Sex

So läuft ein Abend in einem „erstklassigen“ Sex-Spa wirklich ab

Dieses Foto wurde zwar nicht im Paradise Spa geschossen, aber darauf sind nackte Menschen in einem Whirlpool zu sehen, und jetzt weißt du auch, wie das aussieht.

„Deine Muschi wird einfrieren”, meint ein tätowierter Typ in Flip-Flops. „Der Whirlpool ist eiskalt.”

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Er unterhält sich mit Val, die schon über 60 ist. Sie trägt einen Haarreif mit Hasenohren, ist aber sonst unter ihrem Handtuch unbekleidet. Alle Anwesenden sitzen auf den abgewetzten Ledersofas des Fernsehzimmers herum und schauen sich mit wenig Interesse den Porno-Streifen Cocksucker College Girls an. Val hat ihre Freundin Pam mitgebracht, die ebenfalls schon ihren 60. Geburtstag hinter sich hat, nur mit einem Negligé bekleidet ist und eine Topfschnitt-Frisur trägt. Pams Augen sind auf den Fernseher fixiert, wo gerade zu sehen ist, wie drei enthusiastische junge Frauen abwechselnd den schlaffen Schwanz eines Typen lutschen, dessen leblose Augen einen daran erinnern, dass man vor einem Porno-Dreh nicht erst noch einen Haufen Koks schnupfen sollte.

„Willst du dir da was abschauen?”, fragt Val.

„Habe ich das nötig?”

„Keine Ahnung, du hast mir ja noch nie einen geblasen. Ich habe ja auch keinen Schwanz, oder?”, antwortet Val.

Unser Paradise Spa sieht etwas anders aus. Foto: Kirt Edblom | Flickr | CC BY-SA 2.0

Es ist Samstagabend und ich befinde mich auf dem Weg zum Paradise Spa in der englischen Stadt Essex. Dieses Spa bezeichnet sich selbst als „Dagenhams führendes FKK- und Swinger-Etablissement” und die „Easter Bunnies”-Party ist bereits in vollem Gange. Als ich dort ankomme, werde ich zuerst von Big George begrüßt—ein freundlicher Mann in einem T-Shirt mit „Pants Inspector”-Aufdruck. Ich will mich zuerst einmal nur umsehen und mache mich deshalb voll bekleidet auf in Richtung Bar. George mustert mich von oben bis unten und schüttelt seinen Kopf. „Hey Kumpel, du darfst hier nur im Handtuch rein”, meint er.

Nachdem ich mich schnell umgezogen habe, zeigt mir Big George die Örtlichkeiten. Es gibt eine Sauna, ein Dampfbad, zwei Whirlpools und einige thematisch eingerichtete „Pärchenzimmer”—also private Rückzugsorte, ausgestattet mit roten Frauensilhouetten an den Türen und Doppelbetten inklusive dünnen Plastikmatratzen in den Zimmern selbst.

Das Paradise Spa wird langsam immer voller und die anwesenden Leute sind vor allem eigenartige Typen mittleren Alters mit ihren Frauen im Schlepptau. Abgerundet wird das Ganze von ein paar jüngeren Swingern zwischen 20 und 30. Ein Taxifahrer mit Halbglatze und Pferdeschwanz-Frisur führt seine Ehefrau (eine gestresst wirkende, abgemagerte Person in schwarzer Reizwäsche und einem knallpinkem Netzhemd) in eines der Schlafzimmer.

„Da drin kann man sich vergnügen”, erklärt Big George. „Wenn man die Tür offen lässt, dann hat man nichts dagegen, wenn einem andere Besucher beim Sex zuschauen.”

Also ist heute Abend auf jeden Fall auch Action zu erwarten?

„Wenn du Bock aufs Ficken hast, dann nur zu. So einfach ist das”, meint er schulterzuckend. „Natürlich sind hier Leute anwesend, die ordentlich Spaß haben wollen. Man muss halt einfach nur ein bisschen mit ihnen reden und sie heiß machen.”

