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Wie du als kleine Band auf Tour kein Geld verlierst

Ein idiotensicherer Guide, wie du als Mini-Band zumindest nicht mit weniger Geld als vorher zurückkommst.

Letzte Nacht habe ich einen extrem ärgerlichen Artikel einer Hype-Band gelesen, die zu Protokoll gab, dass sie auf ihrer 28 Tage langen US-Tour insgesamt 140.000 Dollar ausgegeben hätte und trotz vieler Einnahmen 12.000 Dollar im Minus gelandet sei. Natürlich sind einige Ausgaben auf Tour unvermeidlich. Aber jeder, der mal mit einer Band unterwegs war, wird sofort sehen, dass sie einfach Geld für unnötige Scheiße ausgegeben haben. Punkt.

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So etwas regt mich auf, weil es kleinen Bands wie meiner (und wahrscheinlich deiner, falls du in einer spielst) das Gefühl gibt, es wäre finanziell unmöglich auf eine längere Tour zu gehen. Es stigmatisiert diese Idee und gibt dem Ganzen den Geruch eines großen Risikos. Die Wahrheit ist aber: Als ich mit meiner Band Direct Hit das erste Mal durch die USA getourt bin, haben wir jeden Abend in irgendwelchen Kellern vor 15-25 Leuten gespielt. Und wir haben alle trotzdem genug Geld mit nachhause gebracht, um unsere angepissten Freundinnen ausführen zu können. Wie haben wir es als winzige Band geschafft, mehr Geld rauszuholen als die Jungs mit ihren 100 Millionen Youtube-Views? Nun, es war eigentlich verdammt einfach.

Es ist prinzipiell eh cool, dass die erwähnte Band ihren Mitgliedern Lohn zahlt, die richtigen Hotelzimmer bucht und so insgesamt 25.000 Dollar an „Produktionskosten“ in den Wind bläst. Aber wenn man sich durch ihre Tour-Buchhaltung liest, sieht man sofort einige Stolperfallen, die sich problemlos vermeiden lassen. Wenn man sich auf Tour ein bisschen auf den gesunden Menschenverstand verlässt, ist es eigentlich egal welche Größe deine Band hat—du wirst dich dabei nicht in den Ruin stürzen müssen. Wurscht ob du Beyoncé, ein DJ in einer 1000er Venue oder eine Punk-Band bist, die vor 9 Leuten spielt, die euch noch dazu hassen.

Lass uns einen kurzen Blick auf die Buchhaltung unserer 2013-Tour werfen:

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Tage auf Tour: 37 ( 20. Juni bis 28. Juli 2013)

AUSGABEN

Benzin: $3,488.45

Van-Reperaturen: $494.15

Bankgebühren: $92.00

Parken: $26.00

Hotels: $122.00

Autobahngebühren: $148.05

Kosten insgesamt: $3,096.24

EINKOMMEN

Ticketverkäufe: $4,225.00

Merch-Einnahmen: $4,373.00

Einnahmen insgesamt: $8,598.00

WTF? Wie haben wir das gemacht? Relativ einfach. Hier sind ein paar leicht zu befolgende Tipps:

MACHT EUCH IM VORFELD EINEN PLAN, WAS WIE VIEL KOSTEN WIRD

„Geld interessiert uns nicht! Wir wollen nur herumfahren und einen Party-Urlaub machen.“ Das ist häufig das, was man von kleinen Bands hört, die auf Tour gehen. Das ist natürlich großartig und auch richtig, weil niemand mit der Scheiße, die wir machen, reich wird. Aber mal ehrlich: Wann hast du das letzte Mal vor einem Urlaub nicht wenigsten 5 Minuten drüber nachgedacht, was dich das Ganze kosten wird?

Es braucht knapp 20 Minuten, ein Basis-Budget für eine Tour zu erstellen. Ihr wisst, in welchen Städten ihr spielt oder spielen wollt. Ihr wisst ungefähr, wie viel Benzin euer Tourbus verbraucht. Also geht auf Google Maps, setzt euer Zuhause als Start- und Zielpunkt und tippt eure Stops ein. Dann multipliziert ihr das mit 1,15—damit habt ihr relativ genau die Entfernung, die ihr zurücklegen werdet, plus einen Puffer. Das setzt ihr dann in Relation zum Verbrauch eures Vehikels und teilt es durch die Zahl der Shows. Das Ergebnis ist dann das, was ihr pro Show für den Transport einnehmen müsst. So einfach ist das.

