Popkultur

Was wir aus den neuen ‘South Park’-Folgen über die Wienwahl 2015 lernen können

Die Elefantenrunde zur Wienwahl am Sonntag ist mir dermaßen auf die Eier gegangen, dass ich in mein Schlafzimmer geflohen bin, um die neuen Folgen der 19. Staffel South Park zu schauen.

Ähnlich wie bei den Simpsons läuft die Weiterführung dieser Serie mit jedem Jahr ein bisschen weiter unter dem popkulturellen Radar. Die Besonderheiten von einst revolutionären Animationsserien werden bei so viel täglich neuem Bullshit auf Facebook schnell vergessen—ich meine, Avril Lavigne ist vielleicht tot und von einem Klon ersetzt worden!?

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Trotzdem ist South Park immer noch die relevantere, bessere Serie, die mit ihrem Konzept immer noch mit schöner Regelmäßigkeit den Nerv der Zeit trifft. Und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich eine Ausrede brauche, weshalb ich als aufgeklärter, verantwortungsbewusster Bürger vor einer Politikdebatte davongelaufen bin, um eine Zeichentrickserie zu schauen.

Leider ist mein Versuch von Politflucht dann ziemlich nach hinten losgegangen. Denn in den neuen Episoden geht es—genau wie bei der anstrengenden Wienwahl-Diskussion—fast ausschließlich um syrische Flüchtlinge, Rechtspopulismus und politisches Kasperltheater.

Kurz zum Inhalt: Mister Garrison kandidiert fürs Präsidentschaftsamt und will das gute alte, freie Murrica zurück—ohne die ganzen lästigen Ausländer. In South Park heißt sein wunderbar übertriebenes, auf einen simplen Punkt gebrachtes Wahlprogramm „Einwanderer zu Tode ficken” und ist ansonsten völlig inhaltslos. Klingt da irgendwas?

Auch wenn hier ganz klar auf den Irrsinn von The Donald angespielt wird, der als Präsidentschaftskandidat im Sekundentakt fremdenfeindliche Meldungen loslässt und alles von Mauern bis Zäunen à la Ungarn rund ums Land aufziehen will, spiegelt sich darin (vielleicht ein bisschen unfreiwillig) auch die politische Vorgehensweise eines Strache wider.

Ohne auch nur einen einzigen sachlichen Vorschlag zu einem realpolitisch tatsächlich umsetzbaren Plans setzt unser österreichischer Trump mit taktisch platzierten Lügenkonstrukten versetzt mit fremdenfeindlichen Limericks rein auf die Abstiegsangst der Bevölkerung und einen schön schwammig gehaltenen „Schutz echter patriotischer Werte”.

In South Park stellen sich nicht (nur) die syrischen Flüchtlinge als Aufwind für die rechten Idioten heraus, sondern es sind hier vor allem die braven Kanadier, die über die noch nicht umzäunten Grenzen im Norden nach Colorado und Co. strömen. Hier wendet die Show einen ihrer patentierten Ironie-Twists an: Der Grund für die kanadische Flüchtlingswelle ist deren neuer Premierminister, der völlig unvorhersehbar an die Macht gekommen ist, weil ihn alle so lange nur für einen Witz hielten, bis es zu spät und er auch schon eingeschworen war.

Sicher ist das gerade eine Krankheit der gesamten westlichen Welt. Die idiotischsten Schreihälse, die man normalerweise nicht mal in die Nähe von politischer Entscheidungsgewalt lassen sollte, die lange nur belustigtes Kopfschütteln ausgelöst haben und aktiv nicht ernstgenommen wurden, gewinnen durch weltpolitische Ausnahmezustände an enormer Wählerschaft.

Noisey: Dass Strache selbst eigentlich die Persiflage eines rechten Politikers aus South Park sein müsste, beweist seine absurde Angewohnheit zu rappen.

Wie immer teilt South Park in alle Richtungen aus. Die liberale Linke wird in der Form von Bros verarscht, die die „neue” Welle der Political Correctness mit eiserner Faust und blutiger Gewalt durchsetzen wollen. Das bezieht sich auch ein bisschen auf die heuchlerische Vergötterung von Caitlyn Jenner, die Sex-OP-Sensation des Kardashian-Clans, die natürlich ebenfalls komplett zerlegt wird.

Hier hat Österreich—ganz Provinz—zwar nicht wirklich ein Pendant, aber man kann ein bisschen verschämtauf Conchita Wurstund den angeblichen „Skandal” um das Transgender-Plakat beim Life Ball 2014verweisen. Was die beiden eigentlich am meisten verbindet, ist deren Instrumentalisierung als repräsentatives Politikum von Links und Rechts—auf der einen Seite als warnendes Schreckbild des nationalen Moral-Armageddons und auf der anderen Seite als stolze Repräsentantin eines neuen, liberaleren Schlaraffenlands der Gleichberechtigung.

Die Abwesenheit jeglicher Sensibilitäten ist der Geheimtrick dieser Serie. Du wirst mit schwangeren Mexikanerinnen, die den Projektilen einer Taco-Kanone nachlaufen und syrischen Flüchtlingskindern als Punchline konfrontiert. Ein „Slow Cosby” wird zur Metapher für Liebe und nichts scheint mehr heilig zu sein. Erst dadurch werden aber die Fakten und Tatsachen, die South Park aufzeigt, in die furchtbar ernüchternde Perspektive gebracht.

Die politischen Aussagen von Trump sind eigentlich genau so überspitzt und krank, wie wenn Garrison den kanadischen Premierminister mit Poppers in der Nase zu Tode fickt—oder Strache behauptet, dass er auch nur in irgendeiner Form eine regierungsfähige Partei anführe!

(c) Comedy Central

Wenn man jetzt etwas aus den Parallelen dieser Show und den anstehenden Wienwahlen lernen möchte, dann ist es wohl die Relation, derzeitige politische Zustände auf der ganzen Welt objektiv zu betrachten—die wir im Moment natürlich zur Zeit eher auf Österreich und Wien beschränkt miterleben. Rechtspopulismus und substanzlose Hetzpolitik sind gerade ein globales Problem und erfahren erschreckenderweise exponentiell anwachsende Akzeptanz.

Vielleicht könnten wir uns von South Park auch ein bisschen abschauen, wie man mit berechnend intriganten Politikern umgehen sollte—nämlich mit intelligenter und ungebremster Satire, die ruhig auch unter die Gürtellinie gehen darf.

„Sich nicht auf das selbe Niveau herablassen” darf nicht heißen, den Falschen das Spielfeld einfach zu überlassen. Mir schießt sowieso nur noch das schleimig süße Gesicht vom soziopathischen Cartman am Schulfototag durch den Kopf, wenn ich Strache-Plakate sehe. Versuchen wir einfach, nicht zu diesen Kanadiern aus South Park zu werden.

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