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Auf der Suche nach der schlechtesten Band des Donauinselfestes

Wir haben einen Komponisten losgeschickt, damit er uns die schlechteste Band der Insel sucht. Es war nicht so schwer, sie zu finden.

Flo ist nicht nur der mehr oder weniger professionellste Musiker, den wir kennen. Er hat auch Komposition studiert und hat uns schon beim ESC-Liveticker tatkräftig unterstützt. Nachdem er sich dabei durch seine eher missmutige Art sehr viele „Freunde" gemacht hat, dachten wir, es wäre eine gute Idee, ihn samstags auf die Suche nach der schlechtesten Band auf dem Donauinselfest zu schicken.

Musik ist eine Kunstgattung, deren Werke aus organisierten Schallereignissen bestehen.“ (Wikipedia)

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Mitte letzter Woche erreicht mich eine Nachricht aus der Redaktion, es wäre am Wochenende so weit, Donauinsel, dutzende Acts werfen ihre Sets um die Gunst der Festivalbesucher ins Rennen. Ob mein Hass auf seichte Unterhaltungsmusik immer noch so groß wäre? Ist er. Gut, sagt die Redaktion, dann geh doch hin und schreib uns ein paar Zeilen von diesem Hass.

Nachdem solche Erfahrungen zumeist von Austausch und Aufarbeitung optimiert werden, nehme ich mir zwei Homies mit, die ich gerne Bischoff und Semotan nenne. Vor allem, weil sie wirklich so heißen. Raus aus der U-Bahn, rauf auf die Brücke und die erste Auffälligkeit ist ein urinöses Bouket, das aufs Schönste an längst vergangene Festivalzeiten erinnert. Erstmal ein Bier. „Soachwossa“ grummelt Bischoff und fasst damit eigentlich schon mal den gesamten Tag zusammen. Semotan bietet zehn Euro, wenn sich Bischoff ein Katzengesicht schminken lässt. Auf dem Weg zur „Wir brechen noch euren letzten Funken Widerstand-Bühne powered by Radio Arabella“, auf der laut Programm die verdorrte Mumie von Waterloo zur Schau gestellt wird, spießrutenlaufen wir an all den anderen Bühnen vorbei, an denen sich schon früh am Nachmittag die künstlerische Handschrift von Chefbooker Satan ablesen lässt. Immerhin eine gelungene Mischung aus scheiße und richtig übel—abgesehen vielleicht von The Art Of Fading auf der „SJ-Bühne powered by the tears of our sound crews“, die kurz nach fünfzehn Uhr herrlich gnadenlosen Growl Metal in die Nullkulisse blasen. Wir nehmen uns vor, zurückzukommen.

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Bischoff hat noch keine Katze im Gesicht. Dann endlich: Waterloo. Reden wir nicht groß drum herum: Der Typ ist schlechter als die Zähne eines Meth-Junkies. Der alte Mann smalltalkt über richtige und falsche Parteibücher, redet mit seiner sichtlich irritierten Band in einer derartig dilletantisch erfundenen Fantasieindianersprache, dass wahrscheinlich in diesem Moment irgendwo auf der Welt ein Sprachwissenschaftler tot zusammengebrochen ist und singt dann noch ein Lied, dass „Papa Joe“ heißt oder so ähnlich.

Es stehen dutzende Polizisten herum, aber trotzdem holt ihn niemand von der Bühne. Ein vorläufiges Lowlight, Bischoff hat allerdings immer noch keine Katze. Auf der SJ-Bühne haben Kingsize Menu Stalin offenbar genügend Dissidenten geopfert und dürfen den zweiten Nachmittagsslot bespielen. Ich hab mir ja fest vorgenommen, auf keine kleinen Bands hinzuschnappen, aber, Jungs, wenn ihr das lest: PUNK IST AUFLEHNUNG. Seit wann genau ist es OK, eine Punkversion von „Atemlos“ zu spielen? Das ist nicht lustig, das ist nicht rebellisch, das ist einfach nur deppert. Lasst das bitte bleiben. Wir schicken Bischoff endlich zum Kinderschminken und holen uns noch ein Bier. Auf der „Radio Niederösterreich Bühne powered by freakscout24.at“ lauert mit Sternenstaub bereits die nächste Falle. Bischoff immerhin jetzt eine Katze. Vier Utzutz-Schlager später schickt Elisabeth Engstler die Zeltfest-Zombies in den verdienten Feierabend-Drogenrausch und kündigt Gregor Glanz an, der die nächste Stunde Karaokeparty routiniert herunterstiefelt und zur Abwechslung mal genug Gold in der Stimme hat, um den US-Dollar zu destabilisieren. Semotan singt alle Lieder mit, Bischoff hat immer noch eine Katze, die Betreiber der Bumstechno-Trinkhallen behaupten hartnäckig, was aus den Leitungen kommt, wäre Bier.

Dann OPUS auf der „Festbühne powered by achwasweißichdenn“. Was eigentlich die sanft plätschernde Versöhnung am Ende hätte werden sollen, gerät ästhetisch derart aus den Fugen, dass ich mich echt zusammenreißen muss, wenn ich nicht will, dass dieser Text bestenfalls in der nächsten Ausgabe von „Lust&Schmerz“ erscheint. Nur so viel: der diesjährige Lustlosigkeits-Ehrenpreis powered by Null komma Josef geht an die Burschen aus der Steiermark. Und, den Rat gibt’s umsonst dazu: wenn euch eure eigenen Lieder so dermaßen auf den Sack gehen, dann bastelt doch einfach ein paar neue. Eure vier Akkorde müsstet ihr ja mittlerweile ganz gut kennen. Gern geschehen.

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