“Ich habe schon viele skurrile Dinge für Content getan, aber das hier würde alles toppen.” Dieser Gedanken schießt mir durch den Kopf, als in meinem Postfach eine Mail landet, die ein neues Sexspielzeug namens “Balldo” anpreist. Beim Balldo handelt es sich um eine Art Silikonkäfig für den Hodensack, der es ermöglichen soll, eine andere Person nur mit den Hoden zu penetrieren. Kein Scherz.
Der Balldo ging in Produktion, nachdem Nadgerz Inc. – das Unternehmen dahinter – bei einer Crowdfunding-Kampagne über 94.000 Euro gesammelt hatte. Ich erhalte weitere E-Mails über die angeblichen Eigenschaften des Sexspielzeugs: Der laut Hersteller “weltweit erste Eier-Dildo” soll Orgasmen allein durch die Hoden ermöglichen, bei Erektionsstörungen helfen und den Sex besonders heiß machen. Da wird mir klar, dass es meine berufliche Pflicht ist, das Gerät auszuprobieren.
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In der Balldo-Anleitung steht, dass man vor der ersten Nutzung einen Arzt konsultieren sollte. Es ist gerade allerdings ziemlich schwer, einen Termin zu bekommen. Deswegen rufe ich Sameer Sanghvi an, den technischen Leiter der Apothekenkette Lloyds Pharmacy, und rede mit ihm über das außergewöhnliche Sexspielzeug und vor allem über dessen angebliche Hilfe bei Erektionsstörungen.
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“Abgesehen von den bekannten Medikamenten wie Viagra gibt es auch noch andere Behandlungsoptionen bei Erektionsstörungen”, sagt Sanghvi. “Manche Leute setzen zum Beispiel auf Pumpen und Injektionen. Die Pumpen erzeugen eine Erektion durch Unterdruck. Vielleicht funktioniert der Balldo ähnlich. Ich will hier aber nicht über Produkte spekulieren, die ich nicht kenne.”
Laut Sanghvi berichteten immer mehr junge Menschen unter 34 von Erektionsstörungen. Er sei sich allerdings nicht sicher, ob es wirklich mehr Fälle gibt oder ob heutzutage einfach nur mehr Männer bereit sind, über das Thema zu reden. Erektionsstörungen hätten auf jeden Fall verschiedene mögliche Ursachen – von Stress, Angstzuständen und Depressionen über Fettleibigkeit, Rauchen und Drogenkonsum bis hin zu durch die Pandemie verursachte Stimmungstiefs.
Ich befrage Sanghvi zu einer weiteren Behauptung des Balldo-Herstellers: Befinden sich im Hodensack wirklich fast genauso viele Nervenenden wie in der Vulva, weil es sich im Grunde um die gleiche Haut wie bei den äußeren Schamlippen handelt?
Sanghvi ist sich da nicht so sicher. “Wir wissen, dass es im Hodensack viele empfindliche Nervenenden gibt, aber ich weiß nicht, wie akkurat der Vergleich mit dem Vulvagewebe ist”, sagt er. “Ich hoffe, dass die Leute dort diese Aussage mit ausreichend wissenschaftlichem Material untermauern können.” Als ich bei Nadgerz Inc. nachfrage, ob sie sich hier auf eine bestimmte Studie beziehen, werde ich auf eine Wikipedia-Seite verwiesen.
Jetzt steht der praktische Test an. Die Vorstellung, mit einem extrem empfindlichen und – mal ehrlich – unansehnlichen Teil meines Körpers Sex zu haben, macht mich nervös. Wie sich später herausstellt, hätte ich auf dieses Bauchgefühl hören sollen. Denn jemanden mit den Eiern zu ficken, ist ungefähr so, als würde man versuchen, zwei Bowlingkugeln gleichzeitig in das Loch zurückzudrücken, das sie ausspuckt.
Zuerst rasiere ich mir wie angewiesen den Hodensack und schmiere ihn ordentlich mit Gleitgel ein. Dann lege ich den Käfig an – zuerst mit der großen Spitze, die wie eine kleine Rakete aussieht und meine Hoden an den Seiten herausquellen lässt. Anschließend führe ich die Zwischenringe – quasi dicke Gummibänder aus Silikon – am Käfig und den Hoden entlang, um meinen Sack zu straffen. Mein Eier sind jetzt in eine penisähnliche Form gequetscht und ich versuche erstmal, mir so einen runterzuholen. Das fühlt sich aber alles andere als angenehm an, es tut sogar ein bisschen weh – und ist ungefähr so sexy wie eine Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten.
Dennoch versuchen meine bessere Hälfte Erin und ich uns am Eiersex. Nach ausgiebigem Vorspiel ist Erin bereit für den Balldo. Wir probieren es zuerst mit der Missionarsstellung, aber so bekomme ich gerade mal die Spitze rein. Mehr Gleitgel. Klappt immer noch nicht. Mehr Gleitgel. Doggystyle, bewusst langsam. Klappt immer noch nicht. Mehr Gleitgel. Zurück in die Missionarsstellung, mit Erins Beinen extra weit gespreizt, wie es der Balldo-Hersteller empfiehlt. Klappt immer noch nicht.
Die Menge Gleitgel, die wir bis jetzt verbraucht haben, hätte locker auch zum Fisten gereicht. Mein Penis schleudert beim Eiersex zudem unnütz herum und erschwert die ganze Sache eher. Erin und ich probieren noch ein wenig herum, bis ich plötzlich einige Blutstropfen auf dem Bettlaken bemerke. Das Ende unseres Experiments ist besiegelt. Die ganze Situation fühlt sich ungefähr so erotisch und heiß an wie ein AfD-Parteitag.
“Ich kam mit dem Balldo gar nicht zurecht, ich blutete am Ende sogar”, sagt Erin. “Vielleicht wurde beim Design nicht daran gedacht, wie sich der Mensch mit der Vulva beim Sex fühlt. Den Machern war wohl der ‘Ballgasm’ wichtiger als das sexuelle Vergnügen allgemein. Entspringen nicht sowieso alle Orgasmen in den Eiern? Dort werden doch die Spermien gebildet.”
Ob Erin glaubt, dass der Balldo – so wie es die Hersteller behaupten – eine sexuelle Revolution auslösen wird? “Nein. Zumindest hoffe ich das für alle Vulven dieser Welt”, antwortet Erin. “Ich finde, eine Hodenmassage tut es genauso. Zwar bin ich schon ein bisschen traurig, dass wir deine Eier nicht in mich reinbekommen haben. Aber das Teil hätte einfach anders designt werden sollen, nämlich mit einer dünneren Spitze.”
Der Balldo ist mit Abstand das schlimmste Sexspielzeug, das ich je ausprobiert habe – und ja, ich schließe da auch das Toy mit ein, bei dem es sich so angefühlt hat, als würde ich einen Tintenstrahldrucker ficken. Zum Glück hört Erins Blutung recht schnell wieder auf und wir können am nächsten Morgen ganz normal und ohne Eierpenetration miteinander schlafen. Unterm Strich stimmt es also: Theoretisch kannst du nur mit deinem Hodensack vögeln. Das heißt aber noch lange nicht, dass du es auch solltest.