Es ist eine Situation, die viele Frauen leider nur zu gut kennen. Du befindest dich in einer Bar und willst eigentlich nur eine schöne Zeit mit deinen Freundinnen haben. Da steuert ein Typ mit gierigem Blick und nach Bier stinkendem Atem von hinten auf dich zu. Wenn du Glück hast, berührt er dich erst nach der Begrüßung. Wahrscheinlicher ist: Der Typ, dessen Gesicht du noch gar nicht gesehen hast, legt, ohne zu fragen, seinen Arm um deine Hüfte oder – noch schlimmer – reibt seinen Schwanz direkt an deinem Hintern.
Die normale und angemessene Reaktion: umdrehen, dem Typen eine scheuern, “Verpiss dich, du Arschloch!” schreien und weggehen. Dann sollte die unangenehme Situation normalerweise vorbei sein. Manche Männer sehen eine solche Abfuhr jedoch als Einladung und lassen dann erst recht nicht von dir ab. Deswegen habe ich mich gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, nervige Typen im Club schnell und sicher in ihre Schranken zu weisen. Mein Selbstexperiment beginnt bei meiner nächsten Partynacht.
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Die angewiderte Fratze
Es dauert ein bisschen, bis ich diese Taktik richtig ausprobieren kann. Die meisten Typen kommen mir nämlich direkt viel zu nahe, um noch mein ganzes Gesicht sehen zu können.
Etwas enttäuscht und kaum überrascht warte ich auf die perfekte Gelegenheit. Endlich spricht mich jemand im Raucherbereich an. Er beugt sich zu mir vor und schaut mir direkt in die Augen. Ich blicke zurück, verziehe angewidert mein Gesicht und versuche, mein Kinn und meinen Hals in so viele Falten wie möglich zu legen.
Zwar scheint das den Typen zu verwirren, aber er redet dennoch ohne Punkt und Komma weiter. Ich stehe ihm mindestens eine Minute lang erfolglos mit meiner Grimasse gegenüber. Und es ist wirklich nicht einfach, so lange einen Blobfisch nachzuahmen.
Irgendwann kommt eine meiner Freundinnen zu uns und der Typ zischt endlich ab. Irgendwie hat die Grimasse also doch gewirkt? Durch sie und mein Schweigen wurde ihm letztendlich klar, dass sein Flirtversuch nicht fruchtet.
Bewertung: 6/10
Die Erkältung
Bevor ich mit meinen Freundinnen losziehe, frage ich meinen Freund, was ihn früher beim Flirten richtig abturnte. “Wenn jemand krank ist”, antwortet er. “Niemand hat Bock auf einen bakterienverseuchten Mund.”
Das ergibt Sinn, also probiere ich diese Taktik aus: Als mich ein Mann an der Bar anspricht, huste ich sofort los, als wollten meine Lungen aus meinem Hals springen.
“Geht es dir gut?”, fragt mich der Typ. “Willst du vielleicht ein Glas Wasser?”
“Ich hätte besser zu Hause bleiben sollen, ich war die letzten Tage echt krank”, sage ich. Und schon ist er wieder in der Menge verschwunden.
OK, der Typ wirkte nett und hat mich gefragt, ob ich etwas brauche. Wer weiß, ob die Taktik auch bei nervigen Männern so gut funktioniert. Ich habe auf jeden Fall wieder meine Ruhe.
Bewertung: 8/10
Der Schrei
Meine absolute Lieblingstaktik: einfach, effizient, befreiend und dazu noch amüsant.
Als ich mich – bereits ziemlich verschwitzt und zerzaust – zur Bar begeben will, fängt ein wildfremder Typ ohne Vorwarnung an, mich anzutanzen. Als ich mich zu ihm umdrehe, lächelt er mich an und beugt sich runter zu meinem Ohr. Da stoße ich einen lauten, spitzen Schrei aus.
Der Mann runzelt die Stirn und fragt mich in aggressivem Ton: “Was läuft denn bei dir falsch? Was hast du für ein Problem?” Als Antwort schreie ich einfach weiter. Frustriert gibt der Typ auf und lässt von mir ab.
Bewertung: 10/10
Die viel zu persönlichen Fragen
Als ich diese Taktik mit meinem Freund bespreche, sagt er, dass jeder Typ lieber munter vor sich hin lügt, als einfach abzulassen. Dabei hat mir doch jede Sitcom dieser Welt beigebracht, dass Männer bei Fragen über ihre Familiengeschichte, ihre Zukunft und ihren Kinderwunsch sofort das Weite suchen.
Wie sich herausstellt, haben die Sitcoms mir da ein falsches Bild vermittelt. Keine Ahnung, ob die Männer lügen oder nicht, aber diese Taktik funktioniert an meinem Testabend definitiv nicht. Immerhin führt sie zu einigen interessanten Unterhaltungen.
“Meine Mutter muss uns erst zusammen sehen”, sagt ein Typ zum Beispiel. “Wenn sie dann erkennt, wie sehr du mich liebst, wird sie dich auch lieben.”
Auf die Frage, wie viele Kinder er mal haben will, antwortet ein anderer Verehrer: “So viele, wie Gott mir schenkt.”
Bewertung: 2/10 (die Gespräche verdienen aber die volle Punktzahl)
Der feste Freund
Ich hätte nie gedacht, dass diese Taktik funktioniert. Aber das tut sie. Vielleicht habe ich auch einfach nur Glück, sie an einem sehr respektvollen Typen auszuprobieren. Alles beginnt freundlich, er fragt mich, wie ich heiße und wo ich herkomme.
“Ich bin Nicole und komme aus Guatemala”, sage ich.
“Krass! Willst du mir etwas über die Kultur dort erzählen?” Anscheinend hat er es als Einladung verstanden, dass ich meinen Namen laut gesagt habe, denn plötzlich kommt er meinem Gesicht sehr nahe.
“Ich habe eine Freund”, antworte ich.
“Oh, dann schaue ich einfach bei Wikipedia nach.” Mit diesem Satz zog er wieder ab.
Bewertung: 9/10
*
Natürlich bin ich diesen Artikel mit einem kleinen Augenzwinkern angegangen. Dennoch ist und bleibt es die traurige Realität, dass Frauen auch im Jahr 2019 nicht feiern gehen können, ohne dass irgendwelche schmierigen Typen sie ungewollt anmachen und anfassen.
Meine Erfahrungen haben mir eine Sache zum Thema Einverständnis beim Feiern gezeigt: Es scheint so, als würden Männer jeglichen Anstand mit der Jacke an der Garderobe abgeben. Obwohl es schon unzählige Male gesagt wurde, kann ich es also nur noch einmal verdeutlichen: Liebe Typen, wenn eine Frau auf eure Flirtversuche nicht positiv reagiert, dann lasst sie bitte einfach in Ruhe. So schwer ist das nicht.
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