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You Need to Hear This

We Have Band tanzen im Studio

Und das Trio aus Manchester will auch euch zum tanzen bringen. Auf ihrem neuen Album ‚Movements’ sind daher nur Songs, die zur Bewegung anregen—physisch und emotional.

Foto: Giacomo Cosua

Viele Bands die mittlerweile Kultstatus erreicht haben, hatten ähnliche Anfänge: Die Mitglieder lernten sich in ihrer Jugend kennen, fingen an, bei ihren Eltern im Keller oder in der Garage Jam-Sessions zu schmeißen, bis der Sound irgendwann so geil war, dass irgendein Mensch mit guten Kontakten zur Musikindustrie aus der unbekannten Band eine weltweite Sensation machte.

Das ist die Traumvorstellung. Bei Dede, Thomas und Darren von We Have Band war das allerdings komplett anders. Sie kennen sich nicht aus Kindheitstagen und haben in keinem Keller gejamt, bevor sie als Band einen Durchbruch erlebten. Den Kontakt zur Musikindustrie hatten sie, weil alle drei bei EMI Records angestellt waren und dort einen stinknormalen Bürojob hatten. Das sollte sich ändern, als Thomas Dede kennenlernte, sie heiratete, und beiden anfingen, Musik zu machen, bevor sie 2007 ihren Arbeitskollegen und Freund Darren zun einem gemeinsamen Abendessen einlieden und dabei entschieden, ihn mit ins Boot zu holen. Plötzlich wurde nicht mehr nur am Herd geköchelt. Das Trio aus Manchester köchelte auch an der Drum-Machine, schrieb Songs und entschloss nach einem halben Jahr, erste Songs auf ihrer MySpace-Seite hochzuladen. Ein Jahr später kam das erste Angebot für einen Live-Gig, zwei Jahre darauf folgte ein Plattenvertrag beim Pariser Label Naïve Records, bei dem das Trio 2010 ihr Debüt WHB und zwei Jahre später das Follow-Up Ternion veröffentlichte.

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Wieder sind zwei Jahre vergangen und wieder haben We Have Band ihren erfrischenden 80er-Disco-Synth-Sound mit einem Hauch Indie-Rock auf eine Platte gepackt und sich darauf brav mit den Vocals abgewechselt. Eine Sache unterscheidet ihr neues Album aber von früheren Werken: Das Trio hat sich zum Ziel gesetzt, die Hörer mit jedem Song sowohl körperlich als auch emotional zu bewegen. Passenderweise wurde das neue Album Movements genannt.

Noisey: Wie viel habt ihr euch bei der Entstehung dieses Albums bewegt?
Thomas: Ziemlich viel. Sobald ich ein paar potentielle Sounds auf dem Computer vorbereitet hatte, sind immer mal wieder ein paar von uns aufgestanden, um sich zu den Sounds zu bewegen.
Darren: „Save Myself“ ist das beste Beispiel. Als Thomas im Studio angefangen hat, an dem Track zu arbeiten, haben wir alle automatisch angefangen zu tanzen.

War „Save Myself“ der erste Song den ihr für Movements aufgenommen habt?
Thomas: Nein, so läuft das bei uns nicht. Ich fange immer mit Ideen an, arbeite am nächsten Tag wieder an etwas komplett anderem, am Tag darauf bearbeite ich wieder Sachen von vor zwei Tagen und so weiter. Wir arbeiten nicht einen Song nach dem anderen ab, sondern arbeiten meistens an mehreren Sachen gleichzeitig. Das hilft, Abstand von manchen Tracks zu nehmen und gibt uns die Chance, woanders nach Inspiration zu suchen.

Die Songs, die euch nicht zum tanzen gebracht haben, sind nicht auf das Album gekommen—stimmt das?
Thomas: Genau so war es. Natürlich haben wir nicht sofort ein Häckchen auf die Checkliste gesetzt, sobald alle aufgestanden sind, um zu einem Track zu tanzen. Aber wenn einer von uns zu Hause saß und von einem Song im wahrsten Sinne des Wortes nicht bewegt war, wurde er weggelassen. So haben es tatsächlich ein paar Songs nicht auf das Album geschafft.
Dede: Man darf aber nicht vergessen, dass es uns sowohl um physische als auch emotionale Bewegung ging.

