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Ein paar Gedanken zum heutigen Eagles of Death Metal-Konzert

Dass ein Konzert unter dem Schutz von Sturmgewehren stattfinden muss, ist nur ein Symptom eines viel komplexeren und tieferliegenden Problems.

Jesse Hughes | Foto via Flickr | Steven Sanchez | CC BY 2.0

Die Eagles of Death Metal spielen heute im Gasometer. Vor drei Monaten wurde ein Konzert der Band im Pariser Bataclan der Schauplatz eines furchtbaren Terroranschlags—130 Menschen starben bei den Angriffen islamistischer Terroristen an jenem Abend. Jesse Huges, der Sänger der Band, hat letztens mit kontroversen Aussagen zum Thema Waffenrecht auf sich aufmerskam gemacht. Laut ihm hätte das restriktive französische Waffenrecht niemanden gerettet, sondern den Menschen die Chance genommen, sich zu verteidigen. Die Eagles of Death Metal werden heute unter massivstem Polizeischutz im Gasometer spielen.

Schon zu Neujahr waren schwerbewaffnete Polizisten in den Wiener U-Bahn-Stationen im Einsatz. Ein Zustand, der für den Österreicher vielleicht etwas verstörend wirkt, aber in anderen Städten wie London zum täglichen Bild gehört. Es wird gerne vergessen, dass auch Österreich schon Schauplatz von Terroranschlägen war, diese Anschläge fanden jedoch in den 70ern und 80ern statt und waren meist politisch und nicht religiös motiviert. Nach mehreren Terrorwarnungen für Neujahr war die Stimmung in Wien angespannt, passiert ist zum Glück nichts.

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Die Frage ist: Ab wann hat der Terrorismus gewonnen? Ab dem Punkt, an dem wir unser Verhalten auch nur etwas ändern oder erst ab dem Punkt, ab dem wir dauernd unter Angst leben? Terrorismus ist per Definition eine Art der politischen Kriegsführung und zielt nicht auf die Zerstörung von Ressourcen sondern auf das Säen von Misstrauen ab. Konzertveranstalter Harry Jenner gegenüber der Österreich: „Gegen sechs Typen mit Kalaschnikows kann keiner etwas machen". Damit hat er wohl recht. Wir stehen vor einem fast unlösbaren Problem. Wir sind in der misslichen Lage, entweder unsere gesellschaftlichen Errungenschaften des friedlichen und freien Miteinander gegen eine moderne Wild-West-Version des bewaffneten Misstrauens einzutauschen, oder uns hilflos ausliefern.

Es ist nach Paris mehr als verständlich, dass die Band selbst auf erhöhte Sicherheitsmaßnahmen besteht, die Frage ist jedoch, wie viel Vertrauen unser Sicherheitsapparat genießt. Fühlen wir uns im Angesicht der oftmaligen innenpolitischen Handlungsunfähigkeit in Österreich noch beschützt? Müssen wir beschützt werden? Würdet ihr vom Besuch einer Veranstaltung absehen, wenn es eine Terrorwarnung gibt? Kommen diese Warnungen überhaupt an die Öffentlichkeit? Wir erinnern uns an Maizeres Kommunikationspolitik. Muss unsere öffentliche Ordnung mittlerweile offensiv verteidigt werden? Viele Fragen, wenig Antworten.

Die einen sehen den Zustrom an Flüchtlingen als große Gefahr, die anderen sehen gewalttätige rechte Aktionen als direkten Pfad in einen neuen Faschismus als noch größere Gefahr. Im Endeffekt gewinnt der Terrorismus schon wenn wir anfangen uns gegenseitig immer mehr zu Misstrauen. Unsere gesellschaftliche Ordnung zu zerstören ist ein Ziel, für welches sich manche unter der Verblendung der Religion sogar selbst in die Luft sprengen. Die einzige Lösung für diese gewalttätige Irrationalität ist mit totaler Ratio zu kontern und sich gegen emotionalisierte Propaganda in egal welche politische Richtung zu stellen. Wir dürfen uns nicht durch Terror in Angst und Schrecken versetzen lassen und wir dürfen die extremistischen Gefahren der derzeitigen gesellschaftlichen Probleme nicht ignorieren. Dass ein Konzert unter dem Schutz von Sturmgewehren stattfinden muss, ist nur ein Symptom eines viel komplexeren und tieferliegenden Problems.

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