Die Deutschen mögen sich uneins darüber sein, ob Til Schweiger ein talentierter Schauspieler ist und ob man Rechten lieber eine Torte ins Gesicht werfen oder ihnen einen Platz im Bundestag geben sollte. In einem ähneln sich die meisten Bewohner und Bewohnerinnen dieses Landes dann aber doch: Sie verspüren irgendwann in ihrem Leben das Bedürfnis, Sex zu haben. Und einer Umfrage von YouGov zufolge holt sich zumindest ein Viertel von ihnen dafür Silikon-Penisse, Dosen-Vaginas oder vibrierende Gummi-Tiere zur Hand.
Doch was sagt der meistverkaufte Analplug über die Leidensfähigkeit der Deutschen aus? Wir haben die Rezensionen beliebter Sexspielzeuge höchstwissenschaftlich analysiert – und dabei viel über das Sexleben unserer Mitmenschen herausgefunden.
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1. Es gibt gute Gründe, einen Fake-Penis im Haus zu haben
Es mag Teile der Weltbevölkerung überraschen, aber nicht jede und jeder braucht einen Penis. Manche Menschen sind sogar froh darüber, dass sie an sich selbst oder ihrem näheren Umfeld keinen haben. Doch es gibt durchaus Situationen im Leben, in denen sich so ein Dödel bewährt hat. Und für genau diese Momente verkaufen Online-Shops Dildos.
Deutsche scheinen dabei gleich mehrere Verwendungszwecke für Fake-Penisse zu haben. In den Bewertungen für einen Strap-on erklärt ein Typ zum Beispiel, er habe den Anschnall-Dildo für sich und seine Partnerin gekauft. Er sei etwas älter “und für längere Rammelaktivitäten leider nicht mehr so gemacht”. Jetzt könne er es seiner Frau auch “besorgen”, wenn er nicht “in Stimmung” sei. Das ist sehr lobenswert. Und nicht ungewöhnlich.
Eine andere Person erklärt, dass seine oder ihre Frau den Strap-on tagsüber trägt, wenn sie ihn oder sie nicht gerade damit penetriert. Und jemand anderes hat erkannt, dass so ein Saugnapf-Dildo auch andere Dinge kann, als müde an eurer verkalkten Duschwand rumzuhängen: “Ich konnte mit dem Dildo sogar meinen Tisch anheben”, schreibt die Käuferin. Ihre Bewertung wirkt eher wie ein Scherz. Wie der Sex damit sei, wisse sie nicht. Aber: Ihr habe die Saugkraft des Dildos sehr gut gefallen.
2. Zumindest einige Deutsche schieben sich gerne Dinge in den Hintern
Eigentlich dachten wir, dass es für viele Deutsche immer noch eine große Herausforderung ist, sich Dinge in den Arsch zu schieben oder schieben zu lassen: Bei einer Studie des Ärzteblatts vom vergangenen Jahr gaben immerhin 17 Prozent der befragten Frauen an, bereits passiven Analverkehr gehabt zu haben – aber nur 4 Prozent der Männer. Doch die Rezensionen lassen uns vermuten, dass Analplugging der neue heiße Scheiß wird. Pun intended.
Und pluggen kann man immer und überall, ohne Zeit zu verlieren: beim Shoppen, während eines Dates oder wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt. “Hatte ihn letztens beim Einsatz, als ich noch etwas einkaufen musste”, schreibt ein Typ. Er sei “noch nie so erfreut durch den Supermarkt gelaufen. Und auch die Heimfahrt hat der Plug offensichtlich schöner gemacht: “Wann machen einem Schlaglöcher sonst schon Spaß?”
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Aber es ist offenbar auch für Geübte eine Herausforderung, sich mehrere Zentimeter dicke Stecker in den Hintern zu stopfen: mit Gleitgel einschmieren, mit dem kleinsten Plug vordehnen, nochmal einölen, nächste Größe, und dann nochmal von vorn, beschreibt eine Person das Prozedere. Als sie die “dickste Stelle überwunden” hatte und ihr Anus “den Plug bis zum Anschlag einsaugte”, habe sie aber ihre “höchste Erfüllung” gefunden.
Doch erst das Finale habe sie richtig glücklich gemacht: “Beim Entfernen sah ich, dass sich mein Schließmuskel ganz schön nach außen wölbte.” Sollte also jeder und jede einen Analplug in der Tasche haben? Das wollen wir euch natürlich nicht vorschreiben. Aber offenbar hat es durchaus Vorteile, sich hin und wieder mal den Arsch aufzureißen.
3. Wir brauchen endlich eine ordentliche Anleitung zum Penismessen!!!
Die größte Aufmerksamkeit bei Penisring-Reviews gilt wahrscheinlich der Penisdicke der Käufer. Dass viele Glied-Tragende besonders im sexuellen Kontext (aber auch sonst) gerne ihre Größe und Ausdauerfähigkeit kommentieren, ist wenig überraschend. Doch wenn Käufer und Käuferinnen die Weiten des Kommentarfeldes nutzen, um ihre Penisgröße zu rechtfertigen (wenn die Cockringe zu weit sind) oder mit ihr anzugeben (wenn die Ringe zu eng sind), zeigen sie vor allem eins: Deutsche haben keine Ahnung davon, wie groß der deutsche Durchschnittspenis ist.
