In seinen Augen spiegelt sich die Angst des Druffis vor dem Runterkommen: “Haben wir noch Pepps dabei? Haben wir die noch? Keins mehr? Gar nix mehr? Gar keine mehr? Gar kein Pepps mehr?!” Mit diesen Worten beginnt ein Clip, der 2013 deutsche Meme-Geschichte schrieb. In den folgenden 90 Sekunden spricht der Protagonist über seinen Cousin und dessen Probleme mit der Polizei (“privat aber”), über Kumpels, die kein Deutsch verstehen und natürlich über “richtig geiles Peppen”. Am Ende glaubt er, nicht auf einem Parkplatz, sondern auf dem Mars zu stehen. “Ich schwöre, dass ich den noch erleben darf – unnormal!”
Der “Smiley” betitelte Clip wurde gefeiert. Über 3,5 Millionen Aufrufe zählt er inzwischen auf YouTube. “Haben wir noch Pepps” wurde zum geflügelten Wort und auf Turnbeutel und T-Shirts gedruckt. Der Protagonist wurde zum Maskottchen der Feierkultur, und man merkt schnell, weshalb: ein verballerter Typ, der nach einem durchtanzten Wochenende seinen Kumpels die letzten Speed-Reste (Pepps) abluchsen will. Hochgradig verpeilt, aber trotzdem sympathisch und mit Weisheiten um sich werfend, die eigentlich nur ein amphetamingeschwängertes Gehirn hervorbringen kann: “Wer einen Smiley zu viel macht, hat irgendwann auch nix mehr zu lachen.”
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Was viele Menschen, die das Video in den vergangenen Jahren gesehen und geteilt haben, nicht wissen: Es ist nur eines von insgesamt 59 Videos der Webserie “Haben wir noch Pepps?”, die in zwei Staffeln erschienen ist. Was viele ebenfalls nicht wissen, obwohl man es an den Schnitten und dem lilafarbenen Gras im Hintergrund erahnen könnte: Die ganze Situation ist gestellt, niemand ist wirklich high, und es gab von Anfang an kein Pepp. Das bestätigt Moritz Erian im Gespräch.
Die Ausgangssituation von “Haben wir noch Pepps?”: Drei Typen auf dem Weg nach Barcelona
Erian ist der Macher von “Haben wir noch Pepps?” (HWNP), der Kopf hinter der Kamera. Gemeinsam mit seinen Freunden Thomas, dem Protagonisten, und Andre, der den schweigenden Dritten spielt, hat der Cutter aus Köln die Serie aufgenommen. In 26 Episoden erzählt die erste Staffel von HWNP die Geschichte zweier Schulfreunde, die sich nach Jahren zufällig an einer Raststätte treffen. Gemeinsam mit einem Anhalter fahren sie nach Barcelona, um ein Wochenende Urlaub zu machen, stets auf der Suche nach Ballerei und “guter Paste”.
Die Idee ist nicht ganz zufällig entstanden, sagt Erian: “Thomas, Andre und ich sind für ein Foto-Shooting tatsächlich von Köln nach Barcelona gefahren. Wir haben an einer Raststätte in Frankreich angehalten und die beiden Jungs waren auf der Toilette. Ich hatte gerade eine neue Kompaktkamera gekauft und schon vorher gedacht, man könnte vielleicht etwas damit machen. Auch weil ich wusste, dass Thomas ein gewisses schauspielerisches Talent hat. Also habe ich einfach draufgehalten, als er vom Klo gekommen ist. Die Rahmenhandlung stand dann praktisch fest.”
In den folgenden drei Tagen hat das Trio immer wieder freie Momente neben der Arbeit genutzt, um kurze Clips aufzunehmen: Auf Parkplätzen, in der Stadt, im Hotelzimmer. Es gab kaum Regieanweisungen und in den meisten Fällen nur einen einzigen Take. Die Videos leben von absurden Beobachtungen und den verpeilten Aussagen des Protagonisten, der beiläufig Wörter wie “Intelligentheit” und “Knochenmarkt” einstreut, Dinge “üüüüübel” oder “läpsch” findet und glaubt, dass sein Kumpel “ein bisschen ein Otto geworden ist”.
“Thomas wird bis heute darauf angesprochen”
Die Improvisation ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der Protagonist gar kein Schauspieler ist. Thomas arbeite als Pflegekraft in der Gerontopsychiatrie und mache nebenbei noch ein bisschen Musik, erzählt Erian. Eine Schauspielausbildung hat er ebensowenig wie einen Cousin, der Drogen vertickt und Probleme mit den Cops hat. “Als wir mit 19 oder so abgehangen sind, haben wir eben so geredet wie der Typ in der Serie”, sagt Erian. Statt eines verballerten Partyopfers hätte Thomas auch einen anderen Charakter spielen können. Überhaupt sei HWNP auch keine bewusste Parodie der Feierkultur. “Wir nehmen selbst keine Drogen, aber wer in der Stadt unterwegs ist, trifft natürlich immer mal solche verpeilten Vögel.”
