Vor ein paar Monaten durfte ich mich zusammen mit der Fotografin Amy Lombard fast 24 Stunden lang im Show Palace umsehen, einem der wenigen New Yorker Stripclubs mit komplett nackten Frauen. Obwohl wir quasi den gesamten Lebenszyklus einer Eintagsfliege im Beisein von Stripperinnen verbrachten, hatten wir das Gefühl, dass die uns dort erzählten Geschichten nur die Spitze des Eisbergs sind. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, ins Show Palace zurückzukehren, um von den Angestellten und vom Manager mehr über die Arbeit, die Kunden und die Benimmregeln eines Stripclubs zu erfahren.
Also hingen wir einen ganzen gediegenen Sonntagabend (Wer geht denn schon sonntagabends in einen Stripclub?) zusammen mit den Tänzerinnen im Umkleidezimmer ab. Dabei erzählten sie ihre besten Geschichten, die sich während der Arbeit in der Erotikindustrie angehäuft haben, und gaben uns außerdem noch ein paar nützliche Hinweise und Tipps mit auf den Weg. Folgendes hatten sie zu sagen:
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VERSUCH NICHT, DIE TÄNZERINNEN ZUM SEX ZU ÜBERREDEN
Viele Typen werden richtig sauer—sie verstehen irgendwie nicht, dass ich nur eine Tänzerin bin. Ich habe keinen Sex gegen Bezahlung und einige Kerle sind deswegen total wütend. Die kriegen sich dann gar nicht mehr ein. „Jetzt schlaf doch mit mir, ich gebe dir auch Geld dafür. Nenn mir einfach den Betrag.” Das nervt wohl am meisten.
Viele dieser Typen kommen aus Asien, aus dem Nahen Osten oder aus Südamerika. Wahrscheinlich gibt es einfach kulturelle Unterschiede. In den dortigen Ländern ist es in den Clubs anscheinend üblich, dass die Frauen für Geld auch mit den Kunden schlafen—sie arbeiten ja schließlich in der Sexindustrie. Es gibt dort wohl keine Frauen, die nur tanzen.
Ich weiß nicht, ob die Typen es wirklich ernst gemeint haben, aber mir wurden auch schon mal 1000 Dollar angeboten. Ich sage dann allerdings immer: „Hör mir jetzt mal zu, ich habe keinen Sex gegen Bezahlung. Wenn du dich einfach nur zurücklehnen und entspannen würdest, dann könntest du auch meinen Tanz genießen.” Das stört mich total. Männer müssen wissen, wo die Grenzen sind. Genießt doch einfach den Stripclub und wünscht euch nicht die ganze Zeit, dass es sich dabei um ein Bordell handelt. – Jennifer
Einmal war eines der Mädels in den privaten Tanzräumen unterwegs. Dort befinden sich Kameras, damit wir das Geschehen immer im Blick haben. Auf jeden Fall war sie vornüber gebeugt und dann brach sie die wichtigste Regel: Der Kunde darf niemals aufstehen. Genau das machte der Typ aber und dann tat er so, als würde er sie von hinten nehmen. Schließlich packte er noch seinen Schwanz aus, so als ob er drauf und dran sein würde, den jetzt reinzustecken. Ich saß hier, schaute durch die Überwachungsbilder und konnte das Ganze schließlich beobachten. Das Mädel hatte eine Scheißangst. Wir haben uns den Kerl natürlich sofort gepackt und auf nicht so nette Art und Weise nach draußen befördert. An den Stripperinnen darf sich niemals vergangen werden. Unter keinen Umständen. – Mike Diaz, Manager
Es kommt schon mehrmals die Woche vor, dass ein Typ seinen Schwanz auspackt—meistens in den Privaträumen. Ich meine dann immer: „Den solltest du besser wieder einpacken.” Manchmal wollen die Kunden jedoch nicht hören. Dann sage ich: „Ich werde dich hier sitzenlassen, wenn du deine Hose nicht wieder zumachst.” Das funktioniert meistens. Ich glaube, es gab in den ganzen sechs Jahren meiner Berufskarriere nur einen Kerl, bei dem ich das Zimmer verlassen habe. Die meisten Typen sind vernünftig und befolgen meine Anweisungen. – Jennifer
SEI NETT UND NICHT UNHEIMLICH
Ich bin im Januar 18 geworden. An meinem ersten Abend hatte ich einen 70-jährigen Kunden. Er meinte so: „Ich will bloß keinen Herzinfarkt bekommen.” Ich dann: „Alles klar, ich gebe mein Bestes.” Allerdings war da auch noch ein anderen alter Mann, der war 63 oder so. Er sagte: „Ich würde dich auf jeden Fall ausführen. Sind deine Nippel gepierct? Ich habe gerade richtig Bock drauf, deine Nippel zu lecken und dich richtig wegzuficken.” Etwas anderes als einfach nur „Was?!” konnte ich darauf erstmal nicht antworten. Irgendwie landen die ganzen komischen Typen immer bei mir. Viele erzählen mir auch, dass ich wie ihre kleine Schwester aussehe oder so.
