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Der Noisey Survival Guide fürs Zürich Open Air

Das Zürich Open Air macht Rümlang zur Stadt. Nur wie überlebt man in Rümlang?

Alle Fotos von Eddy Metzer

Rümlang wird einmal im Jahr eingemeindet und zu Zürich erklärt. Den Zürchern wäre es lieber, man könnte die Stages des Zürich Open Airs auf dem Sechseläutenplatz zusammendrängen. Im Stadtzentrum wäre es aber dermassen eng, dass die BPM-Frequenzen zerfliessen würden—eine Vergewaltigung von Musik und Hörern.

Darum bekommen die Rümlanger also ein Wochenende im Jahr Veto-Recht, gehobenen Status und eine geschwollene Brust. Die Zürcher Agglo-Jugend freut sich über den Anteil am Zürich-Ego. Alle anderen gönnen Zürich eh kein Open Air.

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Der Zürcher freut sich also auf ein Festival voller Menschen mit Stil, Niveau und wahnsinnig attraktivem Dialekt. Rümlang ist aber eben doch nicht Zürich. Nimm dir unseren Guide zu Herzen. Er ist dein Fixstern auf einem schlammigen Weg voller Identifikationsfindung, Jägermeister-Shots, Tellerpupillen und sentimentalem Gejaule. Dann macht auch ein Festival am Stadtrand Spass.

Tram-Komfort
Gäbe es einen Award in der Kategorie „Festival-Anfahrt“, würde das Zürich Openair gewinnen: Nimm das Tram Nummer 10 und lass dich vor den Eingang des Open Airs kutschieren. Der fortgeschrittene Zürich Open Air-Gänger hat ein Bürsteli oder saubere Ersatzschuhe dabei. Eigentlich eine ganze Garnitur an Ersatzkleidern.

Denn zugeschlammt nimmt dich das Tram nicht mehr mit nach Hause. Knackpunkt: Abends ab 23.45 fahren keine Trams mehr in Richtung Stadt und am Donnerstag ist auch nichts mit Nachtnetz.

Die frühen Morgenstunden sind allerdings sowieso besser, um kurz heimzufahren und dann geduscht und ausgeschlafen wieder vor der Bühne zu stehen.

Zeltplatz-Stigma
Du hast ein Ticket für den Zeltplatz? Gratuliere—das verschafft dir den Titel „traurigster Loser des Festivals“. Der ist gleichzeitig dein Coming-Out: Du hast weder Freunde (Noch nicht mal Blutsverwandte oder angeheiratete Coucousins!) in Zürich, denn sonst könntest du bei denen übernachten.

Spätestens am zweiten Tag fällst du als stinkendes Ekelpaket unter all den (Da-)Heimduschern auf. Nun heisst es Schadensbegrenzung zu betreiben: Bleibe unter deinesgleichen, halt dich an Menschen in billigen Verkleidungen. Bilde mit ihnen eine eingeschworene Camper-Gemeinschaft.

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Flüssiges
Vorglühen und Wasser trinken sind die drei magischen Worte. Nüchtern machen die vier Tage keinen Spass und ein Vollrausch vermindert deine Chancen bei den Bloody Beetroots abgehen zu können, wie zu deinen besten Zeiten. Heisst: Balance finden und den perfekten Pegel halten. Das braucht zwar Erfahrung, aber hey, du hast vier Tage Zeit, deine Grenzen kennenzulernen.

(Kein) Drogenkonsum
Wenn du dich bereits entschlossen hast, Drogen zu nehmen, dann mach es zumindest richtig. Experimente mit Substanzen, die du nicht kennst, verlegst du lieber auf ein anderes Wochenende und den Stoff, den du brauchst, holst du dir schon vor dem Vorglühen.

Wenn der dahergelaufene Dealer nämlich plötzlich so unverbraucht und vertrauenswürdig aussieht und dich an deinen guten Freund aus Primarschultagen erinnert, dann verkauft er dir seine Thai-Pille auch als MDMA.

Programm
Spannend wird es, wenn Kinder berühmter Eltern ihr Glück mit der Musik versuchen! Also los und am Donnerstag ab zum Duo The GOASTT, bestehend aus Sean Lennon und seiner Freundin Charlotte. Schau dir an, wie sie versuchen unabhängig von Papi John Lennon wahrgenommen zu werden.

Ausserdem solltest du am Freitag Darkside nicht verpassen. „Ich war an ihrem letzten Schweizer Gig, imfall…“ So kannst du mitreden, wenn alle Welt die Trennung des Duos bedauert. Und unsere Freunde von The Bianca Story freuen sich auch immer über Fans, die an ihrer Gilgamesh-Selbstinszenierung werkeln.

Körperlichkeit
Wenn du in der tanzenden Menge plötzlich wuschig wirst und das wildtanzende Mädchen neben dir klare Signale aussendet: Lass es. Du hast mit Sicherheit die Tipps zum Alkoholkonsum nicht beachtet, jede Pore dünstet Biergestank aus und wenn du Camper bist, lässt auch deine Intimhygiene zu wünschen übrig.

Du läufst in Gefahr, dass auch sie Camperin ist. Und ihr euch gegenseitig Souvenirs für den nächsten Arztbesuch hinterlasst. Letztes Jahr hatte ein Freund von mir einen absoluten Aussetzer. Er hat seine Eroberung dann an einem Baum beglückt. Das Kondom ging vergessen. Drei Tage bekamen wir ihn nicht mehr zu Gesicht, weil er die Dame suchte, um allfällige Zukunftszenarien zu besprechen.

Versuch dich wenigstens an ein paar dieser Tipps zu halten und hol dir deinen Kater des Spätsommers. Wenn du den überstanden hast—geschätzt dürfte das dann am Donnerstag danach sein—dann fühlen sich Open Airs noch besser an.