Big George und ich setzen unsere Tour fort und wir laufen durch die Bar, wo bunte Wodka-Jelly-Shots bereitstehen, und kommen schließlich bei einer winzigen Tanzfläche an. Dort räkeln sich zwei beleibte Frauen mit Hasenohren und durchsichtigen Outfits an den Strip-Stangen. Aus den Boxen dröhnt Keshas Lied Timber. Verantwortlich für die Musik ist ein nur mit Laptop ausgestatteter DJ, der ebenfalls schon über 60 ist und den Eindruck macht, als würde er gerade lieber im örtlichen Altersheim die Rentner unterhalten. Durch die aufgehängten Glitzerquasten, die Plastikblumen, die sanfte Beleuchtung, die Snacks an der Bar und das Gefühl, dass viele der Anwesenden Stammgäste sind, wird hier eine Atmosphäre geschaffen, die eher an ein gemütliches Beisammensein als an eine Orgie erinnert. Dieser Gedanke wird nochmals verstärkt, als der DJ Rabbit von Chas ‘n Dave auflegt und sich alle total darüber freuen.

Nach Beendigung der Tour schüttelt mir Big George die Hand und wünscht mir Glück. Ich begebe mich sofort in die Sauna, wo ich auch auf Val und Pam treffe.

„Irgendjemand hier drin stinkt”, meint Pam.

„Wie ist es möglich, hier zu stinken? Es gibt doch unzählige Duschen”, fragt sich Val. „Wenn man direkt nach der Arbeit vorbeischaut und stinkt, dann sollte man sich gefälligst auch waschen.”

Damit hat sie vollkommen recht. Ich frage Val, ob sie regelmäßig hier ist.

„Ja, mein Lieber, ich bin öfters hier. Das ist meine Art, abzuschalten. Mit dem Auto brauche ich von zu Hause aus auch nur fünf Minuten.”

„Hast du dich schon für den Gangbang angemeldet, den Debbie später in Zimmer Fünf organisiert?”, erkundigt sich Pam. „Die Liste liegt hinter der Bar aus.”

Durch das Fenster können wir dabei zusehen, wie ein glatzköpfiger Mann im Whirlpool gerade von seiner blonden Begleitung einen Blowjob bekommt. Dabei hat er seinen Kopf in übertriebener Ekstase zurückgeworfen. Die beiden werden von den Leuten im zweiten Whirlpool angefeuert.

„Hey, Tom kriegt gerade von Samantha einen geblasen! Die versaute Kuh!”, kreischt Val. Pam kichert nur.

Sex ist hier also keine Seltenheit?

„Nein”, meint Val lächelnd.

„Hast du dich schon für den Gangbang angemeldet, den Debbie später in Zimmer Fünf organisiert?”, erkundigt sich Pam. „Die Liste liegt hinter der Bar aus.”

Ein paar Minuten später betreten Tom und Samantha die Sauna und wir müssen alle ein wenig zusammenrücken. Dabei berührt Val aus Versehen mein Bein.

„Tut mir Leid”, meint sie und zwinkert mir verführerisch zu.

Ich frage sie, warum sie sich überhaupt dazu entschieden hat, das Ganze hier auszuprobieren.

„Ich bin erst vor zwei Jahren in diese Szene gerutscht. Meine Tochter und mein Schwiegersohn haben mir hiervon erzählt. Zuvor hatte ich keine Ahnung, was ein Blowjob und ein Orgasmus überhaupt sind. Ich war komplett ahnungslos.”

Sie richtet sich den goldenen Anhänger ihrer Kette, die ihren faltigen Hals ziert.

„Ich bin jetzt schon seit 25 Jahren verheiratet. Wir sind zwar nicht mehr zusammen, leben aber immer noch im selben Haus—quasi eine Art WG mit getrennten Schlafzimmern. Er will sich nicht von mir scheiden lassen. Er will einfach nicht einsehen, dass es vorbei ist.”

Das ist schade.

„Er hat mich wirklich wie ein Stück Dreck behandelt. Irgendwann hatte ich dann einfach die Nase voll und habe ihm das auch so gesagt. Er war Alkoholiker. Meine Enkelin hasst ihn. Ich komme oft hierher, um die ganze Situation für einen Moment zu vergessen.”

