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Vorher-Nachher-Fotos von Frauen, die ihre Haare nach der Lockdown-Glatze wieder wachsen lassen

Eine junge Frau, einmal mit Buzzcut-Frisur und einmal mit wieder nachgewachsenen Haaren; wir haben mit fünf solcher Frauen über ihr Frisurenexperiment während des Lockdowns gesprochen

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie und mehreren damit einhergehenden Lockdowns ist schon über ein Jahr vergangen. Der anfängliche Kollektiv-Enthusiasmus, die Zeit irgendwie kreativ zu überstehen, ist längst verflogen. Die DIY-Tattoos sind verblasst und die Sauerteig-Zutaten irgendwo im Küchenregal verstaubt.

Im April 2020 haben wir mit fünf Frauen gesprochen, die sich im ersten Lockdown ihre Haare abrasiert haben. Was ist seitdem passiert? Die Haare sind wieder nachgewachsen, das Buzzcut-Experiment ist abgehakt. Dennoch war an der Kurzhaarfrisur nicht alles schlecht. Wir haben erneut mit den Frauen gesprochen, um herauszufinden, wie es sich ohne Haare in der Pandemie gelebt hat.

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“Es war plötzlich sehr kalt”, sagt Robyn und erklärt damit ihre Entscheidung, sich die Haare wieder wachsen zu lassen. Im Lockdown postete die Journalistin ein Foto ihres kahlgeschorenen Kopfs auf Twitter und erhielt dafür über 2.000 Likes. “Ich fror die ganze Zeit und hatte deswegen fast ständig eine Mütze auf.”

Trotz der Kälte war Robyns Erfahrung mit ihrem Buzzcut unterm Strich positiv. “Die Leute haben auf jeden Fall anders mit mir geredet”, sagt sie. “Ich bin jetzt nicht der stylischste Mensch, dazu wiege ich etwas zu viel und so weiter. Man denkt vielleicht, dass ein rasierter Kopf diese Unsicherheiten verstärken würde. Irgendwie war aber das Gegenteil der Fall. Die Leute fanden meine Frisur cool. Wenn ich dazu Make-up und Ohrringe trug, sah es immer so aus, als hätte ich mir richtig Mühe gegeben – auch wenn ich mir überhaupt keine Mühe gegeben habe.”

Eine junge Frau, einmal mit Buzzcut-Frisur und einmal mit wieder nachgewachsenen Haaren
Joely ohne und mit Haaren

Joely rasierte sich die Haare ab, als sie in Peru im Lockdown war. Sie sagt, dass ihre neue Frisur ihr zwar gut gefallen habe, nach einer gewissen Zeit aber langweilig geworden sei. “Manchmal war es außerdem schwieriger, hübsch auszusehen. Ich hatte das Gefühl, mich bei meinem Look mehr anstrengen zu müssen – vor allem, als ich nach dem Sommer wieder blassere Haut hatte. Da passte die Kurzhaarfrisur nicht mehr so gut zu mir”, sagt die junge Frau.

Aber genau wie Robyn fiel auch Joely auf, dass die Leute anders mit ihr interagierten – auf eine positive Art. “Ich glaube, sie hielten mich für interessanter”, sagt sie. “Die Leute beachteten mich mehr als zuvor. Sie fingen öfter ein Gespräch mit mir an. Das gab mir richtig viel Selbstvertrauen.”

Eine junge Frau, einmal mit Buzzcut-Frisur und einmal mit wieder nachgewachsenen Haaren
Kitty im ersten Lockdown und Kitty heute

Die ehemalige Buzzcut-Enthusiastin Kitty sagt: “Es war definitiv eine interessante Erfahrung, die ich überhaupt nicht bereue.” Was sich dann aber schwierig gestaltete, war die Nachwachs-Phase. “Der Übergang zwischen rasiertem Kopf und längerem Haar ist schrecklich. Ich mache mir normalerweise nicht viele Gedanken darüber, feminin auszusehen, aber in dieser Phase fühlte ich mich trotzdem ziemlich unsicher”, erzählt Kitty.

Eine junge Frau, einmal mit Buzzcut-Frisur und einmal mit wieder nachgewachsenen Haaren
Jennifer mit Buzzcut und Jennifer mit Haaren

Jennifer rasierte sich im ersten Lockdown die Haare ab, danach fiel es auch ihr schwer, sie wieder nachwachsen zu lassen. “Ich bin zum Frisör gegangen, um mir die Seiten trimmen zu lassen. Dort wollten die Leute wissen, was mein Freund von meiner Frisur hält”, erzählt sie. “Ich sagte, dass mir das scheißegal sei, worauf sie antworteten, dass ich mit meinem Jogginganzug und meinem rasierten Kopf wie ein Junge aussehen würde. Das war total unangenehm.”

Der Buzzcut hatte für Jennifer aber auch unerwartete Vorteile: “Früher hatte ich Schuppenflechte auf dem Kopf, die ging mit der Rasur weg”, sagt sie. “Auch jetzt mit nachgewachsenen Haaren habe ich das Problem nicht mehr. Meine Haare waren damals außerdem gebleicht und in einem entsprechend schlechten Zustand, jetzt sind sie total geschmeidig.” Eine klassische Win-Win-Situation. 

Eine junge Frau, einmal mit Buzzcut-Frisur und einmal mit wieder nachgewachsenen Haaren
Grace mit ihrer alten und ihrer neuen Frisur

Die Bloggerin Grace hatte schon vor dem Lockdown einen Buzzcut. Für sie bestand also das radikale Makeover darin, sich ihre Haare wieder wachsen zu lassen. “Der Lockdown war für mich die perfekte Gelegenheit, weil ich mich lange mit niemandem traf und auf keine Partys ging. Auf eine gewisse Weise ein Segen”, sagt sie. “Ich kann einfach aussehen, wie ich will. Meine Haare wieder wachsen zu lassen, ist ein echt befreiendes Gefühl.”

Auch Grace fiel nach ihrer optischen Veränderung auf, dass die Leute anders mit ihr umgingen. “Jetzt, wo ich längere Haare habe, drehen sich nicht mehr so viele Menschen nach mir um. Das ärgert mich schon ein wenig”, sagt sie. “Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen vor dem Lockdown war es, durch den nahegelegenen belebten Bahnhof zu laufen und die Leute anzulächeln, die sich nach mir umdrehten. Weil ich dann immer ein Lächeln zurückbekam. So entstanden Gespräche, dieser soziale Kontakt fehlt mir total.”

Was Grace ebenfalls vermisst: die einfache Pflege eines Buzzcuts. Sie musste sich nie Gedanken darüber machen, wann sie ihre Haare wäscht. Sie will ihre Haare jetzt so lange wie möglich wachsen lassen und danach wieder abrasieren.

Allen Frauen, mit denen wir hier gesprochen haben, fühlten sich durch ihre abrasierten Haare psychisch besser. Sie würden das Ganze auf jeden Fall weiterempfehlen: “Ich finde, dass jede Frau das einmal ausprobieren sollte”, sagt Kitty.

Robyn fügt hinzu: “Ich will nicht sagen, dass meine neue Frisur etwas in mir geweckt hat, aber mit meinen Buzzcut hatte ich mehrmals das Gefühl, voll im Einklang mit mir zu sein. So etwas hat es bei meinen anderen Frisuren nie gegeben.”

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