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Das Rolltreppen-Opening hat einen würdigen Nachfolger: den Rülps-Flashmob

Am Samstag findet in Wien der LautRülps-Flashmob statt—aus Solidarität mit einem jungen Mann, der für einen Rülpser angezeigt wurde.

Am 1. Dezember des vergangenen Jahres fand bei der U-Bahn-Station Schottentor ein Event statt, an das wir uns noch lange freudig zurückerinnern werden: Die große Eröffnung der Rolltreppe beim Ausgang zur Lichtensteinstraße. Das Event wurde innerhalb weniger Tage zum Selbstläufer auf Facebook und letzten Endes waren in Anbetracht der satirischen Natur des Events doch so viele Menschen anwesend, dass die Station kurzerhand gesperrt und das Event von der Polizei aufgelöst werden musste. Der Grund für die Aufregung war damals, dass die Rolltreppe selbst für österreichische Verhältnisse erschreckend lange—nämlich ein geschlagenes Jahr—gesperrt war, bevor sie wieder in Betrieb genommen wurde.

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Nun sorgt ein weiterer Fall von unverhältnismäßiger Ungerechtigkeit in Wien und im Leben generell für Ärgernis bei manchen Bürgern und somit logischerweise für das Bedürfnis, einen Flashmob zu starten: Rülpsen ist strafbar. Konkreter Anlass für den für kommenden Samstag geplanten „LautRülps-Flashmob" am Praterstern ist der Fall von Edin M., der für einen Kebap-Rülpser in der Nähe eines Polizisten 70 Euro Verwaltungsstrafe aufgebrummt kam. Laut Polizei erfüllte er mit seinem Rülpser den Tatbestand der Anstandsverletzung.

Laut der Pressestelle der Wiener Polizei ist dieses Vorgehen des Polizisten vollkommen rechtens—und theoretisch könnte man auch als Bürger jeden Menschen anzeigen, durch dessen Fürze oder Rülpser man sich gestört/verletzt/eingeschränkt fühlt. Edin M. nimmt das Ganze mittlerweile mit Humor, wie er gegenüber VICE sagt: „Ich weiß, dass es nicht die feine englische Art ist, in aller Öffentlichkeit zu rülpsen, aber es ist halt nunmal leider passiert. Aber dass man damit gegen das Wiener Landessicherheitsgesetz verstößt? Das kann man nur mit Humor nehmen."

Einspruch will er nun trotzdem einlegen, weil ihm von vielen Seiten dazu geraten wurde. Gegenüber Österreich bezeichnet sein Anwalt das Vorgehen des betreffenden Polizisten als „einen Grenzfall von Amtsmissbrauch".

Auch die Initiatoren des Flashmobs finden das Vorgehen der Polizei in diesem Fall überhaupt nicht gerechtfertigt und planen darum ein Treffen, bei dem sie durch kollektives Aufstoßen ein Zeichen gegen „Gummiparagraphen" und Polizeiwillkür setzen wollen, wie sie in der Veranstaltungsbeschreibung klar machen.

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Bei der Wiener Polizei steht man dem Flashmob relativ gelassen gegenüber. Die Veranstaltung wird zwar im Rahmen des Streifendienstes überwacht, es werden jedoch keine zusätzlichen Beamten anwesend sein, da erstens keine Gegendemonstration angekündigt ist und zweitens „keine Gefahr von den Rülpsenden ausgeht", wie es von der Pressestelle der Polizei heißt. Auf die Frage hin, ob am Samstag jeder, der beim LautRülps-Flashmob rülpst, auch mit einer Anzeige rechnen müsse, wird auf das Versammlungsgesetz verwiesen, das vorsieht, dass Verwaltungsstrafen innerhalb einer Versammlung immanent sind.

Das bedeutet, es fehlt das berechtigte Ärgernis—in diesem Fall über einem Rülpser—, da sich die Teilnehmer des Flashmobs eben genau deswegen treffen: Zum Rülpsen. Man könnte etwas einfacher auch sagen: Die Leute hier haben es so gewollt. „Wenn die sich da gegenseitig anrülpsen, besteht kein berechtigtes Ärgernis und der Grund zur Anzeige fällt weg", erklärt Polizei-Pressesprecher Pölzl. „Verlassen die Teilnehmer aber beispielsweise den Ort der Veranstaltung und rülpsen einem Passanten oder einem Beamten ins Gesicht, sieht die Sache wieder anders aus."

Die Teilnehmer des Flashmobs werden übrigens mit Köstlichkeiten vom Würstelstand Zum scharfen Rene versorgt, der von Falstaff zum besten Würstelstand Wiens gekürt wurde. Laut einem Posting im Event, das vom Besitzer des Würstelstandes verfasst wurde, unterstützt er den Flashmob deswegen, weil das Vorgehen in diesem Fall „nicht verhältnismäßig ist und eine Abmahnung der Exekutive in diesem Fall genauso gereicht hätte". Außerdem sei sein Käsekrainer-Hotdog mit hausgemachter Currysauce bestens für einen solchen Anlass geeignet.

Wie bei jedem halb-ernstgemeinten Flashmob dieser Welt kann man sich irgendwo zwischen „Haben wir denn keine anderen Probleme?" und „Mein Rülpser wird der lauteste von allen sein!!!1!" bewegen. Irgendwie ist es aber einfach schön, zu sehen, wie sich Menschen solidarisieren, auch wenn es dabei lediglich ums Rülpsen geht. Edin selbst wird beim Flashmob übrigens anwesend sein, aber mitrülpsen will er nicht: „Ich werde mir das Ganze nur von außen anschauen—ich will ja kein Wiederholungstäter sein!"

Verena auf Twitter: @verenabgnr