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Benzin ist die größte Ausgabe, die ihr als DIY-Band auf Tour haben werdet. Alles andere sind relativ gesehen Peanuts. Wenn ihr also wisst, wie viel Geld ihr für Benzin brauchen werdet, kennt ihr schon mal den Löwenanteil eurer Ausgaben. Und das ist viel wert.

FRAGT IMMER NACH GELD UND EINEM PLATZ ZUM SCHLAFEN

Niemand will das Arschloch sein, das Promoter nach mehr fragt als man sollte. Und das solltet ihr auch nicht. Aber wenn ihr eine Tour plant, erwähnt trotzdem immer, was ihr für den Stop an Benzin ausgebt und fragt nach einer Einschätzung, ob eure Band das wieder einspielen wird.
Nach Geld fragen hat nichts mit Gier zu tun. Es gibt euch die Sicherheit, dass der Booker sich zumindest ein bisschen dafür interessiert, ein paar Leute zu der Show hinzubekommen. Als ich unsere erste Tour geplant habe, habe ich den Fehler gemacht und den Bookern erzählt, dass es uns nicht ums Geld ginge—alles, was wir wollten, sei ein Platz zum Schlafen. Das Resultat: In 50% der Fälle wusste der Barkeeper bei unserer Ankunft nicht mal, dass es an dem Abend ein Konzert geben würde, weil es ihm der Promotor nicht mitgeteilt hatte. Warum auch? Wenn er euch nichts versprochen hat, hat er auch keinen Grund sich darum zu kümmern, dass wenigstens 10 Leute auftauchen. Es muss nicht viel sein: Selbst wenn ihr 25 Dollar vereinbart, wird er zumindest drei Gedanken an den Abend verschwenden. Wenn er euch nicht mal das garantieren kann, geht davon aus, dass er eigentlich nur das Geld der Leute abgreifen will, die ihr selbst mobilisiert. Und scheißt auf ihn.

Dasselbe gilt für einen Schlafplatz. Nach einem Platz auf irgendeiner Couch zu fragen zeigt ihm, dass ihr wirklich Ausgaben habt, selbst wenn ihr nur 20 Minuten spielt. Hotels sind scheiße teuer—nichts bläst ein Mini-Budget unnötiger auf als Hotelzimmer für eine komplette Band, selbst wenn es nur an ein oder zwei Tagen die Woche ist. Wenn ihr mal irgendwo keinen Schlafplatz kriegt, schlaft im Van. Ich meine das ernst. Selbst wenn ihr irgendwo campt, ist das immer noch billiger als das billigste Motel.

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HALTET EUER EQUIPMENT MINIMAL

Es ist verlockend, in einer Art voll ausgestatteten mobilen Wohnung zu reisen, wenn man auf Tour ist—tatsächlich ist es aber eine der dümmsten Entscheidungen, die man als Band überhaupt treffen kann. Je größer das Equipment und Gepäck, desto höher die Ausgaben für Sprit, Instandhaltung, Reparaturen, Parken etc. Es ist verkehrstechnisch um einiges gefährlicher, weil es fast unmöglich ist, ordentlich in die Bremse zu treten, und weil es schwieriger ist, bei schlechten Wetterbedingungen, durch enge Passagen, hügelige Strecken oder um Kurven zu fahren. Es mag vielleicht wie eine gute Idee wirken, sich für einen Tausender einen Extra-Anhänger zu checken, aber Parken wird damit beinahe zur Unmöglichkeit. Vom rückwärts Einparken ganz zu schweigen. Und es bedeutet, dass ihr in keiner Parkgarage Platz finden wirst, und in Folge die drei mal so teure, kostenpflichtige Großparkplätze verwenden musst. Wenn ihr nicht gerade so derartig viel Merch verkauft, dass ihr einen eigenen Anhänger haben MÜSST, dann vergesst es lieber.

