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Ich habe gestern 42 Euro für Flüchtlinge ersoffen

Wir waren gestern saufen. Für den guten Zweck.

Alle Fotos von der Autorin. Da war noch alles gut.

Gestern war ich das erste Mal für den guten Zweck saufen. Obwohl ich gerade unter den Schreibtisch kotzen könnte, kann ich es aus moralischen Gründen nicht bereuen. Gestern haben sich 118 Wiener Lokal zusammengetan, die Lokale Hilfe Wien zu unterstützen und spendeten 50 Prozent ihres gestrigen Tagesumsatzes an die Caritas und an den Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock. Selbst die Kellner haben an diesem Tag keinen Verdienst gemacht—was man lediglich bei einer Kellnerin auch tatsächlich an der Stimmung gemerkt hat.

Damit ich mich nicht alleine unter den Tisch trinke, habe ich meine Schwester eingepackt, die mir ihre Drinks ständig in mein Glas geschüttet hat (wenn du glaubst, dass ich das nicht gesehen habe, liebe Schwester, dann irrst du dich)—was meinen heutigen Kater nicht einfacher macht. Ihr Freund hat uns auf unserer Mission auch begleitet. Ein Freund hat mir „Drinks? Is für an guten Zweck.“ geschrieben und schon waren wir die vier Musketiere des karitativen Rausches. Um 21:00 haben wir uns am Urban-Loritz-Platz getroffen und uns von unserem nüchternen Dasein verabschiedet. Schon vor unserem ersten Getränk haben wir ein paar Regeln aufgestellt. Warum weiß ich nicht, aber nun ist halt mal so. Erstens: Nach einem Getränk mussten wir das Lokal wechseln. Das hat natürlich nicht geklappt. Zweitens: Wir durften in keinem Lokal das gleiche Getränk konsumieren. Das hat schwer geklappt und ist einfach nur dumm—hat mir meine Kotze heute morgen verraten. Drittens: Wenn man in einem Lokal nicht rauchen darf, dann müssen wir einen Shot trinken. Man durfte überall rauchen, den Schnaps haben wir trotzdem getrunken. Viertens: Nachdem ich mit dem Spruch unser Saufgelage eröffnet habe und böse Blicke geerntet habe, durfte „Refugees welcome“ nicht unser Anstoß-Spruch werden. Wir haben alle Preise der Getränke, die wir konsumiert haben, mitgeschrieben, um zu sehen, wie viel wir gespendet haben. Und um unseren Rausch greifbarer zu machen, haben wir unsere Gesprächsthemen dokumentiert.

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7Stern

Der erste Halt unserer Mission war das 7Stern. Zuerst waren wir nur zu dritt, vor allem, weil unser Freund irrtümlich ins 7Stern-Bräu gegangen ist. Das Lokal war gedroschen voll, auch draußen sind Leute gesessen. Wir haben einen roten Sturm, einen gespritzten roten Sturm und einen weißen Sturm bestellt. Bekommen haben wir einen roten Spritzer und drei weiße Sturm. Naja. Als wir zahlen wollten, hat sich der Kellner weggedreht. Im 7Stern war für uns alles gratis. Der Verlag Kremayr-Scheriau hat die Getränke übernommen. Wir sind ein bisschen aus den Wolken gefallen und waren fast ein bisschen beleidigt, dass wir nicht selbst zahlen durften. Aber nur kurz. Ein paar Sekunden später waren wir auf uns selbst beleidigt, weil wir die Regel aufgestellt haben, in jedem Lokal nur ein Getränk zu konsumieren. Nach dem Sturm haben wir uns dann selbst betrogen und—nachdem unser Freund dann aus dem Bräu gekommen ist—drei kleine Bier und einen Kaiserspritzer getrunken. Aber auch wenn alles gratis war, haben wir quasi um die Ecke gespendet. Wir haben uns dann aus dem Lokal geprügelt und die gratis Getränke traurigen Herzens hinter uns gelassen.

