Foto: Franz Grünewald
Alex.Do: Das habe ich das erste Mal relativ unbewusst, als ich mit dem Musikgeschmack meiner Eltern konfrontiert wurde. Der reichte von den Beatles und Stones über Jimmy Somerville oder den Fine Young Cannibals und Grace Jones bis hinzu John Lee Hooker und Marvin Gaye und vielem, vielem mehr.
Anzeige
Als Produzent hat sie mich definitiv sehr beeinflusst. Ganz gut hören kann man das auf meinem letzten Release, finde ich. Speziell der Track "Mercurio", der einen industrialesquen Touch hat und mit der Arpeggiatormeldoie ein typisches Element dieser Zeit mitbringt, wie ich finde.Was die Musik aus den 80ern angeht, so bewegen sich viele der Releases zwischen sehr unterschiedlichen Stilen; oder zu mindestens Tempi. Es gibt Tracks auf einer Geschwindigkeit von 180 BPM, was quasi an Drum and Bass von der Beatstruktur erinnert, und dann gibt es wieder Tracks, die auf 100 oder weniger BPM aufgenommen wurden, was dann wieder "downbeatig" anmutet. Heutzutage bewegt sich im Clubkontext, meinem Empfinden nach, der Großteil der Musik zwischen 120 und 135 bpm. Was natürlich auch Sinn macht, denn das ist eine gute Temporange, um dazu zu tanzen.Damit wären wir beim Auflegen, also die 80er und du, als DJ.
Mich fasziniert auch diese große Aufbruchsstimmung sehr, die sich in der Musik vernehmen lässt—es gab einfach eine gigantische und maßgebliche Veränderung mit der Einführung der elektronischen Klangerzeuger. Dadurch, dass ich so viel verschiedene Musik höre und mich davon—bewusst oder auch unbewusst—beeinflussen lasse, möchte ich mich eigentlich nicht nur im normal, cluborientierten Spektrum bewegen. Natürlich finde ich es großartig, gute Clubtracks zu produzieren. Aber dadurch, dass damit jedes Wochenende konfrontiert bin, brauche auch davon auch mal eine Auszeit und muss andere Wege einschlagen, um mich nicht irgendwann zu langweilen, oder eine Art Overkill hervorzurufen.
Anzeige
Also HipHop höre ich heute auch noch immer sehr gerne. Aber irgendwann fand ich viele der Texte, ehrlich gesagt, ziemlich dämlich und beschränkt fand. Zum einen drehten sie sich inhaltlich immer um die selben Themen, zum anderen waren diese oftmals auch ziemlich menschenverachtend. Ab diesem Punkt habe ich irgendwie mehr und mehr auf die Beats geachtet. Eine wirkliche Offenbarung war dann für mich TripHop. Die Musik von Acts wie Portishead oder Massive Attack weiß ich bis heute sehr zu schätzen. Ich werde zum Beispiel nie vergessen, wie ich vor ein paar Jahren mal Portishead in der Zitadelle Spandau live erlebt habe; das war wirklich ein großartiger Moment für mich. Dann habe ich auch irgendwann Bonobo, dessen Alben ich sicherlich mittlerweile alle "mitsingen" kann, und viele andere Ninja Tunes Artists entdeckt.
Anzeige
Meine Plattensammlung habe ich nicht wirklich sortiert und lediglich in zwei Sektionen unterteil. In der einen finden sich die ganzen EPs—zum Großteil Techno und House—und in der anderen die LPs. Ich habe jetzt einfach mal zehn Stück, die nebeneinander standen herausgezogen. Als erstes kommt da Steve Reich mit seinem genialem Music For 18 Musicians. Dann Andy Stotts Meisterwerk Luxury Problems—als dieses Album erschienen ist, hat es mich wirklich sehr bewegt. Daneben steht dann ein Album der Kalifornischen Goth Rock Band Chelsea Wolfe mit dem Titel Apokalypsis—meiner Meinung nach deren stärkstes Album. Dann kommt das zeitlose Ege Bamyasi von Can, gefolgt von einem eher skurrilen Release des Interpreten Owen Maercks mit dem Titel Teenage Sex Therapist, welches ursprünglich 1978 erschien und das ich am ehesten noch als eine Art Proto-Indie-Rock bezeichnen würde. Daneben steht dann The Who's Klassiker Who Are You. Nun kommt eine Soul & Jazz Platte des Afrikanischen Musikers Dick Khoza: Chapita. Weiter: die brillante türkischen New Wave-Formation She Past Away und ihrem Debüt Belirdi Gece. Dann kommt ein eher experimentelles Pop-Album der Formation Low Roar; die LP hat den gleichen Titel. Und zum Schluss ein Album, das ich auch wirklich sehr sehr oft gehört habe, von der Formation The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble: From The Stairwell.
Anzeige
Als eine tolerante und weltoffene Szene.Depeche Mode finden sich nicht in deiner Liste, dabei haben sie allerdings elektronische Massenmusik vorweggenommen, schon in den 80ern weltweit Stadien mit dunklen Synthiesounds gefüllt und gelten bis heute als kredibil. Wie siehst du die Band?
Ich finde Depeche Mode wirklich großartig. Was mich sehr fasziniert hat, ist, wie sehr man doch die unterschiedlichen Lebensabschnitte der Band aus deren LPs heraushört. A Broken Frame—eines meiner Lieblingsalben von DM—ist super poppig und dann 15 Jahre und einen Heroinenzug später kommt Ultra, ein Album, das ich unglaublich dark und drückend finde. Das ist eine entscheidende und große Fähigkeit eines Musikers; die aktuelle Gefühlslage und Verfassung mit in den eigenen Werken einzubinden.
Guerre Froide - Demain Berlin
Anzeige
Moloko+ - Falling Apart
Es fiel mir schwer, ein Lied aus jenem Album auszuwählen, welches mir ohnehin am besten gefällt. Also habe ich auf meinem iPod geschaut, welcher der Tracks die höchste Wiedergabezahl hatte—und das war dieser. Jedoch finde ich wirklich das ganze Album unglaublich brilliant. Thematisch bewegt es sich zwischen New Wave & Post Punk und klingt für mich dann irgendwie doch ganz eigen. Die Gitarrenriffs sind eingängig und einfach toll und wie mit den Synthesizer gearbeitet wird, gefällt mir sehr gut. Ich fand immer, dass das Drumming sehr abwechslungsreich war und kein einfacher vier viertel Drummachine Loop ist. Und gerade bei "Falling Apart" finde ich, dass die Synthesizer eine wundervolle Symbiose mit den Gitarren und dem Gesang bilden.
Eleven Pond - Moving Nowhere
Anzeige
Pink Turns Blue - After All
Sad Lovers & Giants - Things We Never Did
Dieser Artikel ist zuerst bei THUMP erschienen.**Folgt Noisey bei Facebook, Instagram und Twitter.