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You Need to Hear This

Bon Homme verhält sich auf der Bühne wie ein Arschloch

Eigentlich ist der WhoMadeWho-Bassist aber auch solo ein ganz netter Kerl, wie sein Name schon verspricht. Ein Gespräch über seine Kindheit, Hüte und Lego Steine.

Fotos: Maximilian Thesseling

Auf einer Wiese vor dem Our/Berlin Vodka in Berlin traf ich Tomas Høffding an einem der letzten schönen Spätsommertage zum ersten Mal. Später am Abend hatte er dort einen kleinen Auftritt und brachte die Leute, die vorher entspannt mit uns im Gras gesessen hatten, mit seinen Beats und Vodka for free wieder auf die Beine. Tomas ist nicht nur Bassist von WhoMadeWho, sondern seit einigen Jahren auch als Solo-Künstler unterwegs. Wir unterhielten uns also ganz gemütlich in der Abendsonne über Hüte, seine schwierige Kindheit und das Leben als Rockstar. Bei einem Gläschen Vodka, versteht sich. Dabei waren wir sogar so übermütig, dass wir im Eifer des Gefechts fast den Titel seines neuen Albums verändert hätten. Da es mit ein bisschen Weitblick leider doch zu kompliziert war, den Titel so kurzfristig in First World Problems zu verändern, erscheint A Life Less Fancy wie gehabt am 20. September.

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YNTHT: Etwas, das ich sofort mit dir verbinde, ist dein Hut.
Tomas: Jaja, der Hut. (lacht und streichelt ihn)

Siehst du ihn als dein Markenzeichen?
Auf jeden Fall, das tue ich. Mir gefällt die Idee, in eine Rolle zu schlüpfen, denn das kann manchmal ziemlich befreiend sein. So habe ich als Musiker eine andere Identität als privat. Der Hut ist wie eine Uniform—wenn ich auf der Bühne stehe und total ausflippe, dann verhält sich Bon Homme wie ein Arschloch und nicht wie ich selbst. In gewisser Weise finde ich nämlich, dass man Rockstar und Arschloch gleichsetzen kann. Als Rockstar musst du dich manchmal wie ein sieben jähriges Kind benehmen und das fühlt sich oft komisch an. Außerdem erinnern sich die Leute so besser an dich. Der Hut ist also auch Business, einer von vielen kleinen Tricks, meine Musik zu verkaufen.

Wenn du nach Hause kommst, legst du also deinen Hut ab.
Ja genau. Dann setzte ich den Hut ab und reiße meinen Bart herunter. (lacht wieder).

Trägst du immer denselben Hut oder du hast eine ganze Hutsammlung zuhause?
Ich habe schon ein paar verschiene, es gibt zum Beispiel einen extra WhoMadeWho-Hut, und dann noch zwei Bowler, die aber ziemlich teuer sind. Einer kostet über dreihundert Euro. Ich muss also echt gut aufpassen auf die Dinger.

Und wo kaufst du deine Hüte?
Am liebsten in so einem Old School-Hutladen in Kopenhagen.

Okay, genug über Hüte geredet. Worum geht es in deinem neuen Album?
Musik.

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Ach, wirklich?
Ja, ich finde das ist wichtig zu sagen. Immerhin mache ich doch Musik. Klar, es gibt Musikvideos, den Hut und alles darum herum. Aber eigentlich geht es doch um die Musik. Inhaltlich ist es wahrscheinlich das erste Album, bei dem ein roter Faden zu erkennen ist. Das ist mir aber erst aufgefallen, als ich fertig war.

Was für ein roter Faden denn?
Die Lieder handeln von mir und meiner Kindheit. Es ist einfach eine Art Rückblick auf meine Kindheit…dass alles zusammenhängt, habe ich erst am Ende der Aufnahmen so richtig begriffen. Du denkst vielleicht manchmal, dass du eine gute Kindheit hattest, aber erst wenn du dann älter bist, merkst du, wie viel damals eigentlich schief gelaufen ist. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, es gab viel Stress und Schwierigkeiten als ich klein war. Daher auch der Name.

A Life less fancy?
Ja genau, so heißt das Album. Das ist natürlich etwas ironisch gemeint. Dieses ganze „Ich habe eine Band"-Getue, mein Bon Homme-Projekt, dass ich ein Hipster bin und mein Leben einfach so super cool scheint. Aber gerade wenn eigentlich alles um dich herum funktioniert, und dein Leben gut läuft, hast du Zeit in dich zu gehen, zu reflektieren und findest immer Dinge, die nicht okay sind oder dich traurig machen. Dazu muss man kein armer Schwarzer in seinen 30ern sein, finde ich. Zuerst wollte ich das Album Hipster’s Blues nennen. Das wäre zwar ein Scheißname gewesen, aber würde erklären, worum es geht. Naja, und als das Album dann fertig war, habe ich gemerkt, dass es mir eigentlich super geht im Moment—auch wenn es im Album eben nicht so scheint. Man darf nicht vergessen, wie gut es uns hier geht, wo es doch anderen Menschen so schlecht geht.

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Ja, das stimmt, First World Problems.
Genau. Hey, das wäre auch ein guter Titel. FIRST – WORLD – PROBLEMS. Shit, das wäre ein noch besserer Titel gewesen. Mist, es ist leider zu spät ihn zu ändern (haut auf die Bank). Das Album kommt ja schon nächste Woche raus. Aber schreib das unbedingt. First World Problems, das ist echt perfekt.

Was sagen eigentlich die Bandkollegen zu deinem Solo-Projekt?
Ach, wir haben so viele Auftritte und verbringen wirklich viel Zeit miteinander, da ist es gar nicht schlecht, auch mal etwas alleine zu machen. Glaub mir, es ist ziemlich verrückt in einer Band zu sein.

