Politik

Wir haben junge Leute gefragt, wieso sie sich in Volksparteien engagieren

Vier junge Menschen, die sich SPD oder CDU engagieren

Die Jugend fühlt sich von CDU und SPD nicht mehr verstanden, das hat das Rezo-Video gezeigt. Und auch die Wahlergebnisse der U-30-Jährigen zeigen, dass die Volksparteien ein Jugendproblem haben. Hier entschieden sich nur 13 Prozent für die Union, die SPD hat sogar nur neun Prozent der jungen Wähler überzeugt.

Über Philipp Amthor lacht das Internet, auf die Fridays-for-Future-Demonstranten reagiert Annegret Kramp-Karrenbauer damit, dass sie ihren Kindern keine Entschuldigung schreiben würde. Da wundert man sich nicht, dass das Durchschnittsalter der Parteimitglieder von CDU und SPD bei 60 Jahren liegt. Aber es scheint sie doch zu geben: Junge Leute, die sich in den alten Volksparteien (wenn man sie überhaupt noch so nennen kann) engagieren. Wir haben vier davon gefragt, warum sie das tun.

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Lara Blume, 27 Jahre alt, seit 4 Monaten in der SPD

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Foto: privat

VICE: Wieso bist du in der SPD aktiv?
Lara Blume: Ich stehe total hinter den sozialdemokratischen Werten. Bisher war ich nur nicht in der Partei, weil es viel Zeit kostet, aktiv zu sein. Als es dann mit der SPD in den letzten Jahren immer weiter Richtung Abgrund ging, habe ich bei den Ergebnissen der Europawahl gedacht: Das kann doch einfach nicht wahr sein, dass das der SPD widerfährt. Dann habe ich beschlossen: Wenn es jetzt enden soll, will ich wenigstens mitbekommen, warum es scheitert. Ich möchte von innen sehen, was eigentlich schiefläuft.

Also bist du wegen der schlechten Europawahl-Ergebnisse in der SPD aktiv geworden?
Ja. Ich war wirklich sehr schockiert und dachte, ich möchte jetzt mithelfen, dass das Schiff wieder gewendet wird. Außerdem habe ich hier in Berlin am eigenen Leib erfahren, dass noch viel passieren muss. Sei es bei den Mietpreisen, Fahrradwegen oder Kitaplätzen. Deswegen habe ich beschlossen, politisch aktiv zu werden.

Du bist jung und weiblich. Damit machst du den kleinsten Teil der SPD aus. Wieso hat dich die Partei dennoch angesprochen?
Mich hat gerade angesprochen, dass junge Frauen noch nicht so sehr in der SPD vertreten sind. Ich möchte gerne den Club der alten, Weißen Männer durchbrechen. SPD-Werte können genauso gut durch junge Frauen bestimmt werden. Mich hat es auch wirklich schockiert, dass immer noch der Großteil in Sitzungen alt und männlich ist. Aber ich denke, dass sich solche Sachen nur von innen ändern lassen.

Jonas, 21 Jahre alt, seit zwei Jahren bei der CDU

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Foto: privat

VICE: Wieso engagierst du dich in der CDU?
Jonas: Schon in der Grundschule hat das begonnen, wenn ich meinem Lehrer die Meinung gesagt habe. Da konnte man kleine Dinge verändern, wenn man sich eingesetzt hat. Außerdem kam das auch durchs Elternhaus. Bei uns war Politik am Küchentisch immer ein beliebtes Thema. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich bei der politischen Gestaltung an Grenzen stoße, wenn ich nicht in eine Partei eintrete.

Was interessiert dich thematisch an der Parteiarbeit der CDU?
Heutzutage ist es ja schon ein Alleinstellungsmerkmal, dass wir eine undogmatische Volkspartei sind, die politische Mitte darstellen und für alle da sein wollen. Wir haben keine konkrete Ideologie, wie Gesellschaft auszusehen hat, sondern wir machen das am Einzelfall. Das fand ich eigentlich am attraktivsten, weil ich genauso bin: Wenn es ein Problem gibt, versuche ich, den Status Quo darzustellen und darauf aufzubauen. Aber ich sage nicht, dass man erstmal alles komplett einreißen muss, um es zu gestalten.

Wieso interessieren sich so wenig junge Leute für die CDU?
Wir wollen ungern einfache Antworten auf schwierige Fragen geben. Das hält uns manchmal aber auch davon ab, mit jungen Leuten zu reden. Wenn wir bei Rezo auf ein YouTube-Video eine 12-seitige Antwort schreiben und das als PDF veröffentlichen, trifft das nicht die jungen Leute. Ich glaube auch, dass unser politischer Ansatz oft verfehlt wird. Die denken, wir sind die Opa-Partei, die nichts verändern möchte. Das stimmt aber überhaupt nicht. Nur wenn man das Beste für alle will, kann man halt nicht vereinfachen.

Lisa Bubert, 24 Jahre alt, seit acht Jahren in der CDU

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VICE: Wieso engagierst du dich in der CDU?
Lisa Bubert: Das hat sehr früh angefangen, in der 5. Klasse habe ich mich schon für einen sicheren Schulweg eingesetzt und später wollte ich dann mehr von der Politik wissen. Dann habe ich mich anhand der Wahlprogramme für die CDU entschieden.


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Und warum dann die CDU?
Ich habe für mich festgestellt, dass ich mich mit dem christlichen Menschenbild und den Werten der CDU identifizieren kann. Das hat sich auch nicht geändert. Außerdem wollte ich mich für eine Volkspartei entscheiden, weil die großflächig viele Themen und Meinungen bereitstellt, in denen man sich auch wiederfinden kann.

Haben dich die Wahlergebnisse und der Ruf bei jungen Leuten demotiviert?
Nee, gar nicht. Das hat noch mehr angespornt zu sagen: Wir sind die junge Stimme der CDU. Wir müssen lauter werden.

Clarissa Schiffel, 25 Jahre alt, seit 4 Monaten in der SPD

Eine junge Frau engagiert sich in der SPD

VICE: Wieso bist du in der SPD aktiv?
Clarissa Schiffel: In einer Partei werden die großen, wichtigen Entscheidungen getroffen. Außerdem habe ich mich für die SPD entschieden, weil ich Arbeiterhintergrund habe. Ich bin zwar kein Arbeiterkind, aber meine Familie kommt aus dem Bergbau. Im Saarland, wo mein Hintergrund ist, waren auch viele meiner Familie aktiv.

Haben die AfD-Erfolge dich motiviert, in die SPD einzutreten?
Die AfD-Ergebnisse haben schon den Druck erhöht, dass man mal was machen muss. Wenn ich mir den Osten heute angucke, überfüllt es mich mit Trauer, was da eigentlich passiert. Am Ende hat mich dann aber einfach das Parteiprogramm der SPD am meisten überzeugt, weil ich glaube, dass wir nicht ohne Solidarität bestehen können in einer Zeit, in der alles auf Egoismus ausgelegt ist.

Die SPD ist in einer historischen Krise. Wieso bist du gerade jetzt eingetreten?
Gerade aus diesem Grund. Sozialdemokratie ist in meinen Augen einer der wenigen Wege, die richtig sind. Es macht mich unglaublich traurig, wenn ich sehe, dass es den Bach runtergeht. Und das ist selbstverschuldet. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kriegen wir es hin, wieder auf den richtigen sozialdemokratischen Weg zurückzufinden?

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