Entstanden ist die erste Staffel von “Haben wir noch Pepps?” bereits 2011. Doch erst drei Jahre später, Anfang 2013, hat Moritz Erian sie dann online veröffentlicht. So lange hat er gebraucht, um die Aufnahmen in seiner Freizeit zu schneiden und die Website aufzusetzen. Dass ausgerechnet der Smiley-Clip, aus dem das namensgebende Zitat für die Serie stammt, am Ende auch der erfolgreichste wurde, sei Zufall gewesen, sagt Erian. Als eines der ersten Blogs habe Schlecky Silberstein das Projekt erwähnt und einem größeren Publikum vorgestellt. Zu dem Zeitpunkt war der Smiley-Clip aber noch gar nicht online. Erst später hat sich die besagte Episode dann viral verbreitet.
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Die Reaktionen auf das “Haben wir noch Pepps?”-Video: “Das passiert, wenn man die Hauptschule nicht schafft, du Drogenopfer”
Doch nicht alle fanden HWNP so gut. Vor allem in Kommentaren auf YouTube und anderen sozialen Netzwerken mussten die Macher teils derbe Kritik einstecken. “Manche verstehen nicht, dass es gestellt ist. Da liest man dann Dinge wie ‘Ich schlag dir deine Fresse ein, du Hurensohn’ und ‘Das passiert, wenn man die Hauptschule nicht schafft, du Drogenopfer’”, sagt Erian.
Angenehmer fielen dagegen die Reaktionen im Alltag aus: “Thomas wird bis heute darauf angesprochen. Vor ein paar Wochen erst war er bei mir zu Besuch in Köln und es gab keinen Tag, an dem er nicht von mindestens einer Person angesprochen wurde. Und das letzte Mal, als ich ihn besucht habe, haben Leute über die Straße gerufen “Öeeey, haben wir noch Pepps?!” In der Regel seien solche Begegnungen mit Fans immer relativ lustig.
Der Smiley-Clip hat deutlich mehr Aufrufe als die anderen der Serie. Moritz Erian findet das zwar nicht schade, würde sich aber trotzdem wünschen, dass HWNP nicht ausschließlich auf eine Episode reduziert wird. Tatsächlich hat das Team 2014 noch eine zweite Staffel in Berlin gedreht. Darin wird der Protagonist vom Nachtleben und dem Rausch verschluckt. “Das ist ein bisschen fragmentierter und experimenteller, was aber auch daran lag, dass wir nicht so viel Zeit hatten, um eine stringente Handlung durchzuziehen. Das ist bei den meisten Leuten aber nicht gut angekommen, wie man bei den Kommentaren auf YouTube auch sieht”, sagt Erian.
Kamen die Folgen der ersten Staffel durchschnittlich auf mehrere Hunderttausende, sind es bei der zweiten Staffel nur noch etwa 20.000 Views. “Irgendwie redest du in der neuen weniger dummes Zeug”, schreibt ein enttäuschter Kommentator auf YouTube. “Einfach nur läppisch”, ein anderer. Das Internet mag keine Veränderung.
Eine dritte Staffel von HWNP ist nicht ausgeschlossen
Moritz Erian ist trotzdem stolz auf HWNP. Gemessen an der Entstehungsgeschichte und Ungezwungenheit des ganzen Projekts sei es aber in “jedem Fall eine gute Arbeit”. Zwischenzeitlich gab es sogar Anfragen von verschiedenen Stellen, das Projekt noch größer zu machen und weiterzuführen. Aber letztlich sei nicht das richtige Angebot dabei gewesen. “Man könnte das sicherlich noch ausreizen, aber irgendwann ist so ein Charakter halt auch einfach tot”, sagt Erian.
Keine Chance also auf ein Comeback? Definitiv möchte das der Kölner Filmemacher nicht ausschließen. “In meinem Empfinden wäre eine dritte und letzte Staffel eigentlich folgerichtig. Aber wir haben nichts geplant.” Bis es soweit ist, müssen die Fans des sympathisch Verballerten weiterhin die Klassiker angucken und können auf den bestehenden Memes hängenbleiben: Die sind ja auch, in den Worten des Protagonisten, “vom Allerfeinsten, ich schwör!”