Die Info-Zeitung von Pro Deutschland im Mülleimer vor einem Asia-Imbiss.
Wer an rechte Parteien denkt, der hat sofort die NPD auf dem Zettel. Dabei sei die NPD „nur noch ein braunes Panoptikum, das die Leute erschreckt“, sagt mir Manfred Rouhs bei unserem ersten Treffen. Rouhs, der sich übertrieben akkurat gibt, grau melierter Scheitel, groß und etwas speckig mit runder Brille, war mal bei der NPD. Danach hat er die Pro-Bewegung mitgegründet. Pro Deutschland will im kommenden Herbst zur Bundestagswahl antreten. Zum ersten Mal habe ich Rouhs 2010 in seinem neuen Büro in Berlin-Marzahn getroffen. Eine merkwürdige Gegend, um den Stützpunkt einer antimuslimischen Partei zu eröffnen, ist doch der Anteil von Muslimen und überhaupt Migranten in Marzahn extrem gering. Die Einrichtung der Pro-Deutschland-Büros in der Allee der Kosmonauten ist karg. Auf Resopaltischen liegen Postkarten und Flyer herum. Sie warnen vor „Überfremdung“ und „Islamisierung“.
Wer es politisch ernst meint, sei nicht mehr in der NPD zu finden, meint Rouhs. Mit so doppeldeutigen Wahlkampfsprüchen wie „Gas geben“, rauscht man in Höchstgeschwindigkeit an der breiten Wählerschicht vorbei. Rouhs vermutet, dass die Partei ohnehin nur noch vom Verfassungsschutz gesteuert wird und gar nicht vor hat, Wahlen zu gewinnen. Wenn man z. B. sieht, wie sächsische Abgeordnete in Thor-Steinar-Shirts auf flachste Art einen ziemlich vorhersehbaren Eklat im Landtag produzieren, kann man tatsächlich Zweifel bekommen daran, ob der Wahlkampf der NPD sonderlich gut durchdacht ist. Rouhs’ Pro-Bewegung dagegen sollte man ernst nehmen. Sie will niemanden erschrecken, sie will wählbar sein, obwohl ihr Ziel im Prinzip dasselbe ist: der Kampf gegen das Fremde.
Für den richtigen politischen Durchbruch hat es für Pro Deutschland hierzulande noch nicht gereicht. Nur in Köln konnten sie mit einer Anti-Moschee-Kampagne ein paar Sitze im Stadtparlament gewinnen. Die Moschee ist in Köln trotzdem gebaut worden. Und sie sieht echt gut aus im Vergleich zu der Hinterhof-Bruchbude, die an derselben Stelle vorher als Gebetshaus genutzt wurde. Meist scheitern die Pro-Leute an der NPD- bzw. DVU-Vergangenheit ihrer Mitglieder. Aus demselben Grund hat die Partei sogar Schwierigkeiten ein Sparkassen-Konto zu eröffnen. Aus gutem, historischem Grund reagieren wir sehr allergisch auf Parteien, die so monothematisch gegen eine Gruppe Stimmung machen. Und wie kommt man aus dieser braunen Schmuddelecke am ehesten in die schöne gute Stube der bürgerlichen Wähler? Mit guten Kontakten nach Israel!
Mit etwas Stolz leitet mir Manfred Rouhs nach unserem Treffen einen Youtube-Clip weiter. Zu sehen ist das Who-Is-Who der europäischen Rechtspopulisten bei einem Besuch in Jerusalem. Nicht irgendwo in der Stadt, sondern bei einem offiziellen Empfang in der Knesset—dem israelischen Parlament. Bei dem Trip Ende 2010 dabei waren René Stadtkewitz von der rechten Partei Die Freiheit, Heinz Strache von der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs), Filip De Winter vom belgischen Vlaams Belang, und einer der laut Verfassungsschutzbericht 2009 bedeutendsten Rechtspopulisten Europas, Patrik Brinkmann von Pro Deutschland. Benjamin Netanjahus Kabinettskollege Ayoob Kara aus der Regierungspartei Likud, damals Minister, begrüßt den weizenblonden Brinkmann, ehemals NPD, ehemals DVU mit einer herzlichen Umarmung: „Hello, my friend.“ Das Video irritiert mich. Aber es sollen nicht die einzigen verstörenden Bilder bleiben, die ich im Laufe meiner Recherchen zu sehen bekomme.