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Wie löst ihr das Problem wenn ihr, Dede und Thomas, euch als Ehepaar einig seid, dass ein Song total gut ist, obwohl Darren damit nicht einverstanden ist?
Thomas: Wir machen da nichts anders als andere Bands. Es kann immer sein, dass zwei sich zusammentun.
Dede: Ich finde aber nicht, dass wir uns zusammentun. Wir gehen nicht verheiratet ins Studio. Das funktioniert so nicht.
Thomas: Stimmt. Es wäre komisch, sobald dieser Aspekt mit ins Studio gebracht wird. Wir versuchen nicht, uns als Paar darauf zu einigen, dass ein Song geil ist, nur um Darren dann davon zu überzeugen. Wir haben unglaublich viel Vertrauen ineinander und bei unserem Job ist es wirklich wichtig, dass wir als Band zusammenhalten.
Dede: Du musst ehrlich sein und auch mal Dinge sagen können, die einem eventuell nicht gefallen werden.

Movements soll Leute physisch und emotional bewegen. Sollten das eure früheren Alben nicht tun?
Thomas: Klar sollten sie das. Dass man emotional bewegt ist, ist sehr wichtig. Aber bei diesem Album haben wir uns etwas mehr Gedanken über physische Bewegung gemacht, als beim Letzten. Wir haben uns gefragt, was passieren soll, sobald wir die Songs Live spielen und schnell wurde klar, dass wir zu unseren Lieblingssongs am liebsten tanzen. Wir haben uns gefragt, wie wir uns auf der Bühne fühlen wollen und auch, wie die Fans sich fühlen sollen, sobald wir Songs vom neuen Album spielen. Jeder soll Begeisterung und Energie spüren. Für Ternion wollten wir zwar auch, dass Leute zu der Musik tanzen, aber es war damals nicht teil des Plans, dass Leute sich wirklich amüsieren, sobald sie das Album hören.
Dede: Wir wollten schon, dass Leute sich amüsieren, aber auf eine andere Art und Weise. Auf Ternion haben wir mehr Dark-Disco gespielt.

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Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Darren: Mit unserem letzten Album haben wir ganz andere Gebiete erforscht. Mit Movements hatten wir die Chance über Dinge zu reflektieren, die wir und unsere Zuschauer am meisten genießen.

Was denn zum Beispiel?
Darren: Wir genießen es im Studio zu sein und Songs zu machen die bei uns für richtig gute Laune sorgen und das Publikum wiederum zum Ausrasten bringen, sobald wir sie live spielen. Wir tanzen unglaublich viel auf der Bühne. Wenn das Publikum nur da stehen würde, ohne sich zu bewegen, macht das keinen Sinn. Es muss ein kollektives Erlebnis sein. Wir wollen uns mit dem Publikum verbunden fühlen.

Als ihr 2008 euren ersten Auftritt hattet, war noch nicht mal ein erstes Album draußen. Was ist das für ein Gefühl, ohne jegliche Bühnenerfahrung plötzlich vor hunderten von Menschen zu stehen und Musik zu machen?
Thomas: Darren und ich haben vorher schon in Bands gespielt. Die waren nicht unbedingt erfolgreich, aber wir konnten dadurch Erfahrungen sammeln. Dede war komplett neu auf dem Gebiet. Wir hatten unseren ersten Auftritt in einer Bar in East-London, ein paar hundert Leute waren da und wir wussten nicht, ob Dede es auf die Bühne schaffen würde.
Darren: Dede wollte nicht auf die Bühne.
Dede: Wollte ich wirklich nicht.

Wie hast du es geschafft, dich zu motivieren, Dede?
Dede: Es war wirklich anstrengend, vor allem psychisch, obwohl wir nur fünf, sechs Songs gespielt haben. Auf die Frage, wie ich das geschafft habe, finde ich keine genaue Antwort. Ich weiß nur, dass ich mich verpflichtet gefühlt habe, auf die Bühne zu kommen, weil diese ganzen Menschen da waren. Alles war geplant. Da kann man nicht einfach plötzlich sagen „Das mach ich nicht“.

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Aber nach so einem Auftritt fühlt man sich bestimmt richtig gut, oder?
Dede: Ich war einfach nur total müde, weil ich bereits Wochen vor dem Auftritt nervös war. Ich musste mich danach erst mal hinlegen.

Wie hat das Publikum denn reagiert?
Dede: Ich glaube ziemlich gut.

