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Wiens schwule Partyszene

Wir sind in die Unterwelt der Wiener Schwulenszene eingetaucht und haben festgestellt, dass sie gar nicht so klein ist, wie wir dachten.

Die Wiener Clubkultur haben wir bisher schon ziemlich gut abgedeckt. Wir haben sie geliebt, sie ganz kurz ein bisschen geschimpft und uns ganz schnell wieder mit ihr versöhnt. Wir haben ihre Freetek-Bereiche, ihre Vergangenheit und ihre Gegenwart durchleuchtet, Dinge stehen, Dinge fallen—Wien ist ein Equalizer aus Asphalt und Schweiß, Beats und manchmal sogar ein bisschen Hedonismus. Es gibt also viel zu berichten. Alleine im letzten Jahr ist viel passiert.

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Eine Szene, die wir bisher noch kaum im Fokus hatten, ist die, die lieber in Regenbogenfarben denkt als in Schwarz und Weiß. Man hat ja eigentlich eher diffuse Vorstellungen der schwulen Partyszene, weil man da ja als Hete kaum Zugang hat. Deshalb dachte ich mir, dass ich mich auf die Suche nach den wirklichen Schwulenpartys mache, die weniger weder Fisch noch Fleisch sind.

Aber es ist eine Sache, eine Idee zu haben. Es ist eine andere Sache, sie umzusetzen. Vor allem Ideen, die einem etwas bedeuten, von denen man hofft, dass sie anderen was nützen könnten. Da stand ich nun, mit der Idee für einen Guide über die schwule Partyszene Wiens zu schreiben—als Frau, die kaum eine Ahnung von Schwulen-Clubs hat und wenn überhaupt mit ihren lesbischen Freundinnen mal zu einem Clubbing geht, um mit schönen Frauen zu tanzen. Okay, wie gesagt, man kennt die ein oder andere Veranstaltung und hat sich irgendwann mit einem Typ wieder gefunden, der mehr Stil als ein ganzer Designerladen hat und hat zu Britney Spears getanzt und Glitzer über die Tanzenden geschmissen. Das war es dann auch schon. Und so bin ich in Expresszeit vor einem Problem gestanden. Wie geht man ein Thema, das durchaus heikel ist (vor allem wenn man keine wirkliche Ahnung hat) an? Wie kann man einen Szenen-Artikel schreiben, der Szenefremden etwas bringt und von den Leuten der Szene selbst zumindest nicht völlig zerrisen wird? Da ich das seelenlose Google in so einem Fall für das falsche Instrument halte, habe ich mich an meine schwulen Freunde, Bekannte und Andere gewandt.

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Zu meiner großen Freude war der Großteil meiner Freunde schlicht zu faul, darüber nachzudenken (Bussi). Sie waren der Meinung, dass sie sich da auch nicht auskennen und mir nichts Neues sagen können. Wie gesagt, klassisch faul eben. Andere meinten, dass es sinnlos sei, in Wien nach Schwulenpartys zu suchen. Das sind diejenigen, die jedes Wochenende nutzen um nach Berlin, London oder sonst wohin zu fliegen, damit sie dort im wirklichen Underground feiern können. Nur als Einwurf: Man könnte auch dableiben und etwas daran ändern.

Meine Euphorie ist nach und nach zu einer Zornfalte und übermäßiger Schweißproduktion mutiert. Langsam hat sich das Gefühl eingeschlichen, dass mein Artikel keiner über großartige Schwulenpartys wird, sondern einer darüber, dass Wien beschissen ist, die Schwulen einem ehrlich leid tun können und der gegen Ende zu einem Rant gegen Leute übergeht, die „schwul“ im falschen Kontext verwenden (Auch wenn es nicht soweit gekommen ist: Ihr seid trotzdem Idioten). Irgendwie habe ich es dann aber doch geschafft an Leute zu geraten, die Ahnung hatten und viel wichtiger, diese Ahnung auch geteilt haben. Und Leute, ohne die es diesen Artikel wohl nicht so geben würde.

Einer von ihnen war Julian Wiehl, CEO & Herausgeber vom Vangardist, der meint, dass „die wirklichen Underground Partys wahrscheinlich Sex Partys sind.“ Das ist laut Julian aber nur eine Annahme—aber auch, dass es keinen wirklichen Underground mehr gibt: „Ich glaube, so echten Underground gibts nirgends mehr. Das wäre ein Ort wo sich 150 Leute treffen—ohne Flyer und ohne Website.“ Kling plausibel, aber ein paar haben wir dann doch gefunden. FYI: Auf dem Eventkalender des Vangardist sind immer wieder die besten Partys ausgeschrieben.