Kurz darauf treffe ich mich auf ein Gespräch mit Patrik Brinkmann in einem Berliner Hotel. Natürlich muss es das Ritz-Carlton sein, sein „Lieblingshotel“. Der Gegensatz zu den Räumen von Pro Deutschland in Berlin-Marzahn ist krass. Er, Brinkmann, könne es sich halt leisten. Er habe viel Geld. Brinkmann ist Schwede und spricht mit Akzent. Er ist klein und etwas gedrungen. Er erzählt mir, dass er sich sehr eng mit Israel verbunden fühlt. Ob das kein Widerspruch zu seiner NPD-DVU-Vergangenheit ist? Überhaupt nicht. Ihn wundere, warum man so stigmatisiert wird, wenn man einmal in so einer Partei war. Er sei kein Antisemit. In Deutschland seien „das Kernproblem nicht die Juden, sondern die Muslime“. Erst im Nachhinein wird mir klar, was er damit gesagt hat: Es sind eben nicht mehr genug Juden da, um ein „Problem“ zu sein. Stolz erzählt Brinkmann noch, dass er bald Besuch aus Israel bekommen werde.
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Manfred Rhous verteilt das Material von Pro Deutschland trotzdem unbeirrt weiter.
In Hoyerswerda unterschreiben viele das Unterstützungs-papier der Partei, damit sie zur Bundestagswahl zugelassen wird.
Tatsächlich kommt im Sommer 2011 sein israelischer Gastgeber aus der Knesset, Ayoob Kara, zu einem „privaten“ Besuch bei Brinkmann in Berlin vorbei. „Shady ties“ nennt es das israelische Nachrichten-Portal
Ynet. Laut Ynet behauptet Kara, nichts von Brinkmanns politischer Orientierung gewusst zu haben. Das sei für ihn aber auch schlicht „irrelevant.“ Er suche nach Wegen, um den Einfluss des Islam in der Welt zurückzudrängen. Die seien die wahren „Nazis“ unserer Zeit, zitiert ihn die Tageszeitung Maariv. Außerdem taucht in Berlin auch der israelische Siedler und politische Aktivist David Ha’ivri auf. Ihn nur als einen starken Kämpfer gegen die Muslime zu bezeichnen, würde Ha’ivri nicht gerecht werden. Er feierte den Anschlag auf Yitzhak Rabin und vertrieb T-Shirts, die mit „no arabs, no terror“ bedruckt waren. Brinkmann schickte mir Fotos, die ihn und Manfred Rouhs mit dem Gast zeigen. Sie wirken darauf, als seien sie ganz vertieft in eine angeregte Unterhaltung. Drei Menschen, die sich gut verstehen.
Ich spreche mit Ahmad Mansour über die für mich ungewöhnliche Partnerschaft. Mansour ist Palästinenser. Er arbeitet für das Projekt Heroes in Berlin, das Jugendliche aufklären, Vorurteile abbauen und vor allem Antisemitismus bei Migranten bekämpfen will. Diplomatisch meint Mansour, dass „es sich hier nur um Unwissen handeln kann! Und dass diese israelischen Politiker ihre Kontakte nicht einordnen können. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die israelischen Politiker, besonders aufgrund der Geschichte, hemmungslos mit solchen Rechten kooperieren werden.“ Aylin Selcuk, eine 25-jährige Zahnmedizinstudentin mit türkischen Wurzeln, hat vor einiger Zeit die Deukische Generation gegründet. Ein Verein, der sich für Migrantenkinder stark macht. Sie reagiert sehr empfindlich auf versuchte Ausgrenzung durch Rechtspopulisten. Als ich sie auf das Thema anspreche, ist sie erstmal sprachlos. Dann meint sie nur: „Total krass! Ich möchte gerne wissen, wie das sein kann? Wieso lassen die sich auf so Leute ein? Was sagt denn die jüdische Gemeinde dazu?“ Leider kann ich ihr auf ihre Fragen keine Antwort geben. Wir haben versucht, mit dem Zentralrat der Juden zu sprechen, mit der israelischen Botschaft, mit der jüdischen Gemeinde in Berlin und mit der Zeitung Jüdische Allgemeine. Wir probieren es selbst beim Simon-Wiesenthal-Center in New York. Keine Antwort. Letzter Versuch beim World Jewish Congress. Der tagt aber gerade in Budapest und hat an diesem Tag beschlossen, dass man das Verbot aller rechtsextremen Parteien weltweit anstreben müsse. Was man fast als Kommentar zum Thema sehen könnte.
