Einsamkeit ist etwas sehr Schreckliches. Sie baut eine unsichtbare Barriere zwischen dir und deiner Umgebung auf und lässt dich glauben, dass dich alle falsch verstehen und niemand mehr etwas mit dir zu tun haben will. Jetzt legt eine vor Kurzem im Wissenschaftsmagazin J. Neurosci veröffentlichte Studie nahe, dass Einsamkeit auch beeinflusst, wie du die Menschen und Beziehungen in deinem Leben wahrnimmst.
Für die Studie fokussierten sich die Forschenden auf den medialen präfrontalen Cortex, also den Teil des Gehirns, der mit der Selbstrepräsentation (in anderen Worten: das Bild, das man von sich selbst hat) in Verbindung gebracht wird. Sie wollten verstehen, wie man andere Menschen im Gehirn abbildet – basierend darauf, wie eng man sich mit diesen Menschen verbunden fühlt.
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“Soziale Bindung ist für das eigene Wohlbefinden unglaublich wichtig. Dennoch wissen wir nur wenig darüber, wie das Gehirn unsere Verbundenheit zu anderen Menschen abbildet”, sagen die Autorinnen Andrea L. Courtney und Meghan L. Meyer in der Studie. “Das soziale Gehirn scheint unsere zwischenmenschlichen Verbindungen einzuordnen. Die Veränderungen in dieser Ordnung erklären vielleicht, warum einsame Menschen Dinge sagen wie ‘Ich bin von Leuten umgeben, aber trotzdem alleine’.” Durch die Studie wollten die beiden Forscherinnen zudem herausfinden, ob sich Einsamkeit darauf auswirkt, wie das Gehirn Beziehungen wahrnimmt.
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Die 43 Probandinnen und Probanden wurden für die Studie gebeten, sich auf 16 verschiedene Menschen zu konzentrieren: sich selbst, enge Freunde oder Verwandte, Bekannte und Prominente. Dann wurden sie zu ihren Gefühlen der Einsamkeit befragt und dazu, wie eng sie sich den 16 Menschen verbunden fühlen. Dabei wurden ihre Hirnaktivität die ganze Zeit von den Forschenden überwacht.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Gehirn ein Netzwerk an sozialen Kontakten pflegt, das auf Nähe basiert. Das Ganze funktioniert so: Wenn du an dich selbst denkst, wird ein bestimmter Hirnbereich aktiviert; wenn du an andere Leute denkst, wird ein anderer Bereich aktiviert. Bei Menschen, die nicht einsam sind, gibt es bei diesen beiden Bereichen viele Überschneidungen, wenn sie an enge Freunde denken. Bei bloßen Bekannten sind es weniger Überschneidungen.
Wenn jedoch Menschen, die sich selbst als einsam beschreiben, an sich selbst und an andere denken, dann sind die aktivierten Bereiche des Gehirns komplett getrennt. Sie fassen alle anderen Leute in eine Gruppe zusammen – ganz egal, wie eng die Beziehung zu ihnen auch sein mag – und ziehen eine Linie zwischen sich und ihnen. Das bedeutet, dass die Einordnungsmuster bei engen Freunden mit denen bei Bekannten und Promis verschwimmen.
“Meldet euch bei euren Freunden, damit euch wieder klar wird, was enge Verbundenheit bedeutet.”
“Eigentlich erwartet man, dass es zwischen engen Freunden und Bekannten eine Unterscheidung gibt. Bei einsamen Menschen ist das allerdings weniger der Fall”, sagte Courtney gegenüber CNN. “Einsamkeit kann aus verschiedenen Situationen heraus entstehen. Sie kann zum Beispiel ein Verteidigungsmechanismus sein, um eine soziale Bedrohung oder das Risiko der Ablehnung zu entschärfen.”
Obwohl die Studie nur in einem relativ kleinen Rahmen durchgeführt wurde, wirft sie einige Frage auf: Verändert sich erst durch Einsamkeit, wie das Gehirn Beziehungen wahrnimmt? Und woher kommt der Unterschied zwischen den Studienteilnehmenden, die sich selbst als einsam beschreiben, und denen, die das nicht tun?
Zudem ist die Studie in einer Zeit erschienen, in der wir uns alle bestimmt etwas einsam gefühlt haben – dank Social-Distancing-Vorgaben und Lockdowns. Wenn wir zu Hause bleiben und die direkte Interaktion mit anderen Menschen auf ein Minimum herunterfahren müssen, leiden auch unsere Beziehungen darunter. Vielleicht fühlen wir uns an manchen Tagen deswegen irgendwelchen YouTubern näher verbunden als unseren besten Freunden.
Aber was kann man gegen dieses Gefühl tun? “Meldet euch bei euren Freunden, damit euch wieder klar wird, was enge Verbundenheit bedeutet und wie man sie pflegt”, sagt Courtney. “Und denkt darüber nach, ob ihr nicht unterschätzt, wie viel sozialen Rückhalt ihr wirklich habt.”
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