Food

Dünger aus altem Speisefett—ökologisches Desaster oder Geniestreich?

Benutztes Speisefett zu recyceln ist keine ganz neue Idee. Den Geistesblitz hatten schon Hersteller von Biokraftstoff und windige Straßenverkäufer in China. Doch seine Verwendung als Dünger hat die Welt noch nicht gesehen. Oder besser gesagt, hatte. Denn auch wenn es wenig intuitiv erscheint, die Fettrückstände deiner Mozzarella-Sticks in den Garten zu kippen, macht ein Mann aus Australien so ziemlich genau das—wenn auch mit ein paar Verfeinerungen.

Tropiculture, ein Gartenbaubetrieb im australischen Northern Territory, kauft örtlichen Unternehmen ihr benutztes Speiseöl ab und macht daraus Pflanzendünger, auch wenn Geschäftsinhaber Chris Nathanael es nicht als solchen vermarkten darf—dafür hat es nicht genügend Stickstoff. Dennoch sind seine FISH ‘n CHIPS for PLANTS im Grunde nichts anderes. Aber bevor du jetzt den Inhalt deiner Fritteuse über deine Setzlinge gießt, solltest du wissen, dass das noch nicht die ganze Geschichte ist.

Videos by VICE

Die Idee, aus Speiseöl Düngemittel zu machen, kam Chris vor 40 Jahren, auch wenn er sich erst Jahrzehnte später ernsthaft der Sache angenommen hat. 14 Jahre lang hat er an der richtigen Formel herumgetüftelt, bis er endlich Heureka! brüllen konnte. Das aktuelle Produkt besteht überwiegend aus benutztem Pflanzenöl, kleineren Mengen Fischemulsion sowie Melasse. Mit seinem hohen Kohlenstoffgehalt und den anderen „geheimen” Nähstoffen sorgt seine Zauberformel für ein schnelles Pflanzenwachstum und schützt dabei gleichzeitig gegen Schädlinge.

„Wir haben uns gedacht: Da entstehen dauerhaft riesige Mengen an Abfallstoffen und keiner schien sie nutzen zu wollen”, erklärt er mir. „Wir recyceln ein großartiges Produkt, das ansonsten im Müll landen würde. Dafür sind wir gerne bereit zu zahlen, auch wenn wir hier von sehr kleinen Summen reden. Wir sagen unseren Zulieferern, wir geben dir die Summe X, wenn du uns 20 Liter von deinem benutzten Speiseöl abfüllst. So kannst du sicher sein, dass sie es auch machen werden. Wir müssen es dann nur noch abholen.”

Das Produkt kam vor neun Monaten auf den Markt und wurde seitdem vor allem an Anbaubetriebe aus der Region und einigen eifrigen Privatpersonen mit besonders grünem Daumen (oder dem Wunsch danach) verkauft. Bis dato wurde es bei Gemüsepflanzen, Obstbäumen und Rasenflächen getestet. „Du kannst dir nicht vorstellen, in welchem Tempo unsere Tomaten hochgeschossen sind”, erzählt uns Chris. Als nächstes würden Versuche mit Getreidepflanzen wie Weizen auf seiner Agenda stehen.

Zugegeben, die Idee von Speiseöl auf Feldern und Äckern klingt für viele erst einmal nach einem ökologischen Desaster. Doch Chris versichert uns, dass sein Produkt sicher ist und sich die Belastung für die Umwelt auf fast Null beläuft. So sehe seine Rezeptur eine starke Verdünnung vor, mit maximal 10 Milliliter Öl auf einem Liter Wasser. Außerdem würde es ausreichen, den Wunderdünger alle zwei bis drei Wochen aufzutragen. „Von Umweltverschmutzung kann nicht die Rede sein, unser Produkt wird komplett von der Erde aufgenommen”, so Chris weiter. „Denn da wir auch Reinigungsmittel dazu mischen, wird es mit der Zeit auf natürlichem Wege abgebaut und wird Teil des Bodens und damit der Umwelt. Es handelt sich nämlich um eine sehr passive Substanz.”

Nicht zu recyceln ist wahnwitzig. Das gilt nicht nur für Dosen, Plastikflaschen und Co., sondern auch für den Food-Bereich. So fallen bei der Herstellung von einigen Lebensmitteln Nebenprodukte an, die zur Herstellung von anderen Lebensmitteln genutzt werden können. Denn bloß weil wir keinen Gustus auf einen Eimer Speiseöl haben, muss das noch lange nicht auf unser Gemüse zutreffen.