Konsumation insgesamt: 21, 60

Gesprächsthemen: Arbeit und Kaffeeautomaten

Dondrine

Eigentlich wollten wir da nicht hin, aber es lag am Weg. Bis auf einen war noch niemand in der Dondrine und ich wusste nicht mal von seiner Existenz. Als wir reingegangen sind, wurde im Lokal „Full of Fire“ von The Knife (meiner Lieblingsband für immer und ewig) gespielt, was mich mit meinem Damenspitz peinlich happy gemacht hat. Meine Leute mussten sich sicher vier Mal „Oh.mein.Gott. Die spielen THE KNIFE!!! anhören. Was ein bisschen absurd war: Wir waren alle schon betrunken. Nach zwei Getränken. Ich hatte ehrlich einen sitzen. Macht wohltätiges Saufen schneller betrunken? Im Lokal war es heiß, der Roboter an der Wand hat mich sicher zehn Minuten in seinen Bann gezogen und die Kellnerin muss eine Perfektionistin sein. Ich habe mir auch ein paar Notizen gemacht, die ich heute nicht mehr verstehe. Zum Beispiel steht unter Dondrine „Rusta-Man“. Keine Ahnung, was ich mit der Info anfangen soll. Auch der Satz „Darf ich diese Mexican Madness kosten?“ steht da drinnen. Zumindest kann ich mich erinnern, dass ich wegen dem Satz gute zwei Minuten gelacht habe. Getrunken haben wir einen weißen Spritzer, ein großes Bier (wir haben beschlossen, dass ein großes und ein kleines Bier zwei komplett verschiedene Dinge sind und nicht als gleiches Getränk gelten), einen Grünen Veltliner und eben den lustigen Mexican Madness.

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Konsumation insgesamt: 12 Euro

Gesprächsthemen: Arbeit, Musik und Politik

Rundbar

Meine Schwester, die eine große Freude mit ihrem kleinen Mexikaner hatte

Von der Existenz der Rundbar wusste ich auch nichts, weil ich gerne immer in die gleichen Rummsen gehe. Dort war mir dann plötzlich, als hätte mir jemand ein E ins Getränk geschmissen. Kein Witz. Mir war plötzlich ur heiß, in meinem Kopf war dieser Motivations-Tornado und ich bin zu irgendeinem „I follow you“-Remix sitzend abgegangen. Ehrlich, ich war einfach auf Droge. Wem auch immer ich das verdanke: Much appreciated. Not. Von der Rundbar, die ich ständig Roundtable genannt habe (man kann sich echt nicht alles merken), war ich (vermutlich wegen dem Drogen-Gefühl) inständig fasziniert. In der rechten Ecke hinter der Bar hingen Quallen (unechte), an der Decke war ein Spiegel angebracht und die Besitzerin des Lokals war schöner als jede Walt Disney-Prinzessin. Getrunken haben wir einen weißen Hauswein, einen roten Hauswein, den Mexikaner (was ein Mini-Bloody-Mary ist) und einen Blue Velvet.

Konsumation insgesamt: 12,90

Gesprächsthemen: Musikanlagen, Formen, Arbeit, Spiegel auf der Decke

Kreisky

Das Kreisky war voll, wir waren voll. Wir haben uns zu Studenten an den Tisch gesetzt. Ein Typ nimmt meinen Kugelschreiber aus der Hand, und fragt nach meinem Namen. Meine Antwort kann ich nicht ganz nachvollziehen, aber hey. Dann fragt er, was wir da machen. „Saufen für Refugees.“ Seine Antwort war besonders schön: „ Das klingt so falsch, dass es schon wieder richtig ist.“ Getrunken haben wir einen weißen Spritzer, drei große Bier (ja, einer hat die Regel gebrochen).

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Konsumation insgesamt: 14,30

Gesprächsthemen: Refugees und Studium

Franz von Hahn

Habe Mumus gesehen, deshalb musste ich es fotografieren.

Unser letzter (?) Stop war ein Lokal im Zweiten, dass eigentlich erst aufsperrt, für diese Aktion aber extra aufgemacht hat. In meinem Notizbuch steht „Holy Fuck, I hate hip people“. Ich glaube, viele Leute werden sagen, dass das Lokal auch in Berlin sein könnte. Die Bar war aus Beton und mehr weiß ich beim besten Willen nicht. Getrunken haben wir zwei Moscow kann-ich-nicht-lesen und zwei Aperol. Danach noch Tequilla

Konsumation insgesamt: 24,20

Gesprächsthemen: Familie und Kindheit

In Summe haben wir knapp 42 Euro gespendet. Saufen könnte eigentlich echt immer so sein.

Isabella auf Twitter: @isaykah

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