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Ein anderer war Schwanzer, ein 28-jähriger Manager, den ich nach der Underground-Szene Wiens gefragt habe. Er gab uns das hier als Antwort: „Von aufgestylten Flamingos mit Bauchketterl, goschat und präsent in ihrem Dasein bis hin zum geilen Prolo Beidl, der nur mit seiner Anwesenheit einen in die Knie gehn lässt. Wien ist durchwachsen an Spektakeln. Wer braucht an Homo-Underground? Wir brauchn an Human-Overground! So schauts aus! Keine Werbung, weil Underground." Fair enough. Genau so stellt man sich das vor, oder? Wir sind jedenfalls dafür Party mit aufgestyleten Flamingos zu machen.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Cris Crack

Cris Crack ist seit mittlerweile sieben Jahren in der Wiener Szene unterwegs und arbeitet seit knappen drei Jahren als Tänzer und MakeUp-Artist auf den verschiedensten Gay-Partys und Clubbings. Somit hat er die Partys sowohl als Gast, als auch als Mitarbeiter erlebt. Er ist einer derjenigen, die finden, dass da noch mehr geht: „Die Wiener Schwulenszene ist meiner Meinung nach noch nicht breit gefächert genug. Zum Beispiel gibt es in Wien nur einen großen Gay Club, wobei es in anderen Metropolen in Europa bzw. der Welt ganz anders aussieht!“. Allerdings meint er, dass es in Wien mittlerweile auch grandiose Clubbings wie das OMG, den Circus, das Pornstrash oder das ficken+ hat, wobei letzteres eher die Undergroundszene anspricht. ficken+ ist übrigens so underground, dass wir nichts dazu finden können und wir wohl mit unserer Neugierde leben müssen.

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„Für jeden Typ Mann gibt es die richtige Party in dieser Stadt“, meint er, „jedoch finden sie nicht wöchentlich, sondern alle paar Monate statt. Jede Party an sich ist ein Rückzugsort für die verschiedenen Arten von Schwulen, Lesben und Transgender. Man wird wohl kaum Leute, die zum Ken Club gehen auf einem ficken+ Event sehen oder andersrum.“ Klar, jede Szene hat auch seine Unterteilungen. Ein Electro-Typ wird wohl kaum oder selten auf Goa-Festen zu sehen sein. Was Cris ein wenig zum Kotzen findet ist, dass es „in Wien noch immer keine wöchtentlichen Dragclubs gibt, in denen Dragartists performen und durch den Abend führen, so wie es in Amerika und Frankreich der Fall ist. Alles in allem ist Wien, was schwules Ausgehen anbelangt, im guten Mittelfeld wobei noch Luft nach oben ist.“

Dass es noch Luft nach oben gibt, sagen auch andere Stimmen. Einige Leute, mit denen ich gesprochen habe, gehen überhaupt auf Hetero-Partys, weil Szene-Partys teilweise kaum von normalen Partys abweichen. Andere finden die Schwulenszene hier so unterrepräsentiert, dass sie zum Feiern eben regelmäßig in andere Städte fahren.

Wie zu allem, gibt es auch hier unterschiedliche Meinungen, fest steht nur, dass Wien keine Schwulen-Megalopolis ist. Dennoch haben wir euch einen kleinen Guide zusammengestellt, der euch in Sachen schwules Ausgehen helfen kann.

The Overground

Beginnen wir mit den Clubbings und Events, die auch dem durchschnittlichen Wiener Hetero-Facebook-User etwas sagen. Meat Market zum Beispiel. Die Partys wandeln zwischen Electro- und Technomusik, zwischen Extase und Sex. Dann gibt es da noch unseren wunderbaren Freunde von Rhinoplasty. Hier kann man Party in Disguise machen und was für eine. Wenn man schreibt, dass etwas Spaß macht, klingt es unweigerlich beschissen, aber hey, diese Partys machen nun mal verdammt viel Spaß. Auch Malefiz ist immer wieder eine durchtanzte Nacht wert. Und natürlich noch die legendäre Wiener Freiheit und Heaven. Für die Ballgänger gibt es den Rosenball und den Life Ball—of course.

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Ken Club

Seit zwei Jahren gibt es den Ken Club nun schon. Wer auf Pop und R´n´B steht ist hier gut aufgehoben. Der Übermut wird hier selten gebrochen, die Partys sind ausschweifend, die Luft riecht nach Freiheit und Schweiß und man kann hier bis in die frühen Morgenstunden ungezügelt so gut wie alles machen. Besonders sympathisch: Bei jedem Event bekommt ein anderer Namensträger freien Eintritt.