Hat dir das einen Schub gegeben?
Dede: Weiß ich nicht mehr genau. Ich habe das Publikum nicht wirklich wahrgenommen. Die Jungs haben mir danach gesagt, dass alles gut lief. Ich weiß nicht, wie ich es durch die Songs geschafft habe.

Ist es rückblickend einfacher für euch, ein Publikum mit eurer Musik zu überzeugen, das noch nie von euch gehört hat, oder ein Publikum zu unterhalten, das schon seit Jahren mit eurer Musik vertraut sind?
Thomas: Wenn ein Publikum aufgeschlossen zu einem unserer Gigs kommt ist es für uns nicht schwierig, sie in unsere Welt zu locken.
Dede: Wenn du auf einem Festival vor Leuten spielst, die deine Musik noch nie gehört haben, ist es wirklich toll, wenn du merkst, dass die Leute dir und deiner Musik folgen. Wenn sie mit deinem Set zufrieden sind, ist das ein wirklich großartiges Gefühl.
Thomas: Schwierig wird es, wenn du als Support-Act einer größeren Band spielst, weil die Leute natürlich nicht unbedingt gekommen sind, um dich zu sehen. Das ist echt harte Arbeit. Vor den eigenen Fans ist das schon einfacher.

Darren, hast du manchmal das Gefühl, viel von diesen typischen Ehe-Diskussionen mitzubekommen?
Darren: Ich bekomme davon schon was mit, aber nicht mehr, als ich das gerne hätte. Ich meine, die beiden sind verheiratet, also ist es unvermeidlich. Ich kenne es nicht anders.
Thomas: Ehepaare streiten, und das tun wir natürlich auch. Aber nicht vor Darren, das würde ihn nur nerven.

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Darren, du hast ein Poster deiner Lieblingsband Clor zu Hause im Treppenaufgang hängen, Dede, du hast schon immer Meddle von Pink Floyd gefeiert, Thomas, du bist großer Brian Eno-Fan. Haben diese Musiker Movements beeinflusst?
Thomas: Natürlich.
Dede: Solche Künstler bleiben immer ein Teil von dir und deiner Arbeit.

Gab’s auch aktuellere Musik, die euer neues Album beeinflusst haben?
Thomas: Ich habe das letzte Grimes-Album ab und zu gehört, während wir an Movements gearbeitet haben.
Darren: Ich denke nicht, dass andere Musiker uns so krass beeinflussen.
Dede: Wir sind eher von dem beeinflusst, was Thomas uns vorspielt, da er meistens anfängt, an Sounds zu basteln.
Thomas: Mein Equipment beeinflusst mich sehr stark. Sobald du einen neuen Synthethizer auf Ebay kaufst, den anmachst, ein paar MIDI-Sequenzen programmierst, die umdrehst, ein paar Sachen veränderst, auf Play drückst und aufnimmst, hast du bereits einen Mechanismus, der den Sound aufbaut und plötzlich hast du einen interessanten Loop, wie am Anfang von „Modulate“. Wenn die Maschinerie das geschafft hat, beginnst du deine musikalische Erfahrung mit einzubauen und dich zu fragen, was zu diesem Loop passen würde. Man weiß nie, wie das alles zu einem Song wird. Der Prozess ist oft magisch.

Letzte Frage: Für Movements habt ihr mit dem legendären Produzenten Tim Goldsworthy gearbeitet. Was lernt ihr von jemandem wie ihn?
Thomas: Vor allem, entspannt an die Dinge heranzugehen und sich nicht zu hetzen. Er hatte immer eine „Mach es dir einfach“-Herangehensweise die uns gelehrt hat, sich nicht wegen Kleinigkeiten verrückt zu machen, sondern immer cool zu bleiben und Selbstvertrauen zu haben. Das hat uns unglaublich geholfen.

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Movements erscheint Freitag bei Naïve Records. Bestellt das Album bei iTunes oder Amazon.

We Have Band auf Tour:
26.05.2014 - Hamburg, Übel und Gefährlich
27.05.2014 - Berlin, Berghain / Panorama Bar
28.05.2014 - Jena, Kassablanca Gleis 1
29.05.2014 - München, Atomic Café
30.05.2014 - Frankfurt, Das Bett
31.05.2014 - Köln, Gebäude 9
03.06.2014 - Freiburg, Cafe Atlantik

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