Nur Asaf Ronel von der israelischen Tageszeitung Haaretz hilft mir weiter. Ronel erklärt es mit einer einfachen Gleichung: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Und außerdem sagt er etwas, was ich so nicht auf der Agenda habe. Er sagt, es gebe in der israelischen Politik—und zwar nicht nur im extrem rechten Lager—Stimmen, die noch viel radikaler seien, als das, was die europäischen Rechtspopulisten verbreiten.
Ronel gibt mir ein paar Beispiele für den alltäglichen Rassismus in Israel. So sind etwa Ehen zwischen Muslimen und Juden nicht möglich. Es gibt keine „civil marriage“, also keine standesamtliche Trauung. Man kann nur jüdisch heiraten. Außerdem gebe es krasse Organisationen, die Verbindungen zwischen Jüdinnen und Muslimen gänzlich unterbinden wollen. Eine solche Organisationen ist z. B. Yad L’Achim. Auf der Website des jüdisch orthodoxen Vereins finden wir folgende Aussage: „Die tragischen Fakten zeigen eine steigende Anzahl jüdischer Frauen, die sich mit fremden Arbeitern einlassen, oder noch schlimmer—mit Arabern.“ Ronel berichtet außerdem von verschiedenen Gesetzesvorhaben, die zurzeit in Israel diskutiert werden bzw. sogar schon Gesetz sind. Sie schränken die Rechte der arabischen Bevölkerung weiter ein. Ein Gesetz etwa ermöglicht es kleinen Gemeinden, Araber als Bewohner abzulehnen. Eine Parlamentarierin der Regierungspartei Likud, Miri Regev, verglich 2012 afrikanische Flüchtlinge mit einer Krankheit. Sie seien „ein Krebsgeschwür für die israelische Gesellschaft“. Sie musste sich später für ihre Äußerungen entschuldigen, allerdings nicht bei den Afrikanern, sondern bei Holocaust-Überlebenden und Krebspatienten. Die Regierungspartei Likud ist konservativ, aber sie gilt nicht als extrem rechts.
Natürlich spiegeln solche Beispiele nicht die Mehrheitsmeinung der israelischen Gesellschaft wider, sagt Ronel. Aber so was gibt es halt auch. Wir nehmen es in Deutschland nur nicht so wahr. Nur am Rande wird mal von den extremen Orthodoxen geredet, aber nicht von dem alltäglichen Rassismus, der mit unserem Verständnis von Gleichheitsrechten und Demokratie kaum zu vereinbaren ist. Kein Wunder also, wenn sich einige israelische Vertreter mit hiesigen Rechtspopulisten ganz wohlfühlen. Ronel ist über den engen Kontakt mit einzelnen israelischen Politikern wenig überrascht. Die Interessen der Rechten in Israel und Europa seien ähnlich: Die israelischen Rechten bekommen Unterstützung in ihrem Kampf gegen den Islam und die europäischen Rechten werden „jew-washed“, also reingewaschen und kommen ein Stück raus aus ihrer braunen Schmuddelecke.
Obwohl die europäischen Rechtspopulisten in ihrer Rhetorik für Ronel möglicherweise etwas softer rüberkommen, hält er sie dennoch für gefährlich. „Sie überschreiten zwar keine Linie, aber sie kommen immer näher ran.“ Ronel hält es für möglich, dass die Populisten eine Stimmung schaffen, aus denen so verirrte Organisationen wie der NSU ihre Berechtigung für Angriffe ziehen könnten. Ein anderes trauriges Beispiel hat auch schon Anders Breivik geliefert, der in seinem Pamphlet mehrfach die europäischen Rechtspopulisten zitiert hat, bevor er meinte, auf der norwegischen Insel Utoya 77 Menschen niederschießen zu dürfen.
Ein paar Bier im Tourbus der Partei. Das lockert die Zunge, um die Thesen von Pro Deutschland an den Mann zu bringen.
