sollen andere beurteilen. Man ist ja nie zufrieden, aber ich denke, es ist ganz gut geworden.

Wie viel Zeit ist denn vergangen, bis du es dir noch mal angehört hast und dann „Nee, doch nicht“ gesagt hast?
Gar nicht so lange. Ich hatte bereits die einzelnen Stücke. Es hat eher gedauert, bis ich eine Reihenfolge gefunden habe. Da bin ich nicht weitergekommen. Ich bin dann so vorgegangen, dass ich mir überlegt habe, was jetzt kommen sollte und was ich nun gern hören würde. So bin ich darauf gekommen, dass es nicht funktioniert. Dann ging es recht schnell, dass ich mich entschieden habe, dass es so kein Album wird. Und so habe ich mich noch mal hingesetzt.

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Dann hast du mehr auf die Stimmung geachtet?
Nein, die Stücke waren ja da. Ich habe sie nur umstrukturiert und darauf singen lassen. Ein oder zwei Songs sind vollkommen neu entstanden, das war aber eher Zufall. Bei dem Track mit Faberyayo war es so, dass ich ihn in Amsterdam getroffen habe und ich ihm dann Layouts vorgespielt habe, weil er wissen wollte, woran ich gerade arbeite. Eines fand er total super und darauf hat er dann gesungen. Ich habe dann aber den ganzen Loop weggenommen und darunter die Musik neu komponiert. Das habe ich dann so neugestaltet, dass es einigermaßen passt.

Was war dir besonders wichtig bei diesem Album?
Mir war es wichtig, dass ich die musikalischen Einflüsse, die mir wichtig sind, unterbringe, ohne dass es zu beliebig klingt. Es sollte ein Clubalbum sein, denn Telonius ist ja Clubmusik, aber dennoch abwechslungsreich klingen. Es ist eine Gratwanderung hinzukriegen, dass es nicht zu beliebig klingt, man aber auch die Einflüsse hört: Disko, Funk, No Wave, wie auch immer. Es gibt Alben, auf denen die Leute alles reinpacken wollen. Aber wenn man kein Händchen dafür hat, dann wirkt das sehr beliebig und uninspiriert. Wichtig war auch, dass es groovt.

Hast du dieses Mal viel alleine gemacht?
Ich arbeite mit einem Freund in München zusammen, der viel technisch macht, und ich tausche mich mit ihm aus. Er heißt Rob Rox. Als ich angefangen habe, alleine für Telonius zu arbeiten, habe ich gemerkt, dass es schwierig ist, alleine in der Kammer zu sitzen und kein Feedback zu bekommen. Aber es ist auch schwierig, jemanden nur einen Ausschnitt deiner Arbeit zu schicken.

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Wie hätte dein Soloalbum geklungen, wenn es schon vor 20 Jahren rausgekommen wäre?
(lacht) Das ist schwierig zu sagen. Vor 20 Jahren hatten Mathias und ich eine Band, die Fleisch-Band. Wir hatten die brachialste Bühnenshow. Das war zwischen den frühen Red Hot Chilli Peppers und Freaky Fukin Weirdoz, also etwas härterer Crossover-Sound, einem funkigen Beat und so weiter.

Also ein Fleisch-Album?
Ja, ein Fleisch-Album. Wir fanden den Titel einfach lustig. Ich kann es aber nicht sagen, wie es vor 20 Jahren geklungen hätte, wahrscheinlich wesentlich diskoider.

Was war dir denn für deine Musik wichtig, als du dich von Munk getrennt hast? Auf was wolltest du dich konzentrieren?
Ich hatte damals die Möglichkeit ein Projekt mit Schlagzeugern vom Symphonie-Orchester vom bayrischen Rundfunk zu machen und ein paar Filmmusiken. Ich konnte den Sound und die Musikalität noch nicht benennen, aber ich hatte etwas im Kopf. Das waren die wesentlichen Sachen, die ich machen wollte. Munk und das Label hat immer so viel Raum und Zeit eingenommen, deswegen konnte ich das nebenbei nie machen. Mich haben auch experimentellere Sachen interessiert, wie bei den Schlagwerkern. Es war eigentlich eher eine Forschung. Was herauskommt, ist schon beatlastig und konkret, aber die Arbeit ist ganz anders. Ich habe auch viel für den Regisseur Klaus Lemke gemacht.