Einmal bin ich auch mit einem Typen in eines der Privatzimmer gegangen. Dort meinte er dann, dass ich so wunderschön sei. Ich fange also an zu tanzen und er fährt fort: „Mein Gott, du erinnerst mich an meine Tochter. Ich werde dir die ganze Nacht lang Trinkgeld geben.” Ich war richtig schockiert und wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Ich hielt erstmal inne und meinte: „Bitte was?” Seine Reaktion? Er antwortete: „Oh, das wollte ich jetzt gar nicht sagen. Das ist mir einfach so rausgerutscht.” Ich daraufhin: „Oh … OK. Ich mach dann mal weiter.” Allerdings lag danach diese komische Spannung in der Luft. Er wusste, dass er es versaut hatte. Deshalb hielt er für den Rest des Abends lieber die Klappe.
Heute hat mir der Typ aber Cupcakes vorbeigebracht! Er sagte: „Während der Arbeit musste ich darüber nachdenken, wie wundervoll du bist. Deshalb habe ich dir dann ein paar Cupcakes gebacken.” – Asia
BENUTZ DEO – NICHT NUR ABER AUCH IM STRIPCLUB!
Ich hatte mal einen Kunden, der total übel stank. Das war so ein Studenten-Typ. Er hat definitiv kein Deo benutzt, schwitzte richtig schlimm und roch nach Zwiebeln. Ich musste mich eine ganze Stunde mit dem Kerl abgeben und hatte dementsprechend auch so lange mit diesem Gestank zu kämpfen. Ich habe mir immer wieder an die Nase gefasst und versucht, dem Typen auf diese Art und Weise kleine Hinweise zu geben—so nach dem Motto „Du brauchst unbedingt ein Deo”. Das war echt schlimm. – Asia
FETISCHE KOSTEN AUCH IM STRIPCLUB EXTRA
Einmal kam ein Kunde zu mir, der gerne an Ärschen roch. Wir gingen in einen der Privaträume und er meinte: „Ich habe einen ziemlich verrückten Fetisch. Ich werde dich aber auch gut bezahlen.” Ich fragte daraufhin: „Was für einen Fetisch denn genau?” Er: „Ich rieche gerne an Ärschen.” Am Anfang war ich noch ziemlich angewidert, aber was im Champagnerzimmer passiert, bleibt auch im Champagnerzimmer. Er wollte, dass ich mich einfach nur nach vorne beuge, damit er einen tiefen Zug nehmen konnte. Das was für ihn völlig ausreichend. – Ruby
Es gab mal einen Typen, der es liebte, sich wie eine Frau anzuziehen. Er hat sich hier von einer Kollegin die Klamotten und einen G-String ausgeliehen. Sie hatte damit kein Problem. Vor Kurzem wurde ja die Homo-Ehe in den ganzen USA legalisiert—an diesem Tag kam er in den Club und trug dabei nur einen String und ein Kleid. Er schmiss sich an eine Stange und fing an zu tanzen. Wir ließen ihn aber sein Ding machen. Er hatte eine Menge Kohle dabei—mehrere Tausend Dollar. – Paloma
SPRITZ NICHT IN DEINE HOSE AB
Ich hasse es, wenn Typen in ihre Hose ejakulieren. Das ist total eklig. Man tanzt für sie, reibt sich dabei an ihrem Schoß und dann kommen sie. Das Ganze dringt anschließend auch schon mal durch die Hose und man spürt es an seinen Beinen. Ich frage dann immer entgeistert, was das denn jetzt sei. Die Kunden schämen sich jedes Mal und meinen nur: „Oh, ich bin gerade gekommen.” Dann lasse ich sie sitzen. Das ist nicht witzig! Warne mich das nächste Mal bitte vor, damit ich mich nicht in deine Suppe reinsetze.
