Roberto Firmino hat (bis jetzt) alles richtig gemacht

Am heutigen Sonntag beginnt für Roberto Firmino und die Seleçao im Spiel gegen Peru die Copa América in Chile. Nach starken Auftritten in der Vorbereitung wird der 23-Jährige wohl in der Startelf stehen. Für Firmino muss das wie ein Traum vorkommen—der jedoch ziemlich öde begann. Mit 19 Jahren wechselte der Offensivspieler für vier Millionen Euro als ungeschriebenes Blatt in den Kraichgau und brauchte seine Zeit, um sich in Deutschland und der Bundesliga zu akklimatisieren. Schon damals schwärmten die Verantwortlichen der TSG Hoffenheim von ihm. Firmino spielte anfangs jedoch eher mittelmäßig und ließ nur ab und zu sein Potenzial aufblitzen.

In seinen ersten zwei Spielzeiten konnte der immer wieder als Comunio-Geheimtipp gehandelte Brasilianer nie das umsetzen, was ihn heute auszeichnet. Er war nicht so wach, spritzig und dynamisch. Das brasilianische Talent hatte mit der Eingewöhnung in der deutschen Pampa irgendwo bei Sinsheim und den zahlreichen Trainerwechseln bei der TSG zu kämpfen. In seinen ersten zweieinhalb Jahren spielte er unter fünf Trainern und konnte nicht die Leistung bringen, die sich Hoffenheim von ihm erhoffte. Firminos Landsmann Carlos Eduardo, der ein halbes Jahr vor seiner Ankunft im Kraichgau für 20 Millionen Euro zu Rubin Kasan wechselte, hinterließ ein großes Loch im Offensivspiel der Hoffenheimer. Der junge Firmino konnte es damals nicht schließen.

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Mit dem Amtsantritt von Markus Gisdol und der Rettung vor dem Abstieg explodierte Roberto Firmino in der Saison 2013/2014. Er bereitete 12 Treffer vor und schoss 16 Tore—genau so viele wie in den zweieinhalb Jahren zuvor. Selbstvertrauen und Spielkunst habe man ihm nicht beibringen müssen, erklärte Gisdol mal. In den letzten beiden Spielzeiten habe man deshalb vor allem dessen Körper „auf Vordermann gebracht”, so der TSG-Trainer. „Das Gesamtpaket stimmt. Er ist ein Trainingsvorbild, seine größte Stärke ist das direkte Umschaltspiel.” Ihm wird wegen seiner Trainingsmoral und harter Arbeit nachgesagt, dass er ein „deutscher Brasilianer” sei.

In dieser Saison ging sein Aufstieg weiter. Firmino war an insgesamt 22 Treffern maßgeblich mitverantwortlich, spielte im Mittelfeld der Hoffenheimer als Schaltzentrale und Taktgeber. Neben seinem Zug zum Tor, sticht vor allem seine Schnelligkeit gepaart mit seiner exzellenten Technik heraus. Dank des intensiven Muskeltrainings schafft er es mittlerweile auch bei höchstem Tempo und in Bedrängnis der Gegenspieler nicht umzufallen und sich auf engstem Raum zu behaupten. Sein neues Selbstvertrauen zeigt sich vor allem in seiner Dynamik, denn kein anderer Spieler in der Liga geht in so viele Zweikämpfe wie Firmino. Doch auch in der Rückwärtsbewegung ist der Brasilianer noch besser geworden, sodass er sich erstaunlich viele Bälle schon beim Aufbau des Gegners klaut. Aus dem kleinen Jungen ist der große Star der TSG Hoffenheim geworden.

Diese Entwicklung wurde nicht nur in der Bundesliga zur Kenntnis genommen. Die letzten Monate glichen für Firmino wie eine noch schnellere Achterbahn. Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga wurde auf ihn aufmerksam und lud ihn Ende Oktober erstmals zur A-Nationalmannschaft ein. Am 12. November debütierte er für die Seleçao als er in der 75. Minute im Spiel gegen die Türkei eingewechselt wurde. Sein erstes Länderspieltor erzielte er nur sechs Tage später in seinem zweiten Länderspiel gegen &Oumlsterreich. Kurz darauf wurde Firmino Vater einer Tochter. Sein Trainer Gisdol meint, dass das Firmino viel erwachsener gemacht hat.

Erwachsen muss er auch sein, denn der Traum geht weiter. Topvereine aus ganz Europa wollen ihn kaufen. Trotz Vertrag bis 2017 wird er die Hoffenheimer in diesem Sommer verlassen. Auch weil er endlich international spielen will. Für Firmino war die TSG Hoffenheim der ideale Verein um in Europa und im Profifußball Fuß zu fassen und erste Erfahrungen zu sammeln. Er hat Krisen miterlebt und bewiesen, dass er eine Mannschaft als großer Spieler führen kann. Neben zahlreichen Bundesliga-Klubs haben Liverpool, Inter, Milan, Atletico und Chelsea ein Auge auf den Angreifer geworfen. Die besten Karten haben aber scheinbar Louis van Gaal und Manchester United. Die Ablösesumme soll laut Medienaussagen zwischen 18 und 30 Millionen liegen, was mehr als ein Fünffaches seines Einkaufswert wäre.

Die Rekordablöse der Hoffenheimer steht bisher bei 20 Millionen Euro: So viel kassierten die Kraichgauer 2010 für Carlos Eduardo. Er wechselte zu Rubin Kasan nach Russland. Dort spielt er immer noch und hat nur noch einen Marktwert, der bei nicht mal mehr 4 Millionen Euro liegt. Bleibt zu hoffen, dass es für Firmino anders kommt. Die Gefahr wieder abzustürzen, wird er kennen. Schließlich haben er und Eduardo den selben Berater.