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dein sound andere ära

Musik in Bildern—Die besten Gigposter der 00er

Anfang des 00er schrumpften durch Downloadportale die Plattenartworks plötzlich auf Fingernagelgröße. Kein Wunder, dass Tourplakate immer künstlerischer wurden.

Was wurde vom Jahrtausendwechsel nicht alles erwartet. Computerabstürze, Systemausfälle, chaotische Zustände. Was passierte wirklich? Das Internet wurde so langsam zum Alltagsbegleiter, Musiktauschbörsen und Downloadportale stellten das Konsumverhalten von Musikhörern auf den Kopf und zwangen die Tonträgerindustrie beinahe in die Knie. Die bis in den Mainstream reichende Renaissance der Schallplatte war noch nicht abzusehen, also schrumpften Plattenartworks plötzlich auf Fingernagelgröße. Viel mehr Platz für Kunst hatte so ein iPod halt nicht zu bieten. Gleichzeitig setzte sich die Einsicht durch, dass Konzerte die Einnahmen bringen müssen, die durch sinkende Verkaufszahlen der Tonträger eingebüßt werden. Zähle das eine mit dem anderen zusammen und es ist nur logisch, dass die Veranschaulichung von Musik in den Jahren 2000-2010 am aufregendsten auf Tourplakaten zu beobachten war. Hier ein kleiner Überblick über deren wichtigste Designer.

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Frank Kozik

Von der einleitend beschriebenen Entwicklung kann Kozik mit Sicherheit ein Lied singen, immerhin war er in den 90er Jahren selber Labelbetreiber. Sein Imprint Man’s Ruin (u.a. Kyuss, High On Fire, Nebula, Entombed, Queens Of The Stoneage) genießt Kultstatus. 2002 war dann Schluss. Mindestens genau so legendär ist allerdings seine Posterart für Shows von u.a. Sonic Youth, Pearl Jam oder Soundgarden. Sein immer wieder Comic-Ästhetik zitierender, teilweise Collagen-artiger Stil ist einerseits Tribut an die optische Erscheinung der DIY-Szenen der 80er und 90er Jahre, andererseits aber auch enorm einflussreich, was die Entwicklung der Posterart in den 00er Jahren angeht.

http://www.frankkozik.net/

Jay Ryan

Wir sprechen hier nicht vom leidlich begabten Schauspieler Jay Ryan, wir sprechen vom immens begabten Designer Jay Ryan, dem Typen, der neben seinem eigenen Musikerdasein (Bassist bei Braid und Dianogah) Konzertposter für u.a. Shellac, die Flaming Lips, Melvins und unzählige Bands aus dem AlternaRock und Emocore-Bereich gestaltet hat. Sein sensibler Bleistiftstrich dürfte zu einem der unverkennbarsten der Szene zählen. Und sein mit Perspektive, Figürlichkeit und Geometrie spielender Stil hat schon etliche Galeristen dazu angehalten, sein Werk vom Club-Billboard in die Kunsthalle zu holen.

http://thebirdmachine.com/

Derek Hess

Wenn du deine pubertäre Tobsucht in den Neunzigern in Plattenkäufe kanalisiert hast, dann müssten Derek Hess’ Artworks eigentlich aus deinem Plattenschrank heraus leuchten. Seine skizzenhaften Anatomien wurden zu einem Markenzeichen, das du auf Covern von Converge-, In Flames- oder Sepultura-Veröffentlichungen findest, und das von seinen Fans so kultisch verehrt wird, dass es nicht selten auch als Tattoo-Vorlage herhalten muss. Genau so ikonisch sind seine Gigposter, die grafisch andeuteten, welches Inferno dich bei den Shows von z.B. Helmet, Snapcase, Cave In, Deftones oder Converge erwartet. Hess’ Zeichnungen haben es im Verlauf seines Schaffens bis in die Rock and Roll Hall of Fame und den Louvre gebracht.

http://derekhess.com/

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Bongoût

Unter diesem Moniker fabrizierten die in Berlin ansässigen Christian Gfeller und Anna Hellsgard bis ins Jahr 2012 u.a. unzählige Siebdruck-Poster. Es war in den späteren 00er Jahren beinahe unmöglich, ein wichtiges Konzert in Berlin zu verpassen, denn die extrem wandelbare Formsprache der beiden besetzte dein Bewusstsein, sobald dir einer ihrer Siebdrucke an einer Plakatwand begegnete. Einer ihrer Auftraggeber war der schmerzlich vermisste Festsaal Kreuzberg. Die Künstler in ihrem Gigposter-Portfolio reichen von Melvins und Slayer über High On Fire, Black Lips und Lightning Bolt bis zu Willie Nelson.

http://www.xn--bongot-0ya.com/

Emek

Emek ist u.a. der Haus- und Hof-Grafiker für Erykah Badu und wurde von Henry Rollins höchtselbst als der „Thinking Man’s Poster Artist“ hofiert. In seinen Siebdrucken tauchen nicht selten soziopolitisch eingefärbte Subtexte auf, seine Siebdrucke sind meistens handgemalt und limitert. Dementsprechend kann ein seltener Emek so was wie eine kleine Altersvorsorge sein. Aber vergessen wir nicht, worum es hier geht. Es geht nicht um Spekulation und Wertsteigerung, es geht um äußerst prägnante Arbeiten für so Leute wie Queens Of The Stone Age, Black Keys, The Flaming Lips oder Radiohead.

https://www.emek.net/