Waren die beiden schon mal auf einem Konzert von dir?
Barfod war mal auf einem, ja. Er geht selbst auch gerne feiern.

Wie sehen die Pläne von WhoMadeWho für die Zukunft aus?
Wir sind gerade im Studio und nehmen ein neues Album auf. Sobald ich also mit der Vorstellung von A Life Less Fancy fertig bin, wird es gleich weiter gehen.

Die Gomma-Labelchefs haben uns erzählt, dass ihr auf eurer ersten Platte nicht singen wolltet. Stimmt es, dass sie euch zum Singen überredet haben?
Ja, das stimmt tatsächlich. So kann man es sagen. Man muss dazu wissen, dass ich schon vor WhoMadeWho gesungen habe. Ich war in einer Rockband, der typische Kerl mit Gitarre, der noch dazu singt. Aber dann bekam ich gesundheitliche Probleme, hatte eine Operation und wollte erst einmal nicht mehr singen. Das Label hackte da noch etwas nach und mit der Zeit kam auch die Stimme und der Mut zurück.

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Zum Glück haben sie euch überredet.
Yes! (lacht)

WhoMadeWho sind ja auch für ihre Live-Show bekannt.
Oh, findest du? Dankeschön.

Wenn du als Solo Künstler auftrittst, ist das weniger spektakulär auf den ersten Blick.
Ja, hoffentlich. Ich verstehe, dass das im Vergleich zu WhoMadeWho schnell langweilig erscheinen mag. Es ist natürlich nicht so ein großes Tamtam. Wahrscheinlich wäre ich auch gelangweilt, wenn es nur Bon Homme geben würde. Aber es macht mir großen Spaß.

Was genau jetzt?
Diese Veränderung. Seit ich denken kann, spiele ich Bass und singe. Da war es einfach unheimlich spannend, ein neues Instrument zu lernen. Wie ein Nerd habe ich mir meine eigenen Instrumente gebaut und anschließend zusammengesetzt. Es ist ein bisschen wie früher zu den Anfangszeiten von WhoMadeWho. Da waren unsere Konzerte teilweise improvisiert und wir haben viel gejammt. Wenn du dann bekannter wirst, dann erwarten die Fans natürlich bestimmte Dinge und so etwas ist nicht mehr möglich. Bon Homme ist nun endlich wieder ein Projekt, das sehr viel offener ist und bei dem ich mal improvisieren kann. Auch wenn es nach weniger aussieht, ist viel mehr Arbeit dahinter als in der Band, wo ich einfach nur Bass spiele und dazu singe. Ich bin eben eine One-Man-Show.

Ist es das, worum es dir bei Bon Homme hauptsächlich geht?
Ich mache Bon Homme nicht um des Geldes willen. Und auch nicht um Fame zu erlangen, sondern wirklich wegen der Entwicklung, die damit verbunden ist und um Spaß haben. Außerdem ist es immer sehr spannend als Bon Homme aufzutreten. Im Gegensatz zu WhoMadeWho habe ich hierbei nur eine durchschnitte Erfolgsrate von 50%. WhoMadeWho klappt immer und ist immer stark. Bei Bon Homme kommt es sehr auf die Stimmung des Publikums an—ob sie mitmachen, mittanzen und sich in die Musik einfühlen oder eben nicht. Meine elektronische Musik als Solo-Künstler ist so viel zerbrechlicher als das, was wir mit der Band machen.

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Hast du abgesehen von dem neuen Instrument noch andere Entwicklungen in dieser Zeit durchlebt?
Ich habe total viel über elektronische Musik gelernt und mir selbst beigebracht. Und hoffentlich auch eine Nische in diesem Genre gefunden, die nun mir gehört.

Ich mag deine Musikvideos, vor allem über das Video zu „Mother“ musste ich staunen und lachen. Kann man sich auf mehr davon freuen?
Dankeschön, leider war das Video nicht meine Idee. Die Jungs, die das gemacht haben sind gute Freunde von uns und haben auch ein paar Videos für WhoMadeWho im selben Stil gemacht. Es gibt bereits ein Video zu „Daybreaker“, aber das ist mehr ein Performance-Video. Vielleicht machen wir auch für das neue Album ein Musikvideo mit den Jungs. Nur einer von ihnen hat gerade einen Job bei LEGO angefangen. Kennst du LEGO?

Die Bausteine? Klar kenne ich die.
Yeah, genau die. Es war immer sein allergrößter Kindheitstraum, dort einmal zu arbeiten und jetzt weiß ich nicht, ob er noch Zeit für so etwas hat. Wir haben das auf jeden Fall beide im Hinterkopf und wenn wir Zeit finden, machen wir ein Video. Mal sehen.

Vielleicht ja ein Video mit LEGO Steinen?
Ein animiertes LEGO Video, wäre eigentlich cool.

Letzte Frage: Wieso eigentlich der Name Bon Homme?
Der Name hört sich gut an und sieht gut aus. Weißt du…auch wenn ich mich echt gerne betrinke, bin ich eigentlich ein netter Kerl. Ich bin eben kein Mick Jagger oder Keith Richards. Das mag vielleicht kitschig klingen, aber so ist es eben. Ach und das habe ich ganz vergessen. 2011 als ich mit dem Projekt startete, fand ich Sébastien Tellier total gut. Er hat einen Song, der Bonhomme heißt. Solltest du dir mal anhören, ist echt gut.

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A Life Less Fancy gibt es ab 20. September auf iTunes und Amazon zu kaufen.

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