Wenn ihr in einer 2-köpfigen Formation spielt, dann tourt in einem Ford Escort. Wenn ihr in einer 4-köpigen Band spielt, tourt in einem Minivan. Wenn ihr einen Haufen Merch verkauft, dann checkt euch einen 12-Sitzer-Van. Egal in welcher Ausgangssituation: Versucht euer Bestes, um euren Transport zu minimieren. Nutzt wenn möglich die Boxen oder das Drumset von den anderen Bands, die bei euren Shows spielen. Je kleiner ihr euer Equipment haltet, desto mehr Kosten könnt ihr vermeiden. Verwendet euer Riesenequipment nur dann, wenn ihr auch wirklich Riesenshows spielt. Trefft eure Equipment-Entscheidungen anhand der Fakten, und nicht anhand eures Egos.

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BEHALTET IM AUGE, WIE VIEL IHR MIT EUREM MERCH VERDIENT, UND TRENNT DIE EINNAHMEN VON EUREM GESAMTBUDGET

„Es ist so einfach! Wir haben bei der Show 110 Dollar verdient, und das, obwohl nur 14 Zuschauer gekommen sind!“ Ja, so etwas höre ich oft. Die meisten Bands verdienen auf Tour mit zwei verschiedenen Quellen Geld: 1. Eintritt und 2. Merchandise. Es ist wichtig im Auge zu behalten, dass Merch im Gegensatz zum Eintritt auch mit Ausgaben verbunden ist, deshalb sollte man beide Kassen getrennt von einander behandeln und aufzeichnen.

Wenn du Zeug verkaufst, dann zeichne nach jedem Abend auf, wie viel du einerseits mit den Shirts und andererseits mit der Musik verdienst. Es ist ziemlich einfach sich einzubilden, dass man On Top sei, wenn man 40 Dollar pro Nacht verdient hat, einfach weil man dabei gerne mal vergisst, dass man ja im Vorhinein auch Kohle in das Zeug investiert hat. Dafür muss man eigentlich nicht der Wirtschafts-Oberfuzzi sein. Wenn du keine Lust hast, penibel genaue Aufzeichnung von deinen Ein- und Ausgaben zu führen, ist das ja eh auch okay. Du solltest aber zumindest eine grobe Richtzahl davon im Kopf haben, wie viel du einerseits an Merch verkauft hast, und wie viel die sechs Zuschauer im Gegenzug in den Hut geworfen haben, der während eures Konzertes durchs Publikum gereicht wurde. Wenn du zuhause ankommst, rechne zusammen, wie viel du mit deinem Merch verdient hast, und ziehe davon die Summe ab, die du schon im Vorhinein in die Produktion gesteckt hast. So weiß der Typ, der die Shirt für euch hat drucken lassen im Nachhinein zumindest, wie schlimm er über den Tisch gezogen worden ist.

NEHMT EUCH ZEIT UND GEHT IN DEN SUPERMARKT

Ganz simpel: Erdnussbutter, Marmelade, Dosen-Thunfisch, Vollkornbrot, Multivitaminsaft und Kräutertee sind günstiger als Fast Food-Menüs. Du gibst im Drive-Through zwar vielleicht nur 5 Dollar und im Supermarkt 10 Dollar aus, aber mit dem Zeug, dass du dir im Supermarkt kaufst, wirst du 5 Tage auskommen statt 10 Minuten. Und wenn ihr das Glück habt, für einer Show tatsächlich Gage zu bekommen, dann könnt ihr die Kohle zum Eintrittsgeld werfen, anstatt sie für pampigen Fraß auszugeben, den ihr im Nachhinein am liebsten auf die Bühne kotzen würdet. Indem ihr ab und zu mal beim Supermarkt halt macht, schafft ihr es, gerade mal die Hälfte des Geldes zu benötigen, das ihr für Fast Food benötigen würdet. Und wenn ihr jeden Tag einen Multivitaminsaft oder Smoothie zu euch nehmt, werdet ihr nicht mal auf die Nährstoffe verzichten müssen, die euch bei dem labbrigen Salat und der verrunzelten Tomate in einem Burger entgehen.