Popkultur

Ein Video zeigt die offene Homophobie Russlands

Dass Wladimir Putin homophobe Politik betreibt, ist vermutlich für niemanden mehr eine Neuigkeit. VICE war selbst in Russland, hat mit jenen Menschen, die von diesen Repressionen betroffen sind gesprochen und sie in ihrem Alltag begleitet. Aber auch im Rest der Welt haben Homosexuelle viele Rechte nicht, die Heterosexuellen sehr wohl zugesprochen werden. Wenn sie heiraten möchten zum Beispiel, ein Kind adoptieren oder schlicht und einfach wenn es um Diskriminierungsschutz in Beruf und Alltag geht.

2013 zeigte eine Umfrage des Lewada-Zentrums, dass 51 Prozent der befragten Russen eine „Zwangsheilung” und strafrechtliche Verfolgung von Lesben und Schwulen begrüßen würden, drei Viertel der Bevölkerung waren für ein Verbot jeglicher öffentlicher Bekundung von Homosexualität. In einer weiteren Befragung sagten 61 Prozent der Russen, sie hätten Angst, dass ihre Kinder oder Enkel Opfer von „homosexueller Propaganda” würden, 86 Prozent gaben an, sich nicht für die Rechte Homosexueller zu interessieren. 34 Prozent hielten Homosexualität für eine Krankheit sei, die behandelt werden müsse, 23 gaben an, es sei das Ergebnis schlechter Erziehung, 17 Prozent glaubten, es sei das Ergebnis von Verführung.

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Mit dem Video, in dem vergangenes Jahr eine Frau 10 Stunden durch New York gegangen ist, und die Reaktionen von Männern filmen ließ, hat diese Art von Anprangern sozialer Problematiken ein Hoch erlebt. Signe Pierce hat in ihrem Kurzfilm ein ähnliches Experiment gewagt, um die Transphobie der amerikanischen Gesellschaft aufzuzeigen. Diese Videos gehen schnell viral und sind eindrucksam—repräsentativ sind sie allerdings nicht. Doch hinter Putin und seiner homophoben Politik stehen auch heute noch circa 80 Prozent der Russen. Um das zu veranschaulichen, sind zwei Russenhändehaltend durch die Straßen von Moskau spaziert.

In den Kommentaren zum Video teilen sich die Meinungen natürlich in „Go Russia!” und „homophobe Arschlöcher”. Einige russische Kommentatoren freuen sich, in Russland geboren zu sein, wo Vater, Mutter, Kind noch als Familie gelten und Prinzipien aufrecht erhalten werden. Wir haben den beiden ein paar Fragen zu ihrem Video und der Situation in Russland gestellt. Ich habe dem Kameramann, der das vermeintliche Paar gefilmt hat, ein paar Fragen zu dem Experiment gestellt.

VICE: Weshalb habt ihr das Experiment gemacht?
Nikita Rozhdestv: Wir haben uns das Thema ausgesucht, wegen des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs in den USA, die Ehe für alle zu legalisieren. Wir dachten, es wäre doch merkwürdig, dass es auf der einen Seite der Welt völlig normal ist, wenn zwei Jungs die Straße entlang gehen und wir wollten wissen, wie die Leute in Russland reagieren würden. Am nächsten Tag sind wir ins Zentrum von Moskau gefahren und haben begonnen zu filmen.

Ich habe gefilmt und die ganzen Gesichter gesehen, die das „Paar” böse angesehen haben. Nach der ersten Reaktion dachte ich, dass es ein harter Tag werden würde. Wir haben uns nicht gefürchtet, weil wir ähnliche Dinge schon öfter gemacht haben. Vor circa einem Monat haben wir gefilmt, wie wir zu Männern gehen, ihnen eine Blume in die Hand drücken und mit ihnen sprechen. Das war noch viel gefährlicher.

Wie waren die Leute, die euch während des Experiments begegnet sind?
Wir sind vielen wütenden Leuten begegnet, als wir durch Moskau spaziert sind. Überraschenderweise haben sie plötzlich ganz anders reagiert, als wir ihnen erzählt haben, dass das nur ein Experiment sei und die beiden kein „echtes” schwules Paar seien. Die Leute fragten dann nach und waren interessiert. Als wir ihnen den Grund nannten und ihnen erzählten, wie aggressiv die anderen Menschen reagierten, wollten sie alle Teil des Videos sein, weil ihre Reaktion für sie die einzig richtige war und sie stolz darauf waren.

Wie lange habt ihr für das Video gefilmt?
Circa eineinhalb Stunden.

Wie geht es den Schwulen und Lesben in eurem Umfeld mit der Situation in Russland?
Wir haben nur einen schwulen Freund. Er verheimlicht es aber und möchte auch, dass es ein Geheimnis bleibt. Er ist sich sicher, dass ihn viele Menschen anders behandeln würden.

Was wollt ihr mit dem Video erreichen?
Wir sind glücklich, dass das Video von so viel Menschen gesehen wird, dass viele drüber sprechen und endlich auch reagieren. Zeitungen und das Fernsehen berichten, Radiosender diskutieren über die Situation und machen Umfragen. Man kann sagen, dass wir einen Teil dazu beigetragen haben.

Wie ging es mit dem Typen am Ende des Videos weiter?
Nachdem ich ihm gesagt habe, dass es ein Experiment sei, hat er sich beruhigt. Er hat gefragt, wie die anderen Reaktionen waren und war froh, dass die Russen keine schwulen Paare tolerieren.

Hanna auf Twitter: @HHumorlos