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Kein Ende in Sicht und echt kana daham—Popfest, Tag 2

Stundenlanger Reggae, familienfreundliche Attwenger und viele glückliche Menschen.

Fotos: Sebastian Rossböck

Eigentlich wollte ich meinen Text über den zweiten Tag des Popfests auch mit dem Jammern über Hitze beginnen. Den Move hat mir aber mein Kollege gestern sehr geschickt vorweg genommen. Ganz kurz muss ich aber trotzdem unterstreichen, dass es gestern viel zu heiß war, um wie ein normaler Mensch durch das Popfest zu gehen. Trotz der Temperaturen ist aber niemand gröber durchgedreht, was bei so einem Massenauflauf schon mal beruhigend ist. Wenig überraschend waren gestern noch mehr Menschen am und um den Karlsplatz als am Donnerstag. Denn außer mir und Menschen, die sich dazu entschlossen haben, Semmeln zu verkaufen, haben heute viele Menschen keine beruflichen Verpflichtungen. Ein bisschen war es so, als hätte man den Karlsplatz erst gestern erbaut und alle müssen sehen, was da passiert ist. Eh klar. Gratis Musik, heiß ist es überall und es gibt eine gute Ausrede, um übermäßig viel Alkohol zu konsumieren.

Als ich ankomme, spielt Yasmo gerade mit ihrer Klangkantine. Objektiv muss ich sagen, dass die Frau es sehr gut geschafft hat, dem Publikum ein Lächeln ins Wochenend-Gesicht zu rappen. Sympathisch und empathisch stand sie da oben und hat uns von ihrer Welt erzählt. Subjektiv muss ich sagen, dass ich, anders als die Anderen, unfassbar grantig wurde. Weil, sorry Yasmo, aber ich pack deine Musik nicht. Wenn ich das in der Früh im Radio höre, zünde ich das Radio an und bin den ganzen Tag schlecht gelaunt. Zum Glück bin ich damit ziemlich alleine. Die Leute wirkten alle so, als hätten sie eine gute Zeit gehabt—und wenn das nicht das ist, was zählt, was dann.

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Meine Stimmung nach Yasmo

In der Pause gehen wir eine Runde um den Brunnen, in dem anfangs ein Paar ziemlich alleine im Wasser stand und gegen Mitternacht mehr Menschen dachten, dass es eventuell gar keine blöde Idee ist, sich da rein zu stellen. Wie viel nur zu faul waren, um aufs Klo zu gehen, möchte ich wirklich nicht wissen. Wie dem auch sei—das Line Up von Freitag war von allen Tagen das Line Up, von dem ich die wenigsten Bands kannte. Ja eh, man hat die Namen schon gehört, aber angehört hat man (ich) sich das nicht. Eine Runde und einem Gespräch mit einem 90-jährigen, der unserem Fotografen erzählt hat, dass die Regierung alte Menschen in den Selbstmord schicken will, später, stellen wir uns brav vor die Seebühne, um Attwenger zu beklatschen. Ungefähr vier Menschen um die 50 erklären mir, dass sie sonst kaum „ausgehen“, aber wenn Attwenger aufspielt, dann muss man raus. Na gut, dachte ich mir, erreichen sie halt Generationen. Es stellte sich heraus, dass die Attis eine ganz passable Live-Band sind. Irgendwo zwischen unspannend und Motivationsmusik. Bei „Kana daham“ musste ich kurz vor Freude springen und gleichzeitig beruhigen, weil die Kinder mich komisch angesehen haben. Wenn das passiert, also dass Kinder einen komisch ansehen, hat man etwas falsch gemacht.

Hier hat sich die Erinnerung der Autorin dazu entschlossen, Abschied zu nehmen

Verschont von Highlights hat das Konzert dann auch aufgehört. Das mit dem Aufhören hätten sich auch Dubblestandart feat Lee „Scratch“ Perry (Oida, Bandnamen! Ich dachte, daüber haben wir schon geredet) zu Herzen nehmen sollen. Die haben nämlich angefangen und gefühlt nie wieder aufgehört. Wenn ich bei Yasmo grantig werde, dann werd ich bei Reggae zum unangenehmen Tier. Besonders, wenn Reggae kein Ende kennt. Es ist echt toll, dass sie so viel Material haben, aber heyyyy, zwei Stunden zu spielen sollte doch reichen. Später im Prechtlsaal habe ich mich dann endlich wohl gefühlt. Musikalisch. Sehr viele andere auch, denn er war ziemlich voll. So voll, als hätten die Leute nicht mitbekommen, dass der Karlsplatz gerade erst erbaut wurde. Chuzpe werde ich mir jetzt auf mein smartes Phone ziehen. Sehr großartig, sehr rythmisch. Aivery waren nicht minder großartig, aber aufgrund der Menschen musste ich in den Innenhof flüchten. Dort wurde es kurz weird. Ein Typ kommt mit Typen zu mir und schreit: „Hey, du bist doch die eine von VICE, ähm, Noisey! Ihr seid großartig.“ Danke an dieser Stelle, aber ihr habt mir trotzdem ein bisschen Angst gemacht. Was nämlich folgte, war dieses Gespräch:

Typ mit Name, den ich mir nicht gemerkt habe: Das haben Wiener Studenten als Wecker-Ton: Scooter—„Always Hardcore“, The Devil wears Prada—„Dogs can grow Beards all over“. Ich feier auch Blümchen und habe ein Blümchen-Shirt.

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Update: Disco Stu sagt nein zum Leben. Ich sage aber Ja zu Disco Stu. Die Angst ist mit der Musik dann auch schnell verflogen.

Der zweite Tag des Popfests hat dann gegen drei Uhr morgens sein betrunkenes und verschwitztes Ende genommen. Vom Line Up her wäre mir jeder andere Tag lieber gewesen (das ist ein Wink an unseren Chefredakteur, Bussi), aber dafür war er dann doch gut. Den Leuten ging es gut (die waren auch freiwillig da), der Prechtlsaal hat den stundenlangen Reggae wieder gut gemacht und der Taxifahrer hat mir dann eine Geschichte über seine Lieblingseissorte (Pistazie) erzählt. Irgendwie hätte der Abend nicht besser enden können.

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