Hast du die Texte auf dem Album geschrieben?
Zum Teil, ich muss sagen, ich bin kein toller Textschreiber. Ich muss mich immer selbst totlachen. Die Melodien sind von mir, die Texte von Faberyayo, von einer befreundeten New Yorerin, „I Make You Man“ ist zum Beispiel von Klaus Lemke.

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Was ist mit „Hey, what's the matter with you? Your dog will love it.“?
Ja, der ist von mir. (lacht)

Hast du einen Hund?
Nee, ich habe überhaupt keinen Hund. Ich finde ja, in München gibt es nur Hunde, vor allem wenn man an der Isar langgeht. Das regt mich so auf, weil du überall in Hundescheiße trittst. Ich mag Hunde aber gern, ich fand den Spruch so lustig und wollte unbedingt etwas mit dem Spruch machen. Dann dachte ich mir, wir machen eben dieses Stück. Der Track ging auch am schnellsten vom Album.

Hast du dir den Spruch selbst ausgedacht?
Teils, teils. Es gibt so eine Webseite mit Rankings von Spamtiteln, mit denen du auf jeden Fall im Spamordner landest. Da stand was anderes, nicht mir „Dog“, aber ich fand das so lustig, dass ich gleich gesagt habe, ich muss das machen.

Das ist oft bei Lyrics für Discosounds so, dass man die Texte eher nicht ernst nehmen kann. Wie ist das beim Texten?
Ich kann mich dabei nicht ernst nehmen. Wenn du Disco-Songs anhörst, dann sind das ja keine tiefen Texte, da geht es um Wiedererkennung. Und eine leichte Ironie mit einzubringen, finde ich nicht verkehrt. Das ist schließlich Unterhaltungsmusik und ich möchte in ihr nicht meinen Herzschmerz herausbringen. „Ich bin aufgewacht, du warst nicht da“ oder weiß der Kuckuck. Texte haben für mich nicht so eine Bedeutung wie für richtige Texter. Ich finde es immer lustig, wenn noch ein Twist drin ist. Das entspricht eher mir und meinem Anspruch an Clubmusik. Da muss man keine Doktorarbeit draus machen.

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Jonas Imbery (rechts) und sein Labelkollege Mathias Modica.

Wohnst du noch in München?
Ja.

Also hast du nicht wie dein Kollege noch ein paar weitere Wohnsitze?
Nein, ich bin nicht der München-Bewohner aus Prinzip, sondern aus Bequemlichkeit. Ich habe immer die Möglichkeit rauszukommen, sonst würde ich es nicht aushalten. Aber ich komme auch immer gern zurück nach München.

Auf deinem Albumcover bist doch du?
Ja.

Warum zeigst du dein Gesicht nie?
Ich zeig doch mein Gesicht. (lacht) Nein, das Cover hat ein Freund von mir gemacht, Mirko Borsche. Der macht ganz viel für uns. Die haben diese Idee so entwickelt. Ich kann mich ja nicht rausnehmen, wenn ich als Künstler auf meinem eigenen Label release. Ich sage immer allen, dass sie ein Cover brauchen, das ein bisschen verkaufsfördernd ist. Im besten Fall soll ein Gesicht zu sehen sein. Ich kann ja nicht sagen: „Nee, ich bin der Chef, ich mache das nicht.“ Dann haben sie sich das ausgedacht, ich habe es angeschaut und konnte nicht sagen, ob ich es eklig oder cool finde. Ich fand es einfach nur krass. Ich konnte nicht mehr wegschauen. Und die Reaktion habe ich bei mehreren beobachtet. Es muss ja auch nicht der Verkäuferin vom Schlecker gefallen, sondern anderen Leuten. Ich meine, das ist ja kein Mega-Seller, Telonius verkauft doch nicht 100.000 Stück. Das heißt, ich muss nicht so viele Kompromisse in der Zielgruppe und in der Kommerzialität eingehen. Ich finde, es transportiert auch etwas, das die Musik charakterisiert. Man kennt es, aber es hat auch eine brutale Kante, diesen Zusammenhang fand ich gut. So verrät man nicht viel, aber man sieht das die Maxi zu dem Album gehört. Es kommen auch noch zwei Maxis mit dem Cover. Das nächste wird super.

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Inter Face erscheint am 30. August bei Gomma/Groove Attack.

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