The Circus

The Circus stellen wir uns ein bisschen wie das Eintauchen in eine komplett andere Welt vor—der Eventname legt das auch schon sehr nahe. Circus ist was für Menschen, die dank der gnadenlosen Realität schon ein bisschen verlernt haben zu träumen. Bekanntlich ist in Träumen alles erlaubt. Bei den Partys gibt es DJs, Gogos, „Welcome Boys“ (sollte überall eingeführt werden btw.) Kostüme, eine Danger Zone(!!) und wayyy too much sexiness. Events, bei denen DJs Namen wie Darc Delirium oder Charlet Crackhouse haben, können nicht falsch sein.

Unten weiterlesen.

GM1

GM1 ist eine neue Partyreihe für Schwule, die in der Pratersauna stattfindet. Am 10.Jänner ist die Veranstaltung das erste Mal von der glitzernden Bühne gegangen. Ursprünglich hätte das Event „Trouble In Paris“ heißen sollen, aber die Veranstalter haben sie nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo aus Pietätsgründen dann in „Trouble In Vienna“ unbenannt. Das finden wir sehr sympathisch. Menschen, die unter der Wiener Vorstadtristesse leiden, nur Billigfusel zu trinken und das Internetradio satt haben, ist mit diesem Event laut Veranstaltern geholfen. Es gibt eine Men-only-Zone und Gogos. Wann das nächste Clubbing stattfindet, erfährt ihr hier.

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NSA—No Strings Attached

NSA bezeichnet sich selbst als eine der führenden Gay Circuit Parties Österreichs. Die Strings sind sehr unregelmäßig attatched—die Party findet also in ziemlich willkürlichen, überraschenden Abständen statt. Solltet ihr euch fragen, was eine Circuit Party ist: Bei dieser Party handelt es sich um ein großes Tanz-Event, bei dem bis in den nächsten Tag reingefeiert wird—Berlin-esk also. NSA pendelt irgendow zwischen Untergrund und gleichzeitig professioneller Produktion und Publicity.

OMG

Das OMG-Clubbing ist ein "must have for vienna".

Why Not

Das Why Not ist der einzig größere Schwulen-Club in Wien. Story short: Der im ersten Bezirk liegende Club ist eine der bewährtesten Adressen wenn es um Homo-Clubkultur geht. Es finden regelmäßige Veranstaltungen statt und bei jeder der drei Bars wird andere Musik gespielt—aber um Gay Disco Classics kommt man hier so oder so nicht herum.

Hard On

Screenshot Hard-On

Jetzt bewegen wir uns schon ziemlich in den Untergrund bzw in Richtung Fetisch und Ficken. Der Zutritt ins Hard-On in der Hamburgerstraße 4 ist nur Mitgliedern, die dem Verein angehören, erlaubt. Freitags findet hier der obligate „Fuck Club“ statt, auf der Website kann man die Events nach Fetisch sortieren und generell findet man im Veranstaltungskalender exorbitant viele XX und XXX. Natürlich gibt es auch eine Wahl zum Mr. Fetish Austria, für die ihr euch noch bis 15. April anmelden könnt.

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Sling

Unweit vom Hard On, in der Kettenbrückengasse 4, könnt ihr eure Eier im Sling schwingen lassen. Ihr Credo: „Wir wollen dass du kommst.“ sagt irgendwie eh schon alles. Hier treffen verschieden Alterklassen, verschiedene sexuelle Interessen und Vorlieben aufeinander. Für das Lokal wurde eine spezielle Glaswand beim Pissoir angefertigt, damit auch wirklch jeder sehen kann, was er bekommt. Der Eintritt ins Sling ist frei.

Pitbull—Bear & Butch Clubbing

Das Event findet ein bis zwei Mal im Monat im Titanic Club statt. Zwei Bars teilen sich dort die Aufgaben. Ein Floor ist eher was für die Leute, die sich gerne in Ruhe Drinks runterkippen und lieber reden als sich den Lederarsch am House-Floor anzutanzen. Achja, einen Darkroom gibt es auch.

Kaiserbründl

Das Bad befindet sich im ersten Bezirk und bezeichnet sich selbst als „wohl eines der schönsten Bäder der Welt.“ Aber eigentlich dreht sich hier alles um die ausschweifenden Veranstaltungen. Die Orgia Epicurea beispielsweise dürfte—wenn man den Fotos nach urteilt—ein pures Sex-Event sein. In etwa einmal im Jahr findet die dekadente Orgie mit Porno-Stars, die auf der Bühne ficken, sich gegenseitig einen blasen im Kaiserbründl statt. Da hier keine regelmäßigen Veranstaltungen geplant sind, müsst ihr euch den Eventkalender immer wieder mal ansehen. Neben den Events gibt es hier auch „normalen“ Betrieb.

Dieser Artikel wurde am 2.1.2018 upgedatet.

Sollte Isabella etwas vergessen haben, könnt ihr sie auf Twitter eines Besseren belehren: @Isaykah

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