Inzwischen rede ich mit meinen Kunden schon vor dem Tanz: „Hör mir mal zu. Wenn ich tanze, dann geht das gar nicht. Wenn du schon zum Orgasmus kommst, dann sag mir vorher Beschied und ich unterbreche die Show.” – Ruby
ZEIG DEN STRIPCLUB-TÄNZERINNEN GEGENÜBER RESPEKT
Manche Typen haben irgendwie eine komplett falsche Vorstellung von Stripclubs und wollen die Tänzerinnen wie Dreck behandeln. Letztens hatten wir so einen Kunden, einen schick angezogenen Jungspund. Er ist aus dem Taxi gestiegen und ich begrüßte ihn. Du kennst doch bestimmt diese Typen, die sofort einen auf Kumpel machen, oder? Er meinte so: „Hey, was geht hier so ab?” Ich daraufhin: „Junge, was redest du da?” Er: „Gibt’s da drin ein paar richtig heiße Schlampen?” Ich: „OK, erstens: Wenn du hier mit einer solchen Einstellung ankommst, dann werde ich dich auf jeden Fall wieder rausschmeißen. Zweitens: Wenn du da drinnen so mit den Mädels umspringst, dann werde ich dich auf jeden Fall wieder rausschmeißen. Und dein Geld wirst du dann auch nicht wiederbekommen.” Da war der Typ erstmal baff. Manchmal muss man seine Mädels aber schon verteidigen, bevor die Kunden überhaupt den Laden betreten.
Ein paar Kerle schauen die Tänzerinnen an, als seien sie in ihren Augen absolut nichts wert. Dabei sind da Mütter dabei. Und Studentinnen. Meine Ex-Freundin ist inzwischen eine erstklassige Chirurgin, aber auch sie hat damals als Stripperin angefangen. Kannst du gerne nachlesen, es gibt viele Artikel über sie. – Mike
MACH DEN STRIPPERINNEN KEINEN HEIRATSANTRAG
Natürlich landen bei mir auch manchmal Typen, die mich heiraten wollen. Sie sagen dann immer, dass ich diesen schlimmen Job nicht machen und sie lieber heiraten sollte. Dabei handelt es sich fast immer um irgendwelche Inder. Sie meinen, dass es nicht gut ist, wenn ich hier arbeite. Ich sollte lieber heiraten.
Ich sage ihnen dann immer, dass ich nicht verheiratet sein will. Ihre Antwort? Es sei schrecklich, dass ich Single bleiben will. Ich sollte lieber Hausfrau werden und Kinder bekommen. Aber nein, ich mag meine Unabhängigkeit. – Jennifer
BLEIB IM STRIPCLUB RUHIG UND PROFESSIONELL
Wenn man einem Kunden seine Nummer überlässt, dann kann es schon mal vorkommen, dass er einen so anruft, als wäre man zusammen. Sie können ihre Füße einfach nicht stillhalten. Ich blockiere sie zwar immer, aber sie rufen mich dann einfach von anderen Telefonen aus an.