Der Kontakt der europäischen Rechten nach Israel habe, so Manfred Rouhs, außer dem „jew-wash“-Effekt noch einen anderen Hintergrund. Als der rechte Club Ende 2010 nach Israel gereist ist, „haben sich einige Reisende Geld versprochen“. Eine Finanzspritze für die notorisch klamme Parteikasse. Auf meine Frage, worauf sich die Erwartungshaltung gründet, entgegnet er: „Jeder in der rechten Szene weiß, dass Geert Wilders (der blondierte niederländische Rechtspopulist mit Föhnfrisur, Anm. d. Red.) von Israel finanziert wird. Da dachten sich einige, dass das bei uns auch funktioniert.“ Eine harte Ansage gegen Wilders, die Rouhs nicht belegen kann. Denn nach der Reise gab es kein Geld. Dennoch ist die Vermutung nicht ganz abwegig, wie wir von einem niederländischen Sozialdemokraten später erfahren.
Wir setzen uns mit Pierre Heijnen von der Partij van de Arbeid (PVDA) in Verbindung. Er bestätigt uns, dass es solche Gerüchte schon lange gebe. Wilders Partei sei ziemlich schräg organisiert. Die PVV (Partij voor de Vrijheid) sei nämlich keine Partei, sondern eine Vereinigung mit nur einem Mitglied: Geert Wilders selbst. Das sei für die drittstärkste Kraft im niederländischen Parlament ziemlich ungewöhnlich. Wilders verzichtet damit auf eine staatliche Parteifinanzierung. Er muss dafür aber auch nicht öffentlich machen, von wem er seine Kohle bekommt. Das rückt ihn in ein etwas verdächtiges Licht. Die niederländischen Journalisten Harm Botje und Freke Vuijst haben versucht, mehr rauszubekommen—sie fanden nichts. Auch ich habe mehrmals versucht mit Geert Wilders Kontakt aufzunehmen. Eine Reaktion gab es nur auf meine E-Mail: „Hartelijk bedankt voor uw interesse“. Im Sommer 2011 tritt Wilders im Berliner Hotel Maritim auf. Der Saal ist randvoll. Einige haben viel gezahlt, um ihn hier sprechen zu sehen. Seine Zuhörer feiern ihn frenetisch. Er ist ihr Superstar. Leider ist er so gut abgeschirmt, dass ich keine Chance habe, an ihn ranzukommen. Was sollte ich ihn auch fragen? „Hi Geert, wer zahlt eigentlich deinen schicken Maßanzug?“ Und er sagt: „Der Bibi Netanjahu natürlich—hier ist ein Kontoauszug.“ Eher nicht. Bis nicht ein frustrierter Wilders-Intimus was leakt, bleibt es wohl nur eine hübsche Verschwörungstheorie.
Ende April 2013 setze ich mich wieder mit Pro Deutschland in Kontakt. Der Bundestagswahlkampf ist angelaufen und ich möchte wissen, wie intensiv ihr Kontakt nach Israel noch ist. Die Partei ist auf Wahlkampftour in Ostdeutschland. Am 2. Mai 2013 fahre ich nach Hoyerswerda. Nach zwei Stunden Fahrt, kurz vor der polnischen Grenze erreiche ich die Stadt. Flaches Land, viel Beton. In der Innenstadt ragt ein großes Einkaufszentrum zwischen den Plattenbauten hervor. Es gibt die üblichen Brigitte-Bijoux-, Deichmann- und McPaper-Filialen. Auf dem Vorplatz ist heute Markt. Trotzdem ist nicht viel los. Fünf Mitglieder von Pro Deutschland sind an verschiedenen Ecken unterwegs, um Unterschriften für die Bundestagswahl im Herbst zu sammeln. Patrik Brinkmann selbst ist nicht mehr dabei. „Der ist abgetaucht, kein Mensch weiß, wo der steckt“, sagt Manfred Rouhs. Eine Frau mit lila gefärbtem Haar kommt an uns vorbei. Mit einem etwas zu lauten, aber doch sehr freundlichen „Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich Ihnen!“ geht Rouhs auf die Frau zu und erklärt ihr, warum ausgerechnet sie in Hoyerswerda (Muslim-Anteil gleich null) eine Anti-Islam-Partei und Anti-Euro-Partei unterstützen sollte. Nach ein paar Minuten Überzeugungsarbeit unterschreibt sie mit vollem Namen und Adresse. Mit mir reden will sie aber nicht. Sie kuckt nur ziemlich böse, als hätte ich sie bloßgestellt mit der Frage, was sie an der Partei überzeugt hat. Ich halte mich danach etwas zurück. Rouhs hat eine ganz gute Trefferquote: Zwei von drei lassen sich mit Anti-Islam- und—für die Rechtspopulisten neu im Programm—Anti-Euro-Thesen überzeugen. Rouhs hat einen guten Tag, für seine Kollegen läuft es—im wahrsten Wortsinne—beschissen.