Die ganze Sauna schweigt, denn dieser Augenblick ist wirklich ergreifend. Während sie zuhört, holt Samantha Tom ganz nachdenklich einen runter.

„Kannst du den Kerl nicht einfach rausschmeißen?”, fragt sie.

„Er will einfach nicht gehen.”

„Ich meine, du richtest dich doch auch nicht her, wenn wir morgens eine Nummer schieben, oder?”

In diesem Moment betritt Dave, ein Gipser Mitte 20, zusammen mit seiner Freundin Jane und einer Bekannten namens Alice die Sauna. Alice ist sehr attraktiv und dazu noch oben ohne unterwegs—das macht sie für viele der anwesenden Männer sehr interessant. Dave und Jane sind regelmäßig in solchen Swinger-Etablissements wie dem Paradise Spa anzutreffen. Alice haben sie während ihrer Reisen getroffen. Alice kennt sich auch in anderen einschlägigen Clubs bestens aus. Sie hatte schon feste Freunde, vergnügt sich allerdings auch gerne mal mit anderen Frauen.

„Warum hast du dir vor dem Saunagang eigentlich die Haare geglättet?”, fragte Dave seine Freundin.

„Normalerweise stehen die Kerle darauf, wenn deine Frisur ein bisschen unordentlich daherkommt und es so aussieht, als seist du gerade erst aufgestanden”, meint Alice.

„Ich meine, du richtest dich doch auch nicht her, wenn wir morgens eine Nummer schieben, oder?”, meint Dave ganz romantisch.

„Die Pizzen sind da!”, ruft Big George von draußen herein und plötzlich machen sich alle auf in die Bar. Dort wurden acht Pizzen auf einem Büffet-Tisch ausgebreitet und dabei alle Geschmäcker bedient. Die Swinger machen sich hungrig über das Festmahl her. Im Hintergrund ist Lionel Ritchies Evergreen Hello zu hören.

An der Bar komme ich dann mit Charlie ins Gespräch. Er ist auch Mitte 20 und vor Kurzem von einer Kolumbien-Reise zurückgekehrt. Er hat eine Vorliebe dafür, mit den Frauen zu schlafen, die er beim Couchsurfen kennenlernt. Er ist zum ersten Mal im Paradise Spa und erklärt mir seine Strategie für den Abend.

„Ich habe mir eine Flasche Wodka mitgebracht”, meint er zu mir (zwar wird im Paradise Spa kein Alkohol ausgeschenkt, das Mitbringen ist jedoch kein Problem). „Ich betrinke mich erstmal ordentlich und stürze mich dann mitten ins Geschehen.”

Cool.

„Hey, hast du vorhin die eine in der Sauna gesehen, die mit den Titten?”

Alice?

„Die mit den Titten. Genau. Die war heiß.”

Ja, sie ist in der Tat attraktiv.

„Glaubst du, dass ich bei ihr landen könnte, wenn ich genügend getrunken habe?”

Vielleicht.

„Ich kippe ordentlich was weg und probier es dann einfach mal. Hier sind ja auch viele fette Frauen unterwegs, aber je betrunkener ich bin, desto besser sehen sie aus. Man sieht einfach nur die Nippel und denkt sich dann: ‚Mein Gott, wie gut die aussehen.’”

Ich wünsche ihm für sein Vorhaben viel Glück und gehe anschließend zurück ins Fernsehzimmer. Dort läuft immer noch der gleiche Porno und die 50-jährige Sue befriedigt sich gerade selbst—dabei wird sie von Val, Pam und anderen Gästen angefeuert.

„Wir brauchen hier mal einen Eimer Wasser zur Abkühlung!”, ruft Val, während Sue zum Orgasmus kommt.

Für mich ist es an der Zeit zu gehen. Am darauffolgenden Tag schreibe ich Charlie eine Nachricht und frage ihn, ob er noch fündig geworden ist.

„Hey, ich war dann richtig verzweifelt, weil ich so viel gesoffen habe. Eine der Fetten hat mir dann noch einen geblasen, haha!”

Also war es ein erfolgreicher Abend?

„Auf jeden Fall. Hey, kennst du die eine aus der Sauna, die mit den Titten?”

Alice?

„Genau. Die war verdammt heiß, Mann.”