Die Bundespolizei Hannover hat schon wieder einen Skandal: Während der Überführung eines in Gewahrsam genommenen Mannes in einem Bus, sollen Beamte ihn dermaßen verprügelt haben, dass er einen Zahn verlor—später musste Blut vom Boden des Busses gewischt werden.
Mit an Bord: Derselbe Beamte, gegen den bereits ermittelt wird, weil er in mehreren Fällen Flüchtlinge auf der Wache gequält und misshandelt haben soll. Wie der NDR damals berichtete, soll der Beamte nach einer besonders brutalen Misshandlung Nachrichten mit dem Inhalt „Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein” (sic) an Kollegen verschickt haben.
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Im Zuge jener Ermittlungen ist jetzt der neue Vorwurf erhoben worden. Derselbe Beamte soll in dem Fall den Fahrer aufgefordert haben, die Musik aufzudrehen, danach wurde der Gefangene zusammengeschlagen. Das besage eine Zeugenaussage eines Kollegen des Beamten, haben Recherchen von Hallo Niedersachsen und NDR Info ergeben.
Wenn das der Wahrheit entspricht, zeichnet sich ein immer düstereres Bild von den Zuständen auf der Wache der Hannoveraner Bundespolizei. Nicht nur, dass Beamte aus der Direktion auf Facebook damit geprahlt haben, wie gerne sie Fußballfans verprügeln und wie scheiße sie muslimische Kopftücher finden. Offenbar hat hier ein enthusiastischer Sadist über Monate sein Unwesen getrieben, während seine Kollegen ihn nicht nur nicht daran gehindert, sondern ihn auch noch über lange Zeit gedeckt haben. Gegenüber dem NDR beschrieb ein Strafverteidiger dieses Verhalten als „Beihilfe durch Unterlassen”.
Kein Wunder, dass der Ruf der Bundespolizei in Hannover zunehmend Schaden nimmt. Mittlerweile gehört es anscheinend zum Alltag der Bundespolizisten, dass sie am Hauptbahnhof von aufgebrachten Passanten angepöbelt werden—was bestimmt nicht gut für die Moral ist.
Auf die schlechte Stimmung reagierte Bundespolizeipräsident Dieter Romann deshalb mit einem Rundschreiben, in dem er unter anderem klagt: „Die pauschalen Vorverurteilungen diskreditieren unsere von Grund auf bescheidene und uneigennützige Bundespolizeifamilie völlig zu Unrecht und zur Unzeit.”
Wir sollten Verständnis haben. Das muss tatsächlich hart sein, wenn die „bescheidene kleine Familie” von der Öffentlichkeit so hart dafür angegangen wird, nur weil sie in der Not halt mal zusammenhält. Bei anderen bescheidenen kleinen Familien gilt die Omertà ja auch als höchstes Gut.
Der Strafverteidiger Holger Nitz ist von dem Brief des Präsidenten auch nicht begeistert: „Ich glaube, dieses Selbstverständnis ist Teil des Problems”, erklärte er dem NDR. „Die Polizei ist keine Familie, die ihre Probleme intern lösen kann und sozusagen von der Welt von draußen attackiert wird, sondern die Polizei muss rechtsstaatlich kontrolliert werden. Der Appell, die Dinge intern, innerhalb der Familie zu lösen, ist Teil des Problems, eventuell auch deren Ursache.”
Romann hat aber offensichtlich mehr Interesse an einer internen Regelung. Letzte Woche hat er viel Kritik dafür geerntet, als er die Einrichtung einer „Vertrauensstelle” ankündigte, an die Bundespolizisten sich wenden sollen, wenn ihnen etwas ungutes auffällt. Der Witz: Die Stelle ist besetzt mit zwei Bundespolizisten und untersteht direkt ihm, dem Präsidenten der Bundespolizei. Wenn jemand also irgendetwas unangenehmes zu berichten hat, dann muss das also gar nicht mehr unnötig in der Öffentlichkeit breitgetreten werden—Romann entscheidet dann in Zukunft selbst, ob er seiner Behörde noch mehr rufschädigende Ermittlungsverfahren zumuten will.
Die Bundespolizei in Hannover scheint es dringend nötig zu haben, einmal über ihren Umgang mit eigenen Fehlern nachzudenken. Ob der eigene Präsident mit seinen Maßnahmen dabei so wirklich hilft, kann man stark bezweifeln.