Aber zunächst zum „Spitzenkandidaten“ der Partei für Hamburg, Moritz Elischer. Der Irgendwas-um-die-30-Typ in New-Balance-Turnschuhen mit etwas verträumt wirkenden, glitzernden Augen steht plötzlich neben Rouhs. Der Glanz hat allerdings seinen Grund, wie ich feststellen muss, als Elischer sich vorstellt. Seine Alkolholfahne raubt mir kurz den Atem. Erst bin ich unsicher, ob das wirklich sein kann. Aber tatsächlich, der „Spitzenkandidat“ torkelt sogar noch ein bisschen. Rouhs steht währenddessen weiter kerzengerade neben ihm, die Hacken wie zusammengetackert, als sei alles ganz normal. Unbeirrt quatscht er weiter jeden Passanten an, der nicht schnell genug vorbeigeht. Elischer dagegen lallt mit kaum zu ertragender Fahne auf mich ein. Ich bemerke auch, dass seine Kleidung völlig verschmutzt ist. Ein krasser Gegensatz zu dem akkuraten Rouhs. Ich wechsle die Straßenseite. Dort parkt der Van, mit dem die Partei unterwegs ist, ein weiteres Parteimitglied steht davor. Der Gestank ist hier seltsamerweise noch schlimmer als auf der anderen Seite. „Wissen Se, wir haben hier gestern ein bisschen 1. Mai gefeiert. Und, na guuut: auch den 2. HA HA HA HA“. Er, Volker Eisen, 64 Jahre alt, sei aus voller Überzeugung ein Patriot, der die deutsche Kultur bewahren wolle. Mit den Braunen habe er nix, wirklich rein gar nix zu tun. Ziemlich braun sind aber die Flecken, die der Pro-Deutschland-Aktivist auf seinem Jeansoutfit hat. Ich hoffe, dass es nicht das ist, wonach es aussieht und riecht. „Jahaaaa, ich bin da eben hingefallen. In KACKE! Das ist alles Kacke hier!“, Wildes Gestikulieren, schallendes Lachen. Das vergeht ihm nur, als ich in den Van kucke, in dem mehr Bierflaschen als Partei-Flyer zu liegen scheinen. Rouhs steht immer noch wie angewurzelt auf der anderen Seite—wieder alleine. Meine Chance, dem Gestank zu entgehen. Rouhs gibt sich mir gegenüber immer noch so, als sei alles ganz normal. Ich bin immer verwirrter. Es ist ein bisschen so, als würde ein rosa Elefant zwischen uns stehen und wir tun so, als sei er nicht da. Wie kann es sein, dass sich hochrangige israelische Politiker mit so einer Partei einlassen?
Rouhs sagt, dass es die Verbindung nach Israel nach wie vor gebe. Seitdem Patrik Brinkmann abgetaucht sei, gab es keine Besuche mehr. Aber es gebe immer noch Reisen von parteinahen Aktivisten. Asaf Ronel, unser israelischer Kontakt von der Tageszeitung Haaretz, hat davon aber in letzter Zeit nichts mehr gehört. Vielleicht liegt es daran, dass die Politiker in Israel etwas vorsichtiger geworden sind. Vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass die Rechtspopulisten in Europa stark an Einfluss verloren haben. Eine große Hilfe sind sie den israelischen Rechten nicht. Wenn wir uns den Trupp in Hoyerswerda ankucken, werden sie das wohl auch nie mehr werden. Eine große Stunde könnte für Pro Deutschland höchstens noch schlagen, wenn mal wieder ein Anti-Islam-Video auftaucht, gegen das die extremen Salafisten im Land Sturm laufen. Dann kann Pro Deutschland mit islamistischen Gruppierungen wieder in einen Demo-Wettstreit gehen. Interessanterweise sind unter den radikalen Salafisten eine Reihe deutscher Konvertiten wie Denis Cuspert (aka Deso Dogg) oder Sven Lau zu finden. Deutsche Extreme auf beiden Seiten. Schön, wenn sie künftig mehr unter sich bleiben.
Spitzenkräfte der Partei: Nach einer Feier zum „ersten und auch dem zweiten Mai“ wirkte es, als hätte Moritz Elischer (rechts) noch Probleme zu stehen, Volker Eisen (links) sagte zu den braunen Flecken auf seiner Jacke: „Ich bin da eben hingefallen. In Kacke!“