“Ich glaube nicht, dass diese Dinger irgendeinem Durchschnittsdeutschen passen”, schreibt jemand über einen fünf Zentimeter weiten Penisring. Auch die kleinerer Variante macht nicht alle glücklich: 4,5 Zentimeter ist manchen zu groß, anderen zu klein. Vielleicht braucht es vor allem eine Anleitung, wie man seinen Penis richtig vermisst.
Denn ein anderer, offensichtlich europäischer Käufer, schreibt: “Europäer haben im internationalen Vergleich zwar den größten.” Der Penisring sei aber “viel zu riesig, um eng anzuliegen”. In einer Studie des British Journal of Urology waren die Deutschen im weltweiten Vergleich mit einer Länge von 8,6 Zentimetern im schlaffen Zustand unter dem Durchschnitt. Fragen wirft der Kommentar dennoch auf: Wie groß muss ein EU-Penis sein, um in den Penisring zu passen? Dürfen Briten da jetzt auch noch mitmachen? Und was ist eigentlich mit den türkischen Penissen?
Die Käufer und Käuferinnen vergleichen die Menschen-Penisse mit den Gehängen von Elefanten und Pferden, als seien es anerkannte Parameter beim Penisvergleichs-Wettbewerb: “Ich glaube, diese Ringe sind für die Pferdezucht gedacht”, schreibt ein enttäuschter Kunde. Sein “uneingeschränkter Neid” gelte demjenigen, dem die Ringe tatsächlich passen. “Vor allem wenn er kein Deckhengst ist.”
So oder so müssen sich auch Deutsche nicht grämen, wenn es untenrum nicht passt. Denn ein enttäuschter Cockringkunde hat einen guten Alternativvorschlag parat: “Die Teile sind so riesig, die würden nicht mal einem Pornodarsteller passen”, schreibt er. Der Ring sei aber “als Armreif zu gebrauchen”. Vielleicht läuft bei der nächsten Fashion Week irgendein Dödel mit einem Cockring am Handgelenk durch Berlin-Mitte.
4. “Hauptsache ein Loch” hat sich einfach nicht bewährt
Es gibt eine bestimmte Art von Penisträgern, der lange nachgesagt wurde, sie würde mit ihrem Glied alles Mögliche penetrieren: Apfelkuchen, mit Hackfleisch gefüllte Thermoskannen, ausgehöhlte Matratzen. Doch auch Männer haben Ansprüche, ihr Banausen!
Und diese schreiben sie manchmal sogar so kitschig sinnbefreit in die Bewertungen einer Taschen-Vagina, als wären sie Franz Josef Wagner persönlich: “Er hat sich nicht beschwert, aber auch nicht so sehr gefreut”, schreibt jemand offensichtlich über seinen Penis. Und an die Fake-Vagina: “Dein Eingang ist ein wenig eng für ihn.” Ein Loch ist eben offensichtlich doch nicht gleich ein Loch.
Ein anderer findet, die Vagina sei “für groß bestückte Männer” etwas eng. Er müsse die schwarze Hülle, in der die Kunst-Muschi liegt, abmachen, schreibt er. Sonst würde “das gesamte Innenleben” der Dose vorne rausquellen. Die Ästhetik des Sexspielzeugs habe darunter allerdings gelitten: “Das ist dann nicht mehr schön.” Und das ist, neben seiner Funktion, eben offensichtlich auch ein wichtiger Punkt für ein Vaginen-Sextoy.
5. Selbst ihr Sexspielzeug haben die Deutschen gern tiefenrein
Deutsche scheinen nicht nur eine besondere Vorliebe für beschissene Samstagabend-Shows und 30-Zentimeter-Strap-Ons zu haben – sondern auch für absolute Reinheit in ihren Körperöffnungen. Klar, es soll hierzulande auch Menschen geben, die ihre Glasdildos neben ihre Menstruationstasse in den Geschirrspüler stellen. Manche scheinen Spüli aber nicht ganz oben auf der Liste der effektivsten Keimtöter zu sehen. Und reinigen ihre Buttplugs lieber mit einem Desinfektionsspray. Unter den Produkten eines Sextoy-Shops wurde ein Hygienespray mit “natürlichem Zitrusduft” über 40.000 Mal bewertet und ist damit eines der meistrezensierten. Zum Vergleich: Ein hochgelobter Druckwellen-Vibrator für die Klitoris hat gerade einmal knapp über Tausend Bewertungen.
OK, allein der Gedanke an schimmelige Taschen-Vaginen lässt auch unsere Genitalien zusammenschrumpeln. Aber ist es wirklich notwendig, seine Penisringe und Fellhandschellen mit Desinfektionsspray vollzuspritzen? Offenbar wissen das nicht einmal die Anwender selbst: “Desinfiziert wahrscheinlich”, schreibt eine Person. “Habe jetzt keinen Labor-Bericht vorliegen.”
Was man hier sieht: Beim Sex gilt “Safety first”. Und eigentlich ist es doch auch nicht verwunderlich, wenn zumindest Deutsche selbst dann daran denken, wenn sie sich neues Sex-Spielzeug kaufen.
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