Es gab mal einen Typen, den ich ganz gut fand. Ihm gefiel, wie nett ich war, aber er ging mir dann auf die Nerven, weil er redete wie ein Wasserfall. Allerdings ließ er richtig viel Geld da. Als ich das erste Mal für ihn tanzte, verdiente ich 1200 Dollar. Bei unserem zweiten Treffen gab ich ihm schließlich meine Nummer. Aber als er mich dann nicht mehr telefonisch erreichen konnte, kam er einfach hier in den Stripclub, um mich zu sehen. Er hat es sogar mit der alten „Ich werde nicht mehr hierher kommen, wir sollten uns stattdessen irgendwo anders treffen”-Masche probiert. Er wollte letztendlich auch noch Fotos von uns beiden für sein Handy machen—so, als wären wir wirklich zusammen. – Paloma
„Wenn ich ich mich wirklich mit jedem Typen treffen würde, der danach fragt, dann hätte ich keine Freizeit mehr.”
Ich werde jede Nacht fünf bis zehn Mal gefragt, ob ich Bock auf ein Date hätte. Ich sage den Typen dann immer, dass sie dafür wiederkommen müssen. Sie sollen mich ruhig erst ein paar mal hier besuchen, wie soll ich denn sonst die Guten von den Bösen trennen? Ich kann doch nicht innerhalb einer halben Stunde sagen, wie ein Mensch tickt. Wenn wirklich die Chance besteht, dass ich einen bestimmten Kunden wiedersehen will, dann sage ich ihm, dass er noch mal vorbeikommen soll und wir dann weiterschauen. Ich versuche, bei diesem Thema ehrlich zu sein. Typen, mit denen ich mich außerhalb des Stripclubs niemals treffen würde, sage ich immer: „Tut mir Leid, aber außerhalb der Arbeit will ich mit meinen Kunden nichts zu tun haben.” Und wenn ich mich wirklich mit jedem Typen treffen würde, der danach fragt, dann hätte ich keine Freizeit mehr.
Es gibt allerdings auch ein paar Leute, zu denen ich eine richtige Freundschaft aufgebaut habe und die ich manchmal auch außerhalb des Clubs sehe. Ich hatte mal einen Kunden, der mich jedes Jahr an meinem Geburtstag und an Weihnachten ausgeführt hat—erst in ein Broadway-Musical, danach in ein feines Restaurant. Das war echt cool. – Jennifer
ES IST ABER AUCH OK, EINE PERSÖNLICHE VERBINDUNG AUFZUBAUEN
Wenn man stundenlang in den Privatzimmern unterwegs ist, dann wird dabei natürlich auch eine Menge geredet. Eine komplette Stunde durchtanzen, ist quasi unmöglich. Ich habe auch ein paar Kunden, die nur herkommen, um mit mir zu plaudern. Bei manchen muss ich mich nicht mal ausziehen. Einer meiner besten Kunden ist ein Franzose. Er bucht mich immer so für zwei Stunden und eigentlich quatschen wir dann die meiste Zeit nur. Typen gestehen uns gerne Dinge, die sie anderen Leuten niemals erzählen würden—zum Bespiel irgendwelche sexuellen Geheimnisse. Sie stehen eben auf die Zuneigung und die Aufmerksamkeit.
Es ist auch schon ein- oder zweimal vorgekommen, dass ein Typ richtig emotional wurde und zu weinen anfing. Einer meiner Kunden wollte mich damals sehen und hat sich dann bei mir ein bisschen den Frust von der Seele geredet. Er erzählte mir von seinem Leben und seiner Kindheit—dabei kamen ihm ein paar Tränen und er meinte: „Das hat jetzt echt gut getan und mich richtig entspannt. Vielen Dank.”
Irgendwie gehört es fast schon zu diesem Beruf dazu, Therapeutin zu spielen. Es ist schon irgendwie witzig, aber als Tänzerin macht man nicht das meiste Geld, wenn man am besten aussieht. Man macht das meiste Geld, wenn man in der Lage ist, eine Verbindung zu den Kunden aufzubauen. Ich habe schon gesehen, wie die hübschesten Mädels nichts verdient haben, während andere Frauen, die jetzt vielleicht nicht so gut aussahen, richtig viel Kohle einsackten, weil sie wussten, wie man mit Männern reden muss. Sie hatten es einfach drauf, eine Verbindung zu anderen Menschen aufzubauen. Und genau dafür kommen die Kerle doch auch in den Stripclub. Sie wollen einfach nur